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Polizeiliche Drohgebärden vor Castor-TransportEinfach mal locker bleiben

Kommentar von Marco Carini

Längst ist es überwiegende Rechtssprechung, dass die von der Polizei wie Straftäter behandelten Demonstranten eben keine Straftäter sind.

A lle Jahre wieder lässt die Polizei vor den Gorlebener Castorfestspielen, der größten Open-Air-Veranstaltung des Wendlandes, die Muskeln spielen. Diesmal kündigt sie eine "schroffere" Gangart gegenüber den Protestierern an und kriminalisiert im vornhinein einen friedlichen, auf gewaltfreie Blockaden setzenden Anti-Atom-Widerstand.

Dabei ist es längst überwiegende Rechtssprechung, dass die von der Polizei als Straftäter klassifizierten und so behandelten Demonstranten, eben keine Straftäter sind. Doch im polizeilichen Konzept zählt allein die Abschreckung durch Drohgebärden.

Dafür wird dann auch in Kauf genommen, dass Hundertschaften von Einsatzkräten mit Ingewahrsamnahmen und deren Protokollierung und Dutzende von Richtern mit Bagatellverfahren sinnfrei beschäftigt werden.

Im Fukushima-Jahr ist man geneigt, der Polizei zuzurufen: Locker bleiben! Die Schlacht um das Atom ist in Deutschland geschlagen, eine atomfreie Energieversorgung in Sicht. Da machen Kriegsspiele auf beiden Seiten wenig Sinn.

Auch die Anti-Atombewegung sollte, trotz Restlaufzeit und ungelöster Endlagerfrage, das Gorlebener Ritual nutzen, ihren Teilerfolg zu feiern und nicht auf Castor komm raus den Konflikt zu suchen. Blockieren und "schottern" - das Entfernen von Steinen aus dem Gleisbett - gehört freilich zum Ritual. Hier sollte die Polizei mit Augenmaß und nicht mit Muskelspiel reagieren.

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Hamburg-Redakteur
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2 Kommentare

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  • EW
    Ein Wende

    Also, für uns im Wendland hat sich seit Fukushima genau so viel verändert: >< rein gar nichts! Der Atommüll soll nach wie vor hier verklappt werden. Wir brauchen auch keinen noch so populären Atomausstieg feiern, den haben wir vor Jahren selber gemacht. Wer sich hier umschaut, dem werden die vielen regenerativen Energiequellen auffallen.

    Die Schlacht ums Atom wird weiterhin auf den Straßen des Wendlands geschlagen, und gewiss nicht von Parteien mit imaginärer Entscheidungsgewalt, man muss schon SELBST aktiv an diesen Prozessen teilnehmen, dass ist gelebte Demokratie.

    Ich lese von Kriegs- und Fest-spielen, von Open Air und Ritual...wenn ich mir die Nacht im Gleisbett um die Ohren schlage, tue ich dies aus Verantwotung gegenüber meinen Nachkommen und weiss auch, dass die Kartoffelscheune in Gorleben nur deshalb noch nicht bis unters Dach mit Castoren vollgestellt ist, weil die Generation meiner Eltern Courage übernommen hat, seit über 30 Jahren, dieser Konflikt ist also noch lange nicht befriedet.

    Wenn sie also meinen: einfach mal locker flockig bleiben, dann klingt das wie Hohn oder rein desinformiert, angesichts der hohen Fehl- und Totgeburtenrate und dem markant verschobenem Geschlechterverhältnisses im 35km-Umkreis um Gorleben. Dies ist leider keine irrationale Angst, sondern wurde durch eine Studie des Niedersächsischen Landesgesundheitsamt (NLGA) belegt. Meine Konsequenz und Plicht die aus diesem Wissen hervorgeht kann nur lauten: Stop Castor!

    Ich danke den zahlreichen Unterstützer/n/innen die sich im letzen Jahr auf den Weg zu uns gemacht haben und denen die vorhaben auch dieses mal nicht locker zu lassen!

  • EW
    Ein Wende

    Also, für uns im Wendland hat sich seit Fukushima genau so viel verändert: >< rein gar nichts! Der Atommüll soll nach wie vor hier verklappt werden. Wir brauchen auch keinen noch so populären Atomausstieg feiern, den haben wir vor Jahren selber gemacht. Wer sich hier umschaut, dem werden die vielen regenerativen Energiequellen auffallen.

    Die Schlacht ums Atom wird weiterhin auf den Straßen des Wendlands geschlagen, und gewiss nicht von Parteien mit imaginärer Entscheidungsgewalt, man muss schon SELBST aktiv an diesen Prozessen teilnehmen, dass ist gelebte Demokratie.

    Ich lese von Kriegs- und Fest-spielen, von Open Air und Ritual...wenn ich mir die Nacht im Gleisbett um die Ohren schlage, tue ich dies aus Verantwotung gegenüber meinen Nachkommen und weiss auch, dass die Kartoffelscheune in Gorleben nur deshalb noch nicht bis unters Dach mit Castoren vollgestellt ist, weil die Generation meiner Eltern Courage übernommen hat, seit über 30 Jahren, dieser Konflikt ist also noch lange nicht befriedet.

    Wenn sie also meinen: einfach mal locker flockig bleiben, dann klingt das wie Hohn oder rein desinformiert, angesichts der hohen Fehl- und Totgeburtenrate und dem markant verschobenem Geschlechterverhältnisses im 35km-Umkreis um Gorleben. Dies ist leider keine irrationale Angst, sondern wurde durch eine Studie des Niedersächsischen Landesgesundheitsamt (NLGA) belegt. Meine Konsequenz und Plicht die aus diesem Wissen hervorgeht kann nur lauten: Stop Castor!

    Ich danke den zahlreichen Unterstützer/n/innen die sich im letzen Jahr auf den Weg zu uns gemacht haben und denen die vorhaben auch dieses mal nicht locker zu lassen!