Kosten für Atommüll-Endlager: Vier Standorte zum Preis von einem
In Gorleben wurden bereits 1,6 Milliarden Euro verbaut, zum Teil ohne Genehmigung. Die Suche nach neuen Endlagerstätten würde hingegen nur 400 Millionen pro Standort kosten.
BERLIN taz | Die Erkundung neuer möglicher Standorte für ein Atommüll-Endlager wäre mit jeweils rund 400 Millionen Euro vermutlich deutlich billiger als die bisherigen Arbeiten im Salzstock Gorleben, für die bis heute 1,6 Milliarden Euro ausgegeben worden sind. Das geht aus der Antwort der Bundesregierung auf eine Anfrage der Grünen hervor.
In einer Hochrechnung früherer Angaben des Bundesamtes für Strahlenschutz (BfS) schätzt das Bundesumweltministerium die Kosten für oberirdische Untersuchungen auf 50 Millionen Euro, für die untertägige Erkundung auf 250 Millionen sowie für Projektmanagement und Öffentlichkeitsbeteiligung auf 100 Millionen Euro pro untersuchtem Standort.
Die Grünen werten die Antwort als Beleg, dass die Kosten für eine Endlagersuche mit unterirdischen Erkundungen mehrerer Standorte vergleichsweise gering sind. "Mit dem Geld, das bisher in Gorleben versenkt wurde, könnte man vier Standorte parallel erkunden", sagte die atompolitische Sprecherin Sylvia Kotting-Uhl. Die Berechnungen seien "ein Grund mehr, die Endlagersuche möglichst schnell anzugehen und nicht noch mehr Geld sinnlos in Gorleben zu versenken".
Bund und Länder hatten sich kürzlich darauf geeinigt, gemeinsam einen Prozess zu starten, bei dem mehrere mögliche Endlagerstandorte ausgewählt und verglichen werden. Während die Grünen davor aber einen Baustopp in Gorleben fordern, will Umweltminister Norbert Röttgen die Arbeiten dort weiterlaufen lassen.
Zudem werfen die neuen Zahlen die Frage auf, warum die bisherige Erkundung in Gorleben überhaupt so teuer war. Dass die Arbeiten dort bereits seit über 30 Jahren laufen, während die Berechnungen des BfS die Dauer des Auswahlverfahrens mit 18 Jahren ansetzen, erklärt nur einen kleinen Teil der Mehrkosten.
Ohne atomrechtliche Genehmigungsverfahren
Jochen Stay, Sprecher der Anti-Atom-Initiative Ausgestrahlt und Mitorganisator der Großdemonstration gegen den Castor-Transport am vergangenen Wochenende, sieht die Angaben des Umweltministeriums daher als Beweis, "dass in Gorleben nicht nur erkundet, sondern für Unsummen bereits ein Endlager ausgebaut wird - ohne das dafür nötige atomrechtliche Genehmigungsverfahren". Auf diese Weise versuche die Bundesregierung Fakten zu schaffen und verhindere damit einen objektiven Standortvergleich.
Dass in Gorleben mehr gebaut wird als zu Erkundungszwecken notwendig, hat in der Vergangenheit auch das BfS als offizieller Betreiber der Anlage bestätigt. Aufgrund einer politischen Festlegung seien die Infrastrukturbereiche größer ausgebaut worden, als es für ein reines Erkundungsbergwerk nötig wäre, hieß es in einer Stellungnahme. Dies betreffe etwa die beiden Schächte, die Größe der Salzhalde sowie die Größe der Außenanlage und der Gebäude. Diese seien von vornherein so ausgelegt worden, dass sie im Falle einer Eignung des Salzstockes auch für ein späteres Endlager genutzt werden können.
Die Kosten für die Erkundung und spätere Endlagerung tragen im Wesentlichen die Stromkonzerne, die dafür Rückstellungen bilden müssen. Wie hoch die Gesamtkosten für den Bau eines Endlagers sein werden, lässt sich laut Umweltministerium derzeit nicht seriös schätzen.
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