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Prozess gegen AutobrandstifterLinker Zündler muss hinter Gitter

Der zur linken Szene gehörende Autobrandstifter Tobias P. erhält eine Haftstrafe von zweieinhalb Jahren. Dass er die Taten unter massivem Alkoholeinfluss beging, wertet das Gericht als strafmindernd

Schon mehr als 700 Autos haben in Berlin in diesem Jahr gebrannt Bild: dpa

Das Urteil ist deutlich: Zweieinhalb Jahre Haft, verkündet Richter Manfred Seiffe am Mittwochmittag. Dafür, dass Tobias P. Ende September drei Autos angezündet hatte. "Terror gegen Individualverkehr" sei ein "schweres Verbrechen", belehrt Seiffe den Verurteilten. Es ist die zweithöchste Strafe für einen Berliner Autobrandstifter. Nur ein 33-jähriger unpolitischer Zündler erhielt 2009 mehr als 3 Jahre Haft.

Statt dass langwierig Beweise geprüft werden, geht diesmal alles ganz schnell. Bereits im Vorfeld hatten sich P.s Verteidiger Martin Henselmann und das Landgericht auf einen Deal geeinigt: Eine Strafobergrenze von 2 Jahren und 10 Monaten wird festgesetzt, dafür gesteht Tobias P. gleich zu Prozessbeginn, am 24. September in Mitte einen BMW und zwei Audi angezündet zu haben. Laut Staatsanwaltschaft betrug der Schaden 36.000 Euro. Viel zu bestreiten gab es nicht: Polizisten hatten den 25-jährigen Friedrichshainer bei der letzten Brandlegung beobachtet und festgenommen - er hatte 2,3 Promille. 2 Jahre und 10 Monate forderte die Staatsanwaltschaft. Verteidiger Henselmann wollte eine Bewährungsstrafe.

Bereits 2009 saß P. wegen Verdachts der Autobrandstiftung 43 Tage in U-Haft. Beweisen ließen sich die Taten nicht. Richter Seiffe verwies im Urteil aber auf eine andere Sachbeschädigung und zwei Betrugstaten in P.s Vorstrafenregister. Den Rausch wertete er als schuldmindernd. Protest "gegen die Bevorzugung des motorisierten Individualverkehrs" sei legitim, Brandstiftung aber nicht, so Seiffe. Bis zum Haftantritt wird P. dennoch unter Auflagen aus der U-Haft entlassen, weil keine Fluchtgefahr bestehe - auch das ist Teil des Deals.

Tobias P. ist der dritte verurteilte Autobrandstifter aus der linken Szene. Im März und August erhielten ein 28-Jähriger und ein 43-Jähriger 22-monatige Haftstrafen, ausgesetzt auf 3 Jahre Bewährung. Mit dem freien Fotografen P. hatte sich die linke Szene offen solidarisiert, zuletzt auf der Silvio-Meier-Demo.

Seit Jahresbeginn wurden in Berlin rund 700 Autos angezündet. Die Polizei geht in den meisten Fällen von unpolitischen Tätern aus. So wie der Ende Oktober geschnappte André H., der 67 Brandstiftungen verübt haben soll.

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8 Kommentare

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  • RD
    Rudi Dutschke

    Dass der junge Mann, der ja auch Fahrzeuge von Migrant/inn/en angezündet hat, noch bejubelt wurde, zeigt wieder mal entlarvend deutlich, wie faschistoid große Teile der Berliner Linken-Szene in Wirklichkeit sind.

  • D
    Demokratin

    @Automobilfaschismus

     

    Ja, wenn Sie sich im Straßenverkehr fürchten, sollten Sie vielleicht aufs Auto umsteigen.

     

    Am besten einen SUV, da sitzen Sie schön hoch, haben eine hohe Masse und der Mikropollenfilter und die Klimaanlage schützen Sie vor den bösen Abgasen.

     

    Ich halte es eh für suizid in der Stadt mit dem Fahrrad zu fahren. Selbst Schuld kann ich da nur sagen.

     

    Im Straßenverkehr gilt das Recht des Stärkeren, wie es auch von vielen Radfahrern gegenüber Fußgängern praktiziert wird, nur daß die Radler gegenüber dem Auto halt das Nachsehen haben.

     

    Wer sich in Gefahr begibt, der kommt darin um

  • RI
    rache, ich bin süchtig

    Parasitäre Alkdealer gehen wie immer strafrei aus.

  • A
    Automobilfaschismus

    Jedes 2. Auto hält den Mindestabstand zum Fahrrad nicht ein und ist damit andauernder Terror gegen den Fahrradverkehr; ein Radler erlebt so bis zu tausende Mordversuche täglich - strafrechtliche Verfolgung der rücksichtslosen Mörder findet nicht statt.

    Zudem ist es schwere krebsmachende Körperverletzung mit 10 Jahre weniger Lebenserwartung in den total vergasten Gebieten (einziger Trost: sie liegen mitten in Gentrifizierungsvierteln) und überhaupt nicht akzeptabel, daß die Vergaser ihren Dreck auch weiterhin nicht im Fahrzeug belassen müssen. Kein Wunder, daß Autos brennen, wenn noch nicht mal mindester Umweltschutz stattfindet und der Auspuff nicht nach innen gelegt wird.

    Außerdem sind Richter in solchen Prozessen immer befangen: Entweder sie sind Autofahrer oder sie sind brave Radler, die sich um ihren Ruf und der der anderen braven Radler Sorgen machen.

  • S
    sigibold

    Ich will hier nicht über die Höhe der Strafe hier an sich rechten. Zweieinhalb Jahre für drei Karren anzünden ist ja schon was. Was mich immer stört ist, dass ungehemmter Alkoholgenuss sich strafmildernd auswirkt. Ich weis natürlich, dass unsere Strafgesetze diesen Konstruktionsfehler haben und der Richter das berücksichten musste. Es kotzt mich aber an, dass einer nur die Hacke recht voll haben muss um bei jedem Scheiss, den er in diesem Zustand anrichtet günstiger wegzukommen.

    Wer das Zeug nicht verträgt ( tut eigentlich niemand wirklich...) soll verdammt noch mal die Finger davon lassen. Eigentlich sollten die Richter bei Sufftaten noch einen Bonus draufsetzen. Vielleicht zwanzig Prozent Alkoholzuschlag?

     

    sigibold

  • E
    EnzoAduro

    Die Strafmilderung von Alkohol verstehe ich nicht. Ich könnte Sie nur mit der Lebenslangen Auflage unter Regress der Alkoholabstinenz verstehen. Aber einfach so als strafmildernd? Das ist mir zu lari-fari. Wenn er jetzt von ändern Leuten ohne das er es merkte Alkoholisiert worden sei, dann könnte es was anderes sein, das ist aber der unwahrscheinlichste Fall. Jeder ist doch selbst verantwortlich was für Chemikalien er in sich reinkippt.

  • D
    Demokratin

    Tja, da hatte ich wohl im September mit meinem Kommentar Recht behalten.

     

    http://www.taz.de/Mutmasslicher-Polit-Zuendler-geschnappt/Kommentare/!c78815/

     

    Tobias P, der Sohn des Linken-Abgeordneten Detlef P., hat seine Tat gestanden. Damit ist dann wohl auch dem letzten Verschwörungstheoretiker klar, daß es nicht die böse Polizei war, die dem lieben Tobi etwas anhängen wollen.

     

    Zugleich ist Tobias P. genau der Lebensversager, wie ich es erwartet hatte:

     

    Er ist 25, hat keine Ausbildung, hat das Abi geschmissen, log, daß er an der FU studiert, was ohne Abi wohl nicht geht und gibt seine Transferleistungen für Alkohol und Tabak aus. Bei der Festnahme hatte er Tabak dabei und über 2 Promille.

     

    Daß der Vater als Linke-BVV-Mitglied auf Staatskosten lebt und die Mutter ebenfalls im öffentlichen Dienst, nämlich als Sozialarbeiterin, Steuergelder abgreift, passt ja nur allzu gut.

     

    Zum Glück geht dieser Nichtsnutz in den Knast und lümmelt nicht auf Bewährung irgendwo rum.

  • SM
    Stephan Mirwalt

    Ein gerechtes Urteil

     

    Ich fahre auch nur mit dem Auto und empfinde Fahrradfahrern gegenüber nichts als Verachtung.