Stadtentwicklung in Berlin: Operation Ernst-Reuter-Platz
Senatsbaudirektorin nimmt den Ernst-Reuter-Platz ins Visier. Die riesige Verkehrsinsel soll ins Programm der IBA aufgenommen werden.
In den 1960er Jahren war der Ernst-Reuter-Platz das bauliche Vorzeigeobjekt des modernen und freien Westberlin. Der Regierende Bürgermeister Willy Brandt lobte damals seine Dimensionen und Architekturen. Man war in der Frontstadt stolz auf den riesigen Verkehrskreisel zwischen der Straße des 17. Juni und der Bismarckstraße - immerhin ist er mit 230 Metern Durchmesser größer als der Petersplatz in Rom. Heute gilt der denkmalgeschützte Ernst-Reuter-Platz als Sündenfall der Berliner Stadtentwicklung und als antiurbaner Raum für seine fußläufigen Nutzer.
Das soll sich nun ändern. Auf der ersten "Ernst-Reuter-Platz-Standortkonferenz" am Mittwoch in der Technischen Universität (TU Berlin) kündigte Senatsbaudirektorin Regula Lüscher an, den Bereich in der Nachbarschaft zur TU in das Programm der IBA 2020 "Raumstadt" aufzunehmen. Bis zu 100.000 Euro sollen für die Entwicklung unterschiedlicher Konzepte zur Umgestaltung des Platzes und seiner Hochhausränder investiert werden.
Es werde zum Ernst-Reuter-Platz "Workshops und Architekturwettbewerbe geben", sagte Lüscher. Diese sollten sich mit der Sanierung der Bauten und möglichen "Reduzierung des Verkehrs sowie dem Ausbau der Aufenthaltsräume beschäftigen". Zudem müsse "das Thema Wohnen" auf die Agenda vor Ort. Die Planer sollten sich darüber hinaus mit der Vernetzung des Wissenschaftsstandortes in der City West auseinandersetzen. Die ersten Ergebnisse will Lüscher Mitte 2012 auf der nächsten Standortkonferenz präsentieren.
Zu der Konferenz waren über 200 Besucher, darunter Architekten und Planer, TU-Präsident Jörg Steinbach, Wissenschaftler und Anrainer erschienen. Auch Ex-Daimler-Chef Edzard Reuter nahm als Gast an der Tagung teil. Der Platz ist nach seinem Vater, dem ersten Berliner Nachkriegsbürgermeister, benannt. "Wie der Platz jetzt aussieht, wird er dem Namen meines Vaters nicht gerecht", monierte Reuter. Die Monofunktionalität des Quartiers dürfe nicht das letzte Wort bleiben. Er plädierte dafür, den Denkmalschutz aufzuheben, "damit Gestaltungsmöglichkeiten für die Zukunft möglich sind".
Lüscher wies genau diese Forderung aber zurück. Es sei nicht beabsichtigt, den Denkmalschutz außer Kraft zu setzen, "Operationen wie Blockrandbebauungen, die wir von anderer Stelle her kennen, sind schon gar kein Mittel", sagte sie der taz. Die Nachkriegsmoderne müsse vielmehr geschützt werden, bauliche Verbesserungen seien innerhalb dieses Rahmens denkbar.
Harald Bodenschatz, Stadtplaner an der TU, präsentierte auf der Konferenz hierfür bereits erste Überlegungen. So dürften "keine Einzelmaßnahmen stattfinden, es muss ein Gesamtkonzept aus der Struktur des Platzes heraus entwickelt werden", sagte er. Insbesondere die Optionen für die Verkehrsinsel, die Fußgängerzonen und die Gebäudevernetzungen sollten verbessert werden. Bodenschatz sprach sich dafür aus, den Platz zum Zentrum eines "Campus Charlottenburg" - im Gegensatz zum östlichen gelegenen Wissenschaftsstandort der Humboldt-Universität und des geplanten Humboldt-Forums - zu entwickeln. Nur so habe der "jetzige Verkehrsknotenpunkt als Platz eine Zukunft".
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