Boxengeschludert

Der Aktionskünstler Jens Kabisch kommt als Evil Knievel nicht an den Wahnsinn des alten Motorrad-Daredevils ran

Wenn einem endlich mal ein Denkmal gesetzt werden sollte, dann ist das Evil Knievel. Der Großvater aller Jackasses, der Pate Niki Laudas, der letzte Gladiator, der Name, der sämtlichen vor 1975 geborenen Jungs noch immer ein Leuchten ins Gesicht zaubert. Der Motorrad-Stuntman, der Volltrottel.

Der Sprung über Springbrunnen in Las Vegas, 1968: Evil knallt zu früh auf, zerschmettert sich den rechten Oberschenkelknochen und liegt 29 Tage lang im Koma. Ein Tank mit Haien in Chicago, 1996: Gehirnerschütterung und zwei Armbrüche. Einem Kameramann schlägt ein herumfliegendes Stück ein Auge aus. Evil, der sich schon eine ganze Weile lang „Evel“ nennt, weil die religiös-bigotte Mehrheit in den USA durch das Böse im Namen pikiert war, lebt erstaunlicherweise immer noch. Er verkauft Rollstühle, behauptet man. Jahrelang hat er TV-Werbespots für Arthritis-Schmerzmittel gemacht – seine Leber ist durch Schmerzmittelkonsum von Hepatitis C zerstört.

Zum Launch des Fanzines „Being Evil Knievel“ in der Galerie Jan Winkelmann erscheint er nicht persönlich. Stattdessen gibt der Münchner Aktionskünstler Jens Kabisch den bekloppten lebensmüden Lebemann. Der falsche Knievel steht in einer Fake-Werkstatt mit an die Wand geklebten Papiermotoren herum, in der Ecke flimmert ein schwer deutbares Homevideo, das das Knievel-Double beim Bäumesägen zeigt. In seinem Fanzine findet man Fake-Interviews, die in Sachen Wahnsinn nicht an die echten heranreichen. Dazu kein noch so kleines Motorrädchen, kein Blut, keine Boxenluder, nirgends.

Später, im schicken Mitteclub „Rio“, gibt der komische Knievel noch eine Art Performance: Er steht sonnenbebrillt in Rot-Weiß-Blau auf der Bühne und zuckt im Rhythmus. Deconstructing Evil Knievel? Die Realität hat die Kunst hier mit mindestens 200 Sachen überholt.

JENNI ZYLKA

„What do you want for nothing?“, Galerie Jan Winkelmann, Brunnenstraße 185, bis 7. 1.