Radiofeature über Claude Chabrol: Das Regiephantom

Regisseur Claude Chabrol galt bei seinen Schauspielern als schweigsamer Zuschauer. Ein Radiofeature porträtiert den 2010 verstorbenen Meister der Präzision.

Stiller Beobachter: Chabrol 2009, mit seinem Lebenswerkpreis der Berlinale. Bild: dapd

"Er wollte keine Fragen", sagt die Drehbuchautorin Odile Barski über Claude Chabrol. Der Regisseur sprach ungern mit seinen Schauspielern am Set. Er kommunizierte nur das Nötigste. Die von ihrer Spielwut getriebene Romy Schneider ging ihm beim Dreh zu "Die Unschuldigen mit den schmutzigen Händen" (1975) so sehr auf die Nerven, dass er nie wieder mit ihr arbeitete.

Das knapp einstündige SWR2-Radiofeature "Die Phantome des Claude Chabrol" (So., 14.05 Uhr) erzählt seine Geschichte. Die Autorin Rebecca Partouche kombiniert dabei gekonnt ironische und ernste Zwischentönen aus der Biographie des 2010 verstorbenen Parisers.

Der Apothekersohn wachst in der französischen Provinz auf. Seine Eltern sind überzeugt der Junge sei "debil", weil ihr Kind oft lange – vermeintlich grundlos – aus dem Fenster starrt. Eine während der Schwangerschaft erlittene Gasvergiftung sei schuld daran, denkt sich die Mutter.

Doch der spätere Erfolgsregisseur schult nur früh seine Beobachtungsgabe. Die wird Chabrol im französischen Kino der frühen Sechziger perfektionieren – überwiegend in Kriminalfilmen. Beeinflusst wurde er dabei maßgeblich von den Werken seines amerikanischen Vorbilds Alfred Hitchcock.

Sein sozialkritischer Blick gilt den Abgründen der französischen Bourgeoisie. Auch, weil er schon als Jugendlicher die Erzählungen Gustave Flauberts entdeckt – "ein Leben lang wird er die Bovary als Krimi inszenieren". Die im Roman zerstörte Idealvorstellung einer vollendeten romantischen Liebe, trifft Chabrol tief. Sie wird zur cineastischen Triebfeder. In Klassikern wie "Schritte ohne Spur" (1959) oder "Die untreue Frau" (1968) artikuliert sich diese Frustration, die bei Chabrol oft blutig endet. "Madame Bovary" wird er schließlich 1991 werkgetreu verfilmen.

Die Hauptrolle übernahm damals Isabelle Huppert, die bis zu Chabrols Tod eine seiner beliebtesten Besetzungen war. Im Feature charakterisiert sie den leidenschaftlichen Pfeifenraucher als "Meister des Helldunklen". Einer, der seinen Schauspielern stets präzise vorbereitete Drehbücher vorlegte. Wenn Chabrol durch seine "Maulwurfsbrille" am Set lukte, wollte er stets ein Orchester vorfinden, "das so gut zusammengestellt ist, das es von allein spielt – ohne Dirigenten". Und ohne Fragen.

"Die Phantome des Claude Chabrol"; Sonntag, 11.12., 14.05 Uhr, SWR2

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