piwik no script img

Fotovoltaik-KriseTraum vom Solarwunder geplatzt

Eine der größten deutschen Solarfirmen geht insolvent. Die einst bejubelte Branche krankt an Überproduktion, der Kreditklemme und chinesischer Konkurrenz.

Branchenberater Thomas Schmidt: "Ich gehe davon aus, dass von den Solarherstellern in Europa nur ein Drittel überleben wird." Bild: dpa

BERLIN taz | Die deutsche Solarwirtschaft hat ihren ersten großen Insolvenzfall: Eines ihres wichtigsten Unternehmen, die Berliner Solon AG, ist seit Mittwoch zahlungsunfähig. Solon hatte monatelang mit Banken um eine neue Finanzierung gerungen. Die vor 15 Jahren gegründete Firma hat weltweit 800 Mitarbeiter, davon 530 in Deutschland, die nun um ihren Arbeitsplatz fürchten müssen.

Überraschend ist der Fall nicht, die Firma war seit Längerem in Schwierigkeiten. Bereits 2009 retteten der Bund und das Land Mecklenburg-Vorpommern das Unternehmen mit einer Bürgschaft über 146 Millionen Euro.

In den ersten neun Monaten 2011 gab es einen Verlust von 200 Millionen Euro, die Schulden türmten sich auf 400 Millionen Euro auf. Solon ist das erste Opfer einer Branche, die einerseits expandiert. Andererseits haben vor allem kleine Hersteller zu kämpfen.

Die Produktionskapazität für Solarmodule wuchs in Deutschland von 3,9 Gigawatt im Jahr 2010 auf rund 4,5 Gigawatt bis Ende 2011. Solarworld hat im sächsischen Freiberg 150 neue Arbeitsplätze geschaffen und 350 Millionen Euro investiert. Bosch Solar Energy steckte im thüringischen Arnstadt 530 Millionen Euro in ein Kompetenzzentrum für Fotovoltaik, in dem 1.000 neue Arbeitsplätze bis 2012 entstehen sollen. Auch First Solar stellte in Frankfurt an der Oder 650 neue Mitarbeiter ein.

Drastischer Preisverfall

Trotzdem warnt Berater Thomas Schmidt, der drei Jahre im Vorstand des Branchenriesen Q-Cells saß: "Ich gehe davon aus, dass von den Solarherstellern in Europa nur ein Drittel überleben wird." Einige Banken würden keine Bauvorhaben mehr finanzieren, für die bestimmte namhafte deutsche Hersteller Solarmodule liefern.

"Die Banken befürchten, dass es die Hersteller in einigen Jahren nicht mehr gibt und folglich auch Garantiefälle nicht gesichert sind", sagt Schmidt. Der Grund ist vor allem die Konkurrenz aus China, die zu einem drastischen Preisverfall bei Solarmodulen geführt hat. In den ersten neun Monaten 2011 haben Hersteller die Preise um bis zu 30 Prozent gesenkt.

Der Analyst Henning Wicht geht davon aus, dass 2011 weltweit 23 bis 25 Gigawatt an Solarmodulen installiert werden - die Kapazität der Fabriken schätzt er doppelt so hoch. "Gerade die mittelständischen Hersteller haben es schwer, weil ihre Produktion zu klein ist", sagt Wicht.

Dadurch sei es schwer, die Kosten zu senken. "Die Chinesen sind mutiger und ziehen die Fabriken schneller hoch. Sie leiden aber unter demselben Preisdruck. Auch dort werden Firmen schließen müssen, es trifft alle", prophezeit Wicht. Das Jahr 2012 werde ein hartes Jahr, danach könnte die Nachfrage nach Solarmodulen wieder anziehen, hofft der Analyst.

Der Konkurrenzdruck hat auch sein Gutes: Die Solarenergie wird wesentlich schneller billiger als bisher angenommen. Der Bundesverband Solarwirtschaft rechnete in einer Studie von 2010 damit, dass 1 Watt installierte Solarleistung im Jahr 2020 1,4 Euro kosten werde. Mittlerweile gehen Hersteller von 1,5 Euro bereits im Jahr 2013 aus - heute ist es 1 Euro mehr.

taz lesen kann jede:r

Als Genossenschaft gehören wir unseren Leser:innen. Und unser Journalismus ist nicht nur 100 % konzernfrei, sondern auch kostenfrei zugänglich. Texte, die es nicht allen recht machen und Stimmen, die man woanders nicht hört – immer aus Überzeugung und hier auf taz.de ohne Paywall. Unsere Leser:innen müssen nichts bezahlen, wissen aber, dass guter, kritischer Journalismus nicht aus dem Nichts entsteht. Dafür sind wir sehr dankbar. Damit wir auch morgen noch unseren Journalismus machen können, brauchen wir mehr Unterstützung. Unser nächstes Ziel: 40.000 – und mit Ihrer Beteiligung können wir es schaffen. Setzen Sie ein Zeichen für die taz und für die Zukunft unseres Journalismus. Mit nur 5,- Euro sind Sie dabei! Jetzt unterstützen

Mehr zum Thema

5 Kommentare

 / 
  • W
    Waage

    @Oli

     

    Sanierung öffentlicher Gebäude ist eine Sache, Stromerzeugung die andere.

    Extra für dich ein Trospflaster: etliche Schuldächer und andere öffentliche Gebäude tragen inzwischen PV-Anlagen, entweder als Bürger- oder als kommunale Anlagen, wobei die zweiteren dann mit ihren Erträgen auch wieder die Gebäudesanierung unterstützten.

     

    Das mit dem Sondermüll ist als allgemeine Aussage so nicht richtig. Zumindest die kristallinen Module sind nach einer Lebensdauer von um die 20 Jahre (oder länger) entweder problemlos zu deponieren oder eben auch recycelbar.

     

    Mach dich schlau, dann brauchst du dich in Zukunft nicht mit unreflektierter Pauschalkritik zu blamieren!

     

    Anlass zur sachlicher Kritik gibt es dabei sicherlich genug. Genau genommen steckt "uns" heute das "tolle" Jahr 2010 in den Knochen. Den Schuh, das zu früh zu viel und (noch) zu teuer zugebaut wurde wird man sich wohl anziehen und auch die Konsequenzen auslöffeln müssen. Das trifft die VerbraucherInnen und die Branche.

     

    Das die Bundesregierung den PV- Zubau in einen "Ausbaukorridor" irgendwo um die 3,5 Gigawatt jährlich bekommen möchte ist daher zumindest nachvollziehbar. Und die Branche muss und wird damit auch irgendwie klarkommen.

     

    Beim fahrlässigen rumhantieren mit einen festen 1 Gigawatt Deckel unterstelle ich dem Wirtschaftsminister (!) aber pure Destruktion. Für Solon (und auch andere Firmen mit dünner Kapitaldecke) sicherlich der finale Sargnagel!

     

    Ohne die offensichtlichen und transparent vorliegenden Kosten für die Solarförderung klein reden zu wollen (wobei ich die schwer zu beziffernden Folgekosten von Kohle und Atom dem Oli zum Gefallen mal nicht gegenrechne): den teuersten Teil des „Förderweges" haben wir hinter uns.

     

    Ärgerlicher für die fundamentalen PV - Gegner ist daher nicht die Förderung sondern der durch die PV erzeugte Strom als Solcher, der die mögliche Auslastung geplanter neuer Kohlekraftwerke verringert.

     

    Die „Energiewendegegner" haben folgendes vor:

     

    Als erstes wird die PV, teilweise unter Beifall der Windbranche, abgewrackt.

     

    Hat man dabei leichtes Spiel, geht es der Onshore - Windkraft an den Kragen und zwar indem man den Einspeisevorrang der EE nach und nach aushebelt.

    Vorwand dafür wird, ähnlich wie bei der PV die „Sorge“ um die Netzstabilität sein.

    Zu diesem Zweck hat Rösler bereits seinen Mann in der Bundesnetzagentur installiert der dort Herrn Kurth ersetzen wird.

    Die Investitionen in Onshore- Windkraft werden dadurch so unsicher, dass die Banken für neue WKA kaum noch Kredite geben werden.

     

    Im Offshore - Bereich werden angefangene Projekte als Feigenblatt zu Ende geführt aber nichts neues mehr angefangen mit Hinweis auf die unerwartet hohen Kosten und technische Schwierigkeiten.

     

    Damit hat man dann bewiesen, dass EE beim besten Willen nicht funktioniert und in Deutschland beginnt eine neue Ära der Verstromung von Braunkohle und importierter Steinkohle. Was dann noch fehlt liefern die Kernkraftwerke in Frankreich usw.

     

    Na ja, dem Oli wirds freuen!

  • O
    Oli

    Ist doch super, wie toll die Energiewende funktioniert. Millionen neue Arbeitsplätze bei den erneuerbaren Energien habe ich vor kurzem von den Grünen gehört.

     

    Das völlig sinnlos investierte Geld für Photovoltaik in Deutschland hätte man lieber in die Sanierung öffentlicher Gebäude stecken sollen.

    Vorteile:

    1.) Förderung für die einheimische Industrie

    2.) deutlich höherer Gewinn für die Umwelt, als die Einsparung gegenüber Produktion von PV-Anlagen.

    3.) kein Müll, der in 20 Jahren als Sondermüll endgelagert werden muss.

     

    Aber warum soll man in D noch vernünftig sein??

  • FL
    Fotovo ltaik

    @Sven Bleitgen: Mit 2-4 Worten oder 1-2 Sätzen kann man die Probleme ja beschreiben. Sonst weiss echt keiner was gemeint ist. Und von Inhaltsleeren News-Texten haben wir schon genug.

     

    Ein Manager von Karstadt meinte mal (vor 30 Jahren oder so), er hätte zig Kleinaktionäre an der Backe denen er sich ständig erklären und rechtfertigen müsste. So unschlau ist das also gar nicht.

    Andere meinten, sie würden nicht noch mal an die Börse gehen.

    Nur weil alle auf Kredit leben, muss man das selber ja nicht machen. Dann kauft man seine Gegner in der Konjunkturkrise für die Hälfte billig willig von den Ersparnissen auf. Und weil man die einzige Schuldenfreie Firma im Umkreis von 1000 km ist, kriegt man von jeder Bank Kredite. Prozyklische Cleverness nennt man das.

    Jedes Land produziert seine Solarzellen selber. Da gibts dankenswerterweise kaum Eintrittshürden.

    Aber Trittin war das anscheinend egal. Wenn die Grünen besser wären, würden sie sie Selbstversorgung mit Strom betreiben anstatt Strom ins Netz einzuspeisen. Davon hätten auch Afrikanische Dörfer und Urwald-Dörfer etwas.

    Überlegt mal wie viel es dieses Jahr geregnet hat. Da brauch ich dem Wasserwerk nur die Hälfte zahlen wenn Trittin dafür gesorgt hätte. Denn das meiste geht durchs Klo. Da tuts auch gesammeltes Regenwasser und das Wasserwerk hätte es einfacher. Stattdessen soll man die Bauschaum-Schlamper-Fenster mit verringerter Leistung kaufen weil die Grünen gerne Bauaufträge vergeben aber die Handwerker nicht kontrollieren. Das Ergebnis sieht man bei RTL-2 "die Bauruine" "Das Schrotthaus" u.ä. Sendungen.

  • V
    vic

    Wie auch immer, dieses Scheitern war politisch gewollt.

  • SB
    Sven Bleitgen

    Wenn öffentlich diskutiert würde, was die SOLON AG, die die erste deutsche SOlarfirma an der Börse war, sich mit dem Börsengang eingehandelt hat, dann würde sich wohl keiner mehr wundern.

    Aber das interessiert ja leider keinen.