piwik no script img

Kommentar Gebetsrufe in IsraelEine Initiative gegen Muslime

Kommentar von Susanne Knaul

Beim Muezzin-Gesetz geht es nicht um Lärmschutz. Es dient dazu, Muslime zu demütigen. Am liebsten wäre es den Hardlinern, wenn sie das Land verließen.

D er Ruf des Muezzin kann, so romantisch er aus der Entfernung empfunden werden mag, zur nachtschlafenden Zeit den nichtmuslimischen Nachbarn einer Moschee durchaus auf die Nerven fallen.

Manch einer, der sonst um die friedliche Koexistenz mit Andersgläubigen bemüht ist, wird sich deshalb insgeheim Hoffnung machen, dass das "Muezzin-Gesetz" schon bald verabschiedet wird - und damit ein für allemal Ruhe einkehrt in Israel. Zumindest, bis der eigene Wecker klingelt.

Die Muslime des Landes hätten der Gesetzreform zuvorkommen müssen. Schließlich tragen auch sie Verantwortung für das friedliche Miteinander der Religionen. Den Lärmpegel auf ein erträgliches Volumen zurückzudrehen ist nicht zu viel verlangt - und sei es für den Preis, ein paar mehr, dafür kleinere Lautsprecher aufzustellen.

Damit hätten die Muslime ihren Gegnern zumindest eine Angriffsfläche genommen. Denn nicht nur die Nachbarn islamischer Gebetshäuser befürworten das Gesetz, das den allmorgendlich über Lautsprecher verbreiteten Gebetsruf unter Strafe stellen soll.

privat
SUSANNE KNAUL

ist Korrespondentin der taz und berichtet aus Israel.

Was umso erstaunlicher ist, da es ein Lärmschutzgesetz, das die Bürger vor allzu rücksichtslosem Krach verschonen soll, in Israel längst gibt.

Anastasia Michaeli ist Abgeordnete der rechtsnationalen Partei Israel Beitenu (Israel ist unser Haus). Ihr geht es nicht um mehr morgendliche Ruhe für die Langschläfer in Jaffa, Ramla oder anderen gemischten Wohngegenden. Ihr Reformvorschlag reiht sich ein in eine Liste von Gesetzen, die sich explizit gegen die arabische Minderheit in Israel richten.

Die etwa ein Fünftel der Bevölkerung ausmachenden Muslime sollen mürbe gemacht werden. Sie sollen sich der jüdischen Mehrheit anpassen. Oder noch besser: aus dem Land verschwinden.

taz lesen kann jede:r

Als Genossenschaft gehören wir unseren Leser:innen. Und unser Journalismus ist nicht nur 100 % konzernfrei, sondern auch kostenfrei zugänglich. Texte, die es nicht allen recht machen und Stimmen, die man woanders nicht hört – immer aus Überzeugung und hier auf taz.de ohne Paywall. Unsere Leser:innen müssen nichts bezahlen, wissen aber, dass guter, kritischer Journalismus nicht aus dem Nichts entsteht. Dafür sind wir sehr dankbar. Damit wir auch morgen noch unseren Journalismus machen können, brauchen wir mehr Unterstützung. Unser nächstes Ziel: 40.000 – und mit Ihrer Beteiligung können wir es schaffen. Setzen Sie ein Zeichen für die taz und für die Zukunft unseres Journalismus. Mit nur 5,- Euro sind Sie dabei! Jetzt unterstützen

Redakteurin Meinung
1961 in Berlin geboren und seit 2021 Redakteurin der Meinungsredaktion. Von 1999 bis 2019 taz-Nahostkorrespondentin in Israel und Palästina.
Mehr zum Thema

16 Kommentare

 / 
  • PM
    Peter Müller

    Erst Palästina der alteingesessenen Bevölkerung durch militärische Gewalt wegnehmen, dann sich auch noch darüber aufregen, dass der Muezzin dort ruft, und das schon seit 14 Jahrhunderten. Wenn der Muezzin stört, sollten sie sich dann überlegen, ob Palästina als "Heimstätte" ein falsche Wahl war.

    Ich hoffe, dass die alteingesessenen Muslime sich dieses Verbot nicht gefallen lassen und tagtäglich dagegen verstoßen, den Konsequenzen zum Trotz.

  • H
    Hajo

    Was soll die ganze Aufregung und das unangebrachte

    "Mitgefühl" mit den Moslems, die - wo auch immer -,

    auf das Geplärre des Muezzin nicht verzichten wollen!

    Ich zitiere aus dem Buch "Aufstand der

    Kopftuchmädchen" von Lale Akgün, türkischstämmiger früherer SPD-Abgeordneter von Köln: "Minarette sind nicht nötig, da sie die Ruf- und Weckfunktion nicht mehr erfüllen. Dafür gibt es heutzutage andere Techniken wie Wecker oder die Weckfunktion im Handy

    [Mofon]"

    Noch Fragen?

  • MS
    Michael Schmidt

    Religiöser Lärm ist inakzeptabel. Es muss endlich in jedem demokratischen Staat dafür gesorgt werden, dass Religion nicht mehr über dem Gesetz steht. Bis zu echter säkulärer Demokratie wie in der Verfassung vorgegeben ist in der Realität noch ein weiter Weg. Aber jeder Schritt ist ein Schritt in die richtige Richtung.

  • A
    Ahmet Özmüz

    "Der Ruf des Muezzin kann, (...) zur nachtschlafenden Zeit den nichtmuslimischen Nachbarn einer Moschee durchaus auf die Nerven fallen."

     

    Frau Knaul, haben Sie überhaupt eine Vorstellung davon, wie sehr mir das christliche Glockengebimmel besonders Sonntagsmorgens auf den muslimischen Sack geht?

     

    Wenn's nach mir ginge, dürften diese ganzen Sekten nur in ihren hermetisch abgeschlossenen Gotteshäusern Krach machen - aber diese Kirchenmoscheensynagogen sollen sie bitte auch selbst bezahlen.

  • DP
    Daniel Preissler

    Carsten:

    ""aus dem Land verschwinden." Ja und? Wo ist der Aufreger? Gutes Recht der Israelis, das zu wünschen."

     

    Richtig, ihr Recht ist das. Wünschen darf man viel. Alle Araber haben auch das Recht zu wünschen, dass Israel verschwindet (mit größerer moralischer Berechtigung, übrigens).

     

    Dies festzustellen bringt aber wenig bis nichts (ich mache das an dieser Stelle nur, um Ihnen die Sinnlosigkeit zu demonstrieren). Israel wird bleiben, die Moslems in Israel werden bleiben. Fertig! wie geht's jetzt weiter?

  • D
    Demokrat

    Aber das ein muslimisches Land wie Ägypten, Marokko oder Tunesien eine islamische Regierung haben will, was nach der Logik, sich der Mehrheit anpassen wie es hier erwähnt wird, passen würde, dieses wiederum passt dem Westen nicht.

    Interessant diese doppelmoral.

  • TB
    Thomas Bode

    Die Regierungslinie in Israel gegenüber den Arabern ist sicher knallhart, und ein Trauerspiel. Die absolut rücksichtslose Beschallung durch elektrisch verstärkte Muezzine ist allerdings, auf seine Art, ebenso Ausdruck von aggressiver Rechthaberei. Aus eigener leidvoller Erfahrung kenne ich das aus Indonesien, wo jedes Jahr mehr Moscheen gebaut werden, und wir mittlerweile in unserem Haus von 5 Moscheen umgeben sind die alle mitten in der Nacht losplärren. Und ständig ziehen fromme Jungmänner mit Sammelbüchsen durch die Gegend, um für weitere Neubauten zu sammeln. Man darf bei allem Eintreten für Minderheitenrechte nicht aus dem Auge verlieren dass der Islam, ebenso wie der sture Katholizismus mancher Dorfpaffen, eine rückwärtsgewandte Ideologie ist. Die aber leider, im Gegensatz zu letzerem, immer noch auf dem Vormarsch ist.

  • L
    Leila

    Der Ruf des Muezzin ist nicht nur nervtötend, sondern auch überflüssig, da es seit längerer Zeit Uhren gibt.

  • M
    mueller

    na, na, na frau knaul. man kann aber wirklich alles schlecht drehen wie man es will. finde ihren artikel diesmal überzogen. ich würde es verstehen, wenn es dem muezzin in israel verboten wird über lautsprecher die gebete ins land zu schreien. das gibt es ja fünf mal am tag und fängt schon ab 5 uhr morgens an. und dabei sind die moscheen noch nicht mal "synchron geschaltet". ich fände es auch nervig und bin froh, dass es in deutschland auch nicht erlaubt ist. innerhalb einer moschee, kirche, synagoge und was es sonst noch so alles gibt kann man soviel rumschreien wie man will. sobald aber die allgemeinheit davon berührt wird, ist es absolut nicht in ordnung.

     

    viele grüße

     

    müller

     

    ps. der muezzinruf war vor über 1000 jahren dazu gedacht, den gläubigen moslem an das gebet zu erinnern. der islam sollte sich ruhig mal weiter entwickeln und zu sms umsteigen ;-) damit wäre dann jeder zufrieden....;-)

  • TE
    test eins

    na, na, na frau knaul. man kann aber wirklich alles schlecht drehen wie man es will. finde ihren artikel diesmal überzogen. ich würde es verstehen, wenn es dem muezzin in israel verboten wird über lautsprecher die gebete ins land zu schreien. das gibt es ja fünf mal am tag und fängt schon ab 5 uhr morgens an. und dabei sind die moscheen noch nicht mal "synchron geschaltet". ich fände es auch nervig und bin froh, dass es in deutschland auch nicht erlaubt ist. innerhalb einer moschee, kirche, synagoge und was es sonst noch so alles gibt kann man soviel rumschreien wie man will. sobald aber die allgemeinheit davon berührt wird, ist es absolut nicht in ordnung.

     

    viele grüße

     

    müller

     

    ps. der muezzinruf war vor über 1000 jahren dazu gedacht, den gläubigen moslem an das gebet zu erinnern. der islam sollte sich ruhig mal weiter entwickeln und zu sms umsteigen ;-) damit wäre dann jeder zufrieden....;-)

  • HA
    Herr ABC

    Araber sind nicht gleich Muslime! Immerhin sind neun Prozent der arabischen Israeli christlichen Glaubens. Und weiter neun Prozent sind Drusen. Von daher tangiert das Gesetz zwar mehrheitlich Muslime, aber nicht automatisch alle arabischen oder nichtjüdischen Israeli.

     

    Abgesehen davon: Um fünf Uhr morgens von Glockengeläut ODER einem Muezzin geweckt zu werden - wo ist da der Unterschied?

  • B
    broxx

    "Oder noch besser: aus dem Land verschwinden."

    Merkwürdig, wie sich das gleicht...die sind ja wie wir/Nichtmuslime. Schade das Muslime sich nirgendwo anpassen können...

    Sind bestimmt Nazis, diese Juden...

  • K
    Kommentator

    Schön, dass die sonst ja recht israelkritische Korrespondentin das Ganze von beiden Seiten betrachtet.

    Und, dass sie auch den Lärm-Aspekt vom Religions-Apsekt zu trennen vermag.

     

     

    Meine Meinung:

    Kein Krach von niemand!

    Kirchen, Muezzins, Fuballfans, Kinder, Bauarbeiter und Partyspacken sollen alle ihre scheiß Fresse halten!

     

    RUHE in FRIEDEN!

  • C
    Carsten

    "Sie sollen sich der jüdischen Mehrheit anpassen. Oder noch besser: aus dem Land verschwinden." Ja und? Wo ist der Aufreger? Gutes Recht der Israelis, das zu wünschen.

  • MS
    Max Schneider

    Am liebsten wäre mir folgender Kompromiss: Keine Kirchenglocken, kein Muezzin und Ruhe ist (Freiheit von Religion um sechs Uhr morgens - wie habe ich mir das in der bayrischen Provinz gewünscht!)

  • R
    rolf

    Au weia, wie kann man nur so einseitig und egoistisch denken. Wenn die Autorin direkt neben einem Muezzin- Lautsprecher oder einem Kirchenturm leben müsste, würde sie anders denken. Religiöser Lärm ist überflüssig und übergriffig gegenüber Andersdenkenden.