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Landtag in Nordrhein-WestfalenLiberale für Rot-Grün

Ohne Mehrheit für den Haushalt 2012 startet die rot-grüne Minderheitsregierung in NRW ins neue Jahr. Die FDP wird wohl aushelfen – bei Neuwahlen droht ihr das Aus.

Hannelore Kraft und Gerhard Papke (FDP) im Düsseldorfer Landtag. Bild: dpa

BOCHUM taz | Wenn Reiner Priggen, Fraktionsvorsitzender der Grünen im nordrhein-westfälischen Landtag, über die gemeinsame Minderheitsregierung mit der SPD von Ministerpräsidentin Hannelore Kraft spricht, klingt er nicht optimistisch: "Nicht desillusioniert, aber absolut pragmatisch" blicke er in die Zukunft, sagt der 58-Jährige zur taz: "Es hätte doch niemand gedacht, dass wir zwei Jahre durchhalten."

Der Grund für die Nachdenklichkeit: Mitte März will Finanzminister Norbert Walter-Borjans den zweiten regulären Haushalt der Regierung durch den Landtag bringen. Der Sozialdemokrat plant eine Neuverschuldung von knapp 4 Milliarden Euro. Doch bisher fehlt Rot-Grün eine Stimme zur absoluten Mehrheit.

Die Linkspartei, mit der die Regierung ein Integrationsgesetz zur Förderung von MigrantInnen oder mehr Klimaschutz durchsetzen will, könnte aushelfen. Doch sie fürchtet den Ruf, lediglich ein rot-grünes Anhängsel zu sein. Und hat deshalb auf einem Parteitag im September 2011 "rote Haltlinien" bekräftigt: Im Etat dürfe es "keinen Sozialabbau, keinen Stellenabbau, keine Privatisierung öffentlichen Eigentums" geben, betonte Fraktionschef Wolfgang Zimmermann. Walter-Borjans will jedoch rund 30 Stellen streichen.

Zwar sieht der Finanzexperte der Linken, Rüdiger Sagel, noch Chancen, dass sich seine Fraktion bei der Abstimmung enthält. So könnte der Haushalt durch das Parlament rutschen. "Die Linke ist für Verhandlungen offen", wird Sagel zitiert. Doch die Partei fordert als Gegenleistung zusätzliche Millionen für ein landesweites Sozialticket für Einkommensschwache. Rot-Grün aber fürchtet die Kosten dieses Wunsches: Die geplante Neuverschuldung liegt nur 200 Millionen Euro unter der Grenze, die die Landesverfassung vorgibt.

Abwesende Liberale?

Regierungschefin Kraft setzt deshalb seit Monaten auf wechselnde Mehrheiten. Die als "Schulfrieden" verkaufte Fusion von Haupt- und Realschule wurde von ihrer grünen Stellvertreterin Sylvia Löhrmann ebenso mit der CDU durchgesetzt wie regulärer Islamunterricht an den Schulen. Finanzspritzen für die vielen vor der Pleite stehenden Kommunen beschloss Kraft wiederum mit der FDP.

Bei der ersten Lesung des Haushalts kurz vor Weihnachten aber verweigerte sich Schwarz-Gelb: "Es gibt im Haushaltsentwurf keine einzige Sparanstrengung", wütete Karl-Josef Laumann, CDU-Fraktionsvorsitzender. Und FDP-Fraktionschef Gerhard Papke tönte, der "Schuldenhaushalt" sei "weder zustimmungsfähig noch hinnehmbar".

Doch hinter den Kulissen signalisiert der Wirtschaftsliberale Papke bereits Kompromissbereitschaft. 500 Millionen Euro Einsparungen fordere er, dann könne sich seine FDP als Hüterin der Haushaltsdisziplin verkaufen, ist in der Landeshauptstadt Düsseldorf zu hören. Druckmittel aber hat Papke keine: Wie im Bund droht der Partei auch in NRW das parlamentarische Ende, käme es zu Neuwahlen. Jüngste Umfragen sehen die FDP bei 4, Rot-Grün dagegen bei 49 Prozent. Die Linke käme auf 7, die Piraten auf 8 Prozent.

Um das Überleben der FDP zu sichern, kursieren auf den Fluren des Landtags bereits abenteuerliche Gedankenspiele: Notfalls könnten bei der Abstimmung im März zwei Liberale durch Abwesenheit glänzen und so Krafts Minderheitsregierung zum Sieg verhelfen. Der Grüne Priggen aber droht schon mit Neuwahlen: "Ich habe unsere Leute davor gewarnt, zu Ostern in den Urlaub zu fahren."

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3 Kommentare

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  • G
    Gusch

    und wieder einmal verpennt die fdp eine historische chance: bei neuwahlen in nrw würde nicht nur sie aus dem landtag fliegen, sondern auch die sed. nicht dass die fdp irgendeinen nutzen davon hätte, gesamtgesellschaftlich wäre das aber ein schöner mitnahmeeffekt, den man der fdp auf den grabstein meißeln könnte.

  • NK
    nrw kaputt

    NRW wird abgewickelt- und versinkt in Verschuldungsorgien:

    Wer das griechische Beispiel vor Augen sich noch traut, derartiges vorzulegen und sich noch zu schmücken mit Nachhaltigkeit, gehört straf- und zivilrechtlich zur Rechenschaft gezogen.

    4 Milliarden in einem Jahr macht pro Bewohner von 17 Mio. neue Schulden pro Bewohner von 235 Euro.

    Schon in diesem Jahr stiegen die Schulden expositionell. Wer das zahlen soll ?

    Die Bewohner von NRW werden es niemals können. Also wird man nach griechischem Beispiel hoffen auf andere.

    Zukunft hat dieses ehemalige Industriezentrum kaum: Ich empfehle jeden wegzuziehen- Richtung Süden !

  • M
    Marvin

    Bitter.

    SPD & Grüne hätten alles, was sie großspurig und großflächig zur Wahl plakatiert haben, mit links umsetzen können. =)

     

    Der Schulfrieden, welcher der Wahlkampfparole "Eine Schule für alle!" offen den Krieg erklärt hat, hat das Projekt rot-grün als solches beendet.

     

    Die Anfänge waren großartig & wichtige Dinge sind durchgesetzt worden. Die Studiengebühren sind weg, die Kopfnoten auch & die Drittelparität in der Schulkonferenz wieder gegeben. Vielen Dank!

     

    Jetzt wäre es Zeit für einen neuen Anfang.

    Neuwahlen wäre ein Mittel.

    Die FDP? Peinlich.