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die wahrheitDie Kultursöldner

Die schwarz-gelbe Koalition hat die Segel gestrichen voll. Sie will endlich die Beutezüge sozial-verwahrloster somalischer Aushilfspiraten auf deutschen Schiffen stoppen...

Früher musste man eine Piraten-Dau versenken, heute werden die Seeräuber einfach totgequatscht. Bild: reuters

... Private Sicherheitsfirmen sollen in Zukunft deutsche Handelsschiffe in internationalen Gewässern schützen. Eine gesetzliche Regelung dazu ist zeitnah geplant. Der Einsatz deutscher Soldaten auf den Schiffen hingegen ist von Deck - man hat ja am Beispiel "Gorch Fock" gesehen, wohin das führt.

Um Freizeitsöldner und Möchtegernrambos fernzuhalten, will der Bund nur qualifizierte Sicherheitsunternehmen für die Antipirateneinsätze zulassen. Eine staatliche Zertifizierung soll ein Höchstmaß an Kompetenz sicherstellen. Ludger Hasselberg ist zuversichtlich, dass seine neu gegründete Sicherheitsfirma EiHePi Security (Ein Herz für Piraten) die Lizenz ohne Probleme bekommen wird. "Weil es uns eben nicht um Gewalt als Gegenmittel geht", erklärt der studierte Diplompädagoge und Antigewalttrainer.

Die Gefahrenabwehr, die Hasselberg zusammen mit seinem jungen Team erarbeitet hat, soll mehrstufig erfolgen. Zuerst orientiert sich EiHePi dabei an bereits bestehenden Maßnahmen. "Die Schallkanonen, die schon heute auf den Frachtern eingesetzt werden, funktionieren wir einfach um. Statt schmerzhafter Töne erklingen dann lustvolle Symphonien! Sie müssen bedenken, dass die meisten Piraten noch Heranwachsende sind, und die - das haben Versuche an öffentlichen Plätzen gezeigt - lassen sich von klassischer Musik abschrecken. Wenn Mozarts Violinkonzert Nr. 2 in D-Dur erklingt, verlieren die Jungspunde schneller die Lust am Entern, als al-Shabaab neue Waffenlieferung erhält!"

Eine weitere Möglichkeit, den Frachter als Angriffsziel unattraktiv erscheinen zu lassen, ist die sogenannte Mimikry-Methode. Hasselberg will dafür kulturelle Stereotype ausnutzen, damit physische Konflikte erst gar nicht entstehen. "Wir hissen weit sichtbar die Regenbogenflagge auf den Frachtern. Meinen Sie, islamisch geprägte Piraten haben Lust, ein Schiff zu entern, das voller schwuler Matrosen ist? Die halten Homosexualität doch für eine ansteckende Krankheit!", erklärt der Unternehmensgründer begeistert.

Sollten die präventiven Maßnahmen nicht greifen, will EiHePi deutsche Außenhandelsinteressen mit Wort- statt Waffengewalt verteidigen. Hasselberg und sein vierköpfiges Team haben ein innovatives pädagogisches Betreuungsangebot erarbeitet. Unter dem - bewusst englischsprachigen - Motto "Pirates of the Somalia Sea - we like to offer you some tea" wird auf vertrauensbildende Gesprächsangebote gesetzt. "Sind die Herren Freibeuter erst mal an Bord, kann man doch immer noch über alles reden. Bei einem entspannenden Tässchen Roibuschtee erarbeiten wir gemeinsam Strategien, wie die Jungs bewaffneten Konflikten aus dem Weg gehen können."

Hasselberg ist der Überzeugung, dass die Überfälle auf offener See weniger soziale als vielmehr kulturelle Gründe haben. In Krisengebieten wie Somalia sei Gewalt eben ein normales Kommunikationsmittel. Statt Händeschütteln wie in westlichen Ländern sei es dort nicht ungewöhnlich, zur Begrüßung ein Messer in den Bauch gerammt zu bekommen. Das Ziel müsse sein, Verständnis für westliche Rituale zu wecken, erläutert Hasselberg. "Man muss doch nicht jeden Frachter, der einem über den Weg schippert, gleich überfallen. Nett grüßen wäre doch schon ein Anfang!"

Um den therapeutischen Ansatz zu ergänzen, hat Hasselberg die Musikpädagogin Frederike Groß mit an Board von FiHePi geholt. Sie hat gerade ihren Bachelor of Arts abgeschlossen und ist froh über das ungewöhnliche Jobangebot.

"Wir wollen den unkontrollierten Aggressionen mit musikpädagogischen Therapien begegnen. Die Kalaschnikow sozusagen mit dem Kontrabass austauschen. Besonders Percussionsinstrumente eignen sich hervorragend, um unter den Piraten gruppendynamische Prozesse in Gang zu setzen. Ein Miteinander statt ein Gegeneinander, das ist unser Ziel", sagt die 22-Jährige und wischt sich verschmitzt eine Haarsträhne aus dem Gesicht.

Ob Hasselberg mit seinem innovativen Konzept eine Chance bekommt, obliegt letztlich dem Bundesamt für Wirtschaft und Ausfuhrkontrolle und der Bundespolizei. Sie prüfen die in Frage kommenden Sicherheitsfirmen. Doch Hasselberg ist fest entschlossen, Überzeugungsarbeit zu leisten - auch auf ungewöhnlichem Weg. "Wir werden, aber bitte drucken Sie das nicht, die dort verantwortlichen Herren entführen und ihnen eine kleine Kostprobe unseres Programms geben. Nach ein paar Stündchen mit Mozart, Roibuschtee und Percussionsübungen können die gar nicht mehr Nein sagen!"

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4 Kommentare

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  • UG
    Ulrike Grünsch-Stühn

    Ich finde das sehr, sehr gut, dass es sowas gibt!

     

    Nur die Idee mit der Schallkanone (welch abstoßendes Wort!) behagt mir nicht. Viele dieser Piraten haben ja leider nicht unsere Hochkultur, und sie nun mit Mozart zu malträdieren, finde ich zu brutal.

    Bedenken Sie, seelische Schmerzen sind oftmals schlimmer als körperliche Pein!

     

    Stattdessen könnte ich aber christliche Kreis- und Meditationstänze anbieten, gerne auch ehrenamtlich. Wo kann ich mich anmelden?

  • A
    Anton

    Vom Staat beauftragte Sicherheitsfirmen?

    Wo das hinführt sieht man doch am Beispiel der USA.

    Da ist die deutsche Marine viel besser! Die Gorch Fock ist ein Ausbildungsschiff, da passieren Fehler. Aber auf den Fregatten? Ausgebildete Leute und keine "Möchtegernrambos" (solch einen Begriff zu verwenden zeigt die schlechte Qualität des Artikels).

  • HK
    Heiner Kruse

    Endlich mal eine gut gelungene Satire. Selten so gelacht.

  • F
    Fraglos

    Vor 2Ihrem" Hintergrund weiß man nicht, ob der Inhalt des Artikels Ernst gemeint ist, oder bloße Satire darstellt !

     

    Damit verwirren Sie doch die Genossen bloß.