Kommentar Linkspartei: Die Angst vor der Basis
Der Parteivorstand der Linkspartei weist den Antrag auf einen Mitgliederentscheid zurück. Und entlarvt damit seine eigene Angst und Hybris.
S o was nennt man dann wohl eine schlecht getarnte Notlösung. Mit seiner Entscheidung, den Antrag auf einen Mitgliederentscheid zurückzuweisen, zeigt der Parteivorstand der Linkspartei, wie weit er sich von der Basis entfernt hat. Wie wenig die Führung den eigenen Genossen inzwischen vertraut. Und wie sehr sie noch immer unter dem Einfluss ihres Exvorsitzenden Lafontaine steht.
Erinnern wir uns. Vier Landesvorstände und zwölf Kreisverbände haben den Antrag gestellt, die Basis möge gefragt werden, wem sie zutraut, ihre seit mehr als zwei Jahren schlingernde Partei künftig zu führen und inhaltlich neu auszurichten. Sogar die Kandidaten wollten sich dem Votum stellen.
Eine kurze Phase lang sah es so aus, als würde die Linkspartei umsetzen, was sie für DAX-Vorstände und kommunale Haushalte vehement fordert: aktive Mitbestimmung. Also etwas, was sich selbst die sterbenskranken Liberalen leisten und was die Piraten gerade so attraktiv für junge Wählerinnen und Wähler macht. Doch am Ende reichte schon, dass der heimliche Vorsitzende Lafontaine gegen den Mitgliederentscheid war.
ist Redakteurin im Parlamentsbüro der taz.
Hinzu kam das Gutachten eines Parteienforschers, um den Linken den eigenen Schneid abzukaufen. Mit "§ 2 Abs. 1 der Ordnung für Mitgliederentscheide" begründet der Vorstand seine Entscheidung - das klingt nach Recht und Gesetz statt nach Einknicken.
Hinter dem ganzen Vorgang stehen die Angst vor den eigenen Genossen und die damit einhergehende Hybris einiger selbst ernannter und hofierter Meinungsmacher. Viereinhalb Jahre gibt es die Linkspartei mittlerweile. Im Moment der Schwäche zeigt sich nun, wie tief gespalten sie ist, wie sehr Ost- und Westlandesverbände einander misstrauen. Und wie weit die Inhalte im Zeitalter der Globalisierung in den Hintergrund gerückt sind.
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