„Auswanderer kennt jeder“

MUSEUM Das Deutsche Auswandererhaus in Bremerhaven bietet Führung für Senioren

■ ist wissenschaftliche Mitarbeiterin im Deutschen Auswandererhaus

taz: Reagieren Ältere anders auf die Führung als Jüngere, Frau Quirin?

Katrin Quirin: Oh ja! Spätestens im zweiten Raum haben Sie fünf, sechs Leute um sich, die von einer Tante oder einem anderen Verwandten erzählen, der ausgewandert ist.

Warum machen Jüngere das nicht?

Ich glaube, das liegt daran, dass viele sich erst im Rentenalter mit der eigenen Biografie und damit auch der der Familie beschäftigen. Und dann wurde früher auch nicht so gerne darüber geredet, etwa wenn sich jemand in den 20er oder 30er Jahren aus dem Staub gemacht hat.

Werden Sie gebeten, bei der Suche in Übersee zu helfen?

Sehr oft. Wir können aber keine genealogischen Forschungen anstellen, sondern nutzen fünf verschiedene Datenbanken. Da gibt es zum einen die Passagierlisten aus Deutschland und zum anderen die Einwanderungslisten aus den USA. Bei diesen muss man wissen, dass viele Namen anders geschrieben wurden. Aus Johann Dietl wurde etwa John Diddl. Wenn Sie diese Erfahrung nicht haben, können Sie lange suchen.

Haben Sie schon jemand richtig glücklich machen können?

Ja, sehr! Wir hatten bisher 1.500 Rechercheanfragen, zwei Drittel davon wurden bereits bearbeitet. Manchmal schreiben uns die Leute, wenn sie über uns jemanden gefunden haben. Wie ein Mann, dessen Vater vor seiner Geburt ausgewandert ist. Der hat ihn in den USA besucht – und seine Halbgeschwister. INTERVIEW: EIB

Seniorenführung an jedem ersten Montag, 14 Uhr, im Deutschen Auswandererhaus (barrierefrei)