Ein Ort des Schreckens

VON TORSTEN HASELBAUER

Die Schlagerbarden Olaf Henning („Ich will zurück zu Mama“), Jürgen Drews (selbst ernannter „König von Mallorca“), der Partysänger Tim Toupe. Sie alle traten Silvester auf der Bühne vor dem Brandenburger Tor auf. Wer jetzt meint, schlimmer kann es kaum noch kommen, dem sei schon jetzt gesagt: Doch, es geht noch schlimmer. Und zwar am selben Ort, und nicht nur für eine Nacht. Sondern zwei Wochen lang. Schuld daran ist die Fußball-Weltmeisterschaft in Südafrika.

Vom 26. Juni, ab dem Achtelfinale also, bis zum Endspiel am 11. Juli wird es auf der Straße des 17. Juni eine Fanmeile geben. Also Bierbuden, Würstchenbuden, ein Riesenrad, mindestens eine überdimensionierte Videowand und eine Bühne für drittklassige Musiker. Davor und dazwischen stehen und schunkeln Fans, schwenken bierselig Deutschlandfahnen, veralbern gegnerische Spieler und grölen dabei fröhlich und ausgelassen so etwas wie „Humba, Humba, Täterä“.

Natürlich hat der Weltfußballverband, die Fifa, auch bei der Berliner Fanmeile seine Finger mit im Spiel. Das heißt, die Fifa reglementiert streng und unerbittlich den Verkauf der Produkte am Straßenrand und verdient an der Lizenzvergabe für die Stände. Das kollektive Ballermannfeeling und Abkassieren wird vom Senat dann als fröhliches Fanfest deklariert.

Doch muss man das ganze Getöse ertragen? Natürlich nicht. Denn es gibt sie noch, die schönen, versteckten Orte, die das Fußballschauen zur Weltmeisterschaft auch im neuen Jahr 2010 zu einem Ereignis werden lassen. Man sollte schon jetzt in der Stadt anfangen zu suchen, zu fragen, wenn möglich etwas selber mit Freunden initiieren. Es lohnt sich, allein, um diesem Wahnsinn an der Straße des 17. Juni etwas entgegenzusetzen.

Vielleicht aber löst sich der ganze Spuk sogar von selber auf. Dann nämlich, wenn Deutschland das Achtelfinale dieser WM gar nicht erreicht. Schon dafür heißt es Daumen drücken für die Gruppengegner aus Serbien, Ghana und Australien. Ganz heimlich natürlich!