Legenden unter sich

FUSSBALL In der Schmeling-Halle spielen All-Star-Senioren-Teams. Es zeigt sich: Hertha kann noch siegen

„Wir sind alle noch so bekloppt, Spiele gewinnen zu wollen“

HERTHAS RENE TRETSCHOK

Die gute Nachricht: Hertha kann doch noch siegen. Die schlechte Nachricht für die blau-weißen Fußballfans: Leider waren es nur die Oldies beim „Tag der Legenden“ am Wochenende in der Max-Schmeling-Halle, die den Abwärtstrend beim Bundesliga-Schlusslicht stoppten. Dennoch verbreitete Manager Michael Preetz beim „Budenzauber“ in Prenzlauer Berg Optimismus vor der mutmaßlichen „Mission: impossible“ in der Meisterschaftsrückrunde. „Wir werden definitiv angreifen“, erklärte Herthas früherer Nationalspieler und stürzte sich in kurzen Hosen auf das Hallenparkett.

Als Gewinner durfte sich vor dem Anstoß Bernd Kühn fühlen, der das Berliner Hallenturnier nach jahrelangem Dörnröschenschlaf wachgeküsst hatte. „Wir wollen Spaß haben, und Spaß bedeutet, dass wir ein ausverkauften Haus haben“, lautete das Motto des Organisators. 6.112 Zuschauer kamen in die Schmeling-Halle, 5.000 Besucher hatte Kühn als kühnes Ziel genannt. Der „Budenzauberer“ ordnete dem Erfolg des Indoor-Events fast alles unter – auch die Sorgenfalten füllig gewordener „Legenden“, die die Spielzeit von 20 Minuten pro Partie für zu anspruchsvoll hielten. Die Altstars zeigten sich einsichtig. „Wir sind alle noch so bekloppt, Spiele gewinnen zu wollen“, sagte Herthas Rene Tretschok, einer der fitten Senioren.

Beim Stadtderby zwischen Hertha und dem 1. FC Union schienen sich beide Teams unter Anfeuerung ihrer Fangruppen einen Tick schneller zu bewegen als gewohnt. Ein „Flitzer“ mit Hertha-Schal sorgte zudem für Hexenkessel-Atmosphäre unter dem Hallendach, bevor Ordner kamen und ihn „abhefteten“. Das Berliner Duell endete 3:3, für Union eindeutig zu wenig. Die Eisernen beklagten anschließend, dass ein Spieler wegen Krankheit hatte passen müssen und ein weiterer Leistungsträger im Skiurlaub im Schnee stecken geblieben war. Herthas Preetz (der einen Treffer beisteuerte) ließ sich hingegen das ungewohnte Erfolgserlebnis nicht vermiesen: „Das ist schön für uns Alten, aber morgen geht der Ernst des Lebens wieder los.“

Da Union zuvor Werder Bremen mit 2:4 unterlegen war, schieden die Köpenicker vorzeitig aus. Union-Idol Daniel Teixeira erntete dennoch Sonderapplaus für seine ausgefeilte Copacabana-Technik am Ball. Immerhin hat der Brasilianer in der Heimat professionell in der Halle agiert. Inzwischen steht der Marketingmitarbeiter der Eisernen einem Hallenfußballclub in Prenzlauer Berg vor.

Hertha wiederum erreichte das Halbfinale und räumte dort Bayer Leverkusen mit 5:3 aus dem Weg. Hatte Fredi Bobic nur geblufft, als er Konditionsmängel signalisierte? „Zu viel gefuttert über die Feiertage“, verriet der Schwabe, aktueller Sportdirektor in Bulgarien bei Chernomorets Burgas. Doch aufgeben? Keinesfalls! Die Altstars verfielen vielmehr in alte Kampfriten, um durchzuhalten. Leverkusens Ulf Kirsten spuckte sogar gedankenverloren auf das Hallenparkett.

Im Finale trafen die blau-weißen Hertha-Senioren auf den 1. FC Köln, der im Halbfinale Bremen rausgeworfen hatte, und unterlagen den Rheinländern mit 3:6. Fair gratulierten sich die Spieler, man fiel sich in die Arme. „Man freut sich, weil man die Kollegen lange nicht gesehen hat“, begründete Unions Steffen Baumgart die versöhnliche Stimmung. Schließlich standen sich die Ehemaligen wenig später erneut gegenüber – in der „3. Halbzeit“ auf der Players-Party im Schöneberger Turnier-Hotel. „Es ist ganz gut gelaufen“, erzählte im Foyer ein gut aufgelegter Organisator Kühn. Damit dürfte feststehen, dass die Erstauflage der „Budenzauber“-Renaissance Folgen haben wird – spätestens im nächsten Jahr beim „Tag der Legenden 2“. JÜRGEN SCHULZ