Wie Facebook mobil Geld verdienen will: Die Angst vor der Zuckbar
Bisher hält sich Facebook auf Handys mit Reklame zurück. Das dürfte sich ändern: Da immer mehr Nutzer mobil surfen, geht dem Konzern sonst Geld durch die Lappen.
Wenn alles klappt, könnte Facebook in nicht allzu langer Zeit in New York an die Börse gehen – das erste dafür notwendige Formular, die sogenannte Form S1, wurde Anfang Februar eingereicht. In einem beiliegenden Brief ließ sich Firmengründer Mark Zuckerberg über Philosophie und Ziele des Netzwerkriesen aus (“making the world more open and connected“), gleichzeitig wurde aber auch eine Risikoliste eingereicht, in der auf 21 Seiten ausgeführt wird, welche Gefahren Neuaktionäre einkalkulieren müssen.
Darin taucht bereits als dritter Punkt die Formulierung auf, dass das Wachstum der Facebook-Benutzung auf mobilen Geräten ein Problem darstellen könnte. Worauf andere Firmen vermutlich stolz wären, ist bei dem Internet-Konzern momentan tatsächlich schwierig: „Wir generieren noch keine bedeutsamen Umsätze durch unsere mobilen Produkte“, schreibt Facebook selbst.
Das ist umso erstaunlicher, als dass sich laut den konzerninternen Zahlen mittlerweile mehr als die Hälfte der knapp 845 Millionen Mitglieder auch mobil einloggt. Das Risiko gelte vor allem dann, wenn die Mobilnutzung die PC-Verwendung ersetze, so Facebook in Form S1 weiter. „Das kann unsere Umsätze und Finanzergebnisse negativ beeinflussen.“
Doch bekanntlich ist Selbsterkenntnis ja immer der erste Weg zur Besserung. Entsprechend arbeitet man bei Facebook laut einem Bericht der New York Times an Möglichkeiten, das Problem zu lösen. Das dürfte vielgestaltig ausfallen. So könnte Facebook sowohl in seiner mobilen Browser-Anwendung als auch in seinen verschiedenen Apps für iPhone, Android und Co. einfach damit beginnen, die bereits bekannten Anzeigen einzublenden – einerseits in Form sogenannter Display-Ads mit Bildchen, andererseits aber über reine Textanzeigen.
Werbung als Gefahr
Die Frage ist allerdings, wie sehr dies die mobile Nutzung stört: Facebook dient insbesondere mobil als Kommunikationsmedium, bei dem sich Nutzer ungern stören lassen. Selbst Reklame, die eigentlich recht relevant ist - Facebook hat ja zahllose Vorlieben der Nutzer gespeichert, um sie anzupassen - könnte hier nerven.
Das hat auch schon Konkurrent Twitter erleben dürfen: Der Kurznachrichtendienst hatte kurzzeitig in seine iPhone-App eine Leiste integriert, die Nutzer auf aktuelle Trends - und beworbene Begriffe - in dem Netz aufmerksam machte. Die Zwangseinblendung erfuhr breite Ablehnung.
Twitter-Boss Dick Costolo musste sich sogar mit dem Schmähbegriff „Dickbar“ auseinandersetzen - was sowohl auf seinen Vornamen als auch auf das englische Wort für „Arsch“ (beziehungsweise, direkter, „Schwanz“) hindeutete. Eine „Zuckbar“ wird sich Facebook also kaum erlauben.
Doch eventuell läuft es auf andere Dienste hinaus. Schon vor gut einem Jahr führte Facebook den Dienst „Places“ ein, bei dem Nutzer sich an bestimmten Orten wie einem Restaurant oder einem Ladengeschäft „einchecken“ lassen konnten. Als Gegenleistung konnte man sich dann Rabatte geben lassen, für die Facebook im Rahmen seines neuen mobilen Geschäftsmodells Provisionen kassieren könnte. Places liegt derzeit allerdings auf Eis, ließe sich aber reaktivieren.
Die Facebook-Währung
Ebenfalls denkbar: Facebook versucht sich als Anbieter einer mobilen Währung. Schon jetzt kann man mit einer Punktewährung auf der Plattform virtuelle Güter erwerben, um etwa seinen Farmville-Garten aufzumotzen.
Dies ließe sich auf die reale Welt übertragen: Facebook Credits wären dann eine Möglichkeit, das Essen an einem „Facebook Place“ direkt zu bezahlen, während der Konzern am Umsatz prozentual beteiligt wird beziehungsweise einen Kleinbetrag einbehält. Noch sind all diese Ideen aber nicht ausgereift - zumindest hat sich Facebook bislang nicht entschieden, sie zu kommunizieren.
Der französische Internet-Experte Frederic Filloux warnt bereits davor, dass Facebook an die Grenzen seines Wachstums gelangen könnte – jedenfalls, was den Börsenwert anbelangt. Das liege auch daran, dass die Anzahl der Mitglieder schon heute sehr groß sei. Die muss man nun noch anständig mobil „monetarisieren“.
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