Zwischen Jammertal und Neidfalle

Streitfall Arzteinkommen: Das Grundgehalt der Krankenhausärzte ist niedrig, nur Bereitschaftsdienste rechnen sich für sie. Erst Chefärzte dürfen auch Privatpatienten abrechnen. Doch die LehrerInnen sind immer noch ärmer dran

Das Gehalt einer Klinikärztin oder eines Klinikarztes setzt sich im Wesentlichen aus zwei Komponenten zusammen: dem Grundgehalt und der Vergütung für die Bereitschaftsdienste. Ärzte im öffentlichen Dienst, die keine Bereitschaftsdienste machen, also beispielsweise Urologen oder auch manche Anästhesisten, bekommen für eine 38,5-Stunden-Woche (Osten: 40 Stunden) in der Tat nicht besonders viel Geld. So erhält ein Assistenzarzt nach dem neuen Tarifvertrag im öffentlichen Dienst (TVöD) laut Information der Gewerkschaft Ver.di nach dem ersten Berufsjahr ein Grundgehalt von nur 2.400 Euro brutto im Monat. Kommen noch 15 Stunden Bereitschaftsdienst pro Woche dazu, so bringt zum Beispiel ein Assistenzarzt in der Chirurgie, der im Bereitschaftsdienst viel ackern muss, noch rund 1.500 Euro zusätzlich nach Hause. Ergibt zusammen ein Monatsverdienst von rund 3.900 Euro brutto für eine 53-Stunden-Woche, so die Rechnung von Ver.di. Nacht- und Feiertagszuschläge sind hier nicht mit einbezogen, fallen aber auch prozentual im TVöD nicht stark ins Gewicht.

Nach fünfjähriger Ausbildung kann ein Assistenzarzt zum Facharzt aufsteigen, dann gibt es für den frisch gebackenen Spezialisten ein Grundgehalt von 3.600 Euro – wohlgemerkt nach sechsjährigem Studium und fünfjähriger Zusatzausbildung zum Facharzt. Macht der Arzt ebenfalls 15 Stunden Bereitschaftsdienst in der Woche, so kommt ein Entgelt von rund 1.640 Euro dazu. Insgesamt bekommt der Klinikarzt also 5.240 Euro brutto für eine 53-Stunden-Woche im Krankenhaus, so die Rechnung aus der Ver.di-Tarifabteilung. Im Osten werden im öffentlichen Dienst 94 Prozent vom Westtarif bezahlt.

Der neue TVöD sollte für Ärzte gelten, die seit dem 1. Oktober in Krankenhäusern des öffentlichen Dienstes neu angefangen haben. Doch ist darüber mit dem Marburger Bund ein Streit entbrannt. Für die anderen greift noch der alte Bundesangestellten-Tarifvertrag (BAT) indem sich das Entgelt aus einem Grundgehalt plus Ortszuschlag und der Bezahlung für die Bereitschaftsdienste zusammensetzt. Hinzu kommen regionale Kürzungen: Ärzte an der Berliner Charité beispielsweise erhalten als Grundgehalt im Schnitt 15 Prozent weniger als der BAT vorsieht.

Das wirklich große Geld verdienen in den Krankenhäusern nicht die jüngeren Stationsärzte, sondern die Chefärzte. In der Regel dürfen nur sie nebenbei auch Privatpatienten abrechnen.

Wie arm oder reich sind Klinikärzte nun im Vergleich zur Bevölkerung? Nach Daten des Deutschen Instituts für Wirtschaftsforschung (DIW) aus dem Mikrozensus, also einer Haushaltsbefragung, kommen Ärzte im öffentlichen Dienst auf einen Stundenlohn von 16,80 Euro netto. Außerhalb, also in Praxen, bringen die Ärzte im Schnitt 23,20 Euro netto nach Hause. Grund- und Realschullehrer erhalten laut DIW hingegen nur 14,60 Euro netto, Gymnasiallehrer tragen netto nur 15,80 Euro nach Hause.

Und was den schon mal geäußerten Vergleich von Ärzten mit Putzfrauen betrifft: Selbst in der höchsten Tarifstufe für Reinigungskräfte im öffentlichen Dienst erhält eine Putzfrau, brutto wohlgemerkt, nur 11 Euro die Stunde. Es gibt also schon noch ein paar Unterschiede.

BARBARA DRIBBUSCH