Frankreich schafft den Mäusetest für Austern ab

TIERVERSUCHE Ob die Muscheln genießbar sind, müssen künftig nicht mehr Labormäuse probieren

PARIS taz | Die Austernzüchter an der Bucht von Arcachon an der Atlantikküste hatten doppelt Grund, den Jahresbeginn mit Champagner zu begießen. Das Pariser Landwirtschaftsministerium hat ihrem Wunsch stattgegeben und will den „Mäusetest“ zur Prüfung der Austerngesundheit durch eine chemische Analyse ersetzen.

Die Europäische Union erkennt bislang ausschließlich die Kontrolle durch den Tierversuch an. Die Tests sollen ausschließen, dass sich in den Austern toxische Mikroalgen angesiedelt haben. Seit 2005 wird jeweils drei Labormäusen ein Austernextrakt injiziert. Wenn innerhalb von 24 Stunden zwei Tiere sterben, wird der Verkauf der Muscheln behördlich untersagt. Für die von Gourmets besonders geschätzten Austern von Arcachon hatte das seither ständige Verbote zur Folge. Meist völlig zu Unrecht, behaupteten zumindest die betroffenen Austernzüchter.

Die „Mäuse von Brüssel“ wurden zum Hassobjekt. Ostentativ veranstalteten die Züchter mit Unterstützung lokaler Politiker zum Protest Degustationen während der Verbotsperioden, um der Öffentlichkeit vorzuführen, wie ungefährlich der Genuss ihrer Meeresfrüchte wäre.

Wirtschaftlich haben rund hundert Züchter die Ergebnisse der Mäusetests nicht überlebt. Sie mussten Bankrott anmelden, weil sich die Großverteiler wegen der häufigen Verkaufsverbote anderswo mit Austern eindeckten.

Auch für Marc Durant kommt die Änderung der Methoden zur Qualitätsprüfung zu spät. Der Züchter berichtet, wie der damalige Landwirtschaftsminister Dominique Bussereau im September 2006 behauptete, zwei Personen seien an Austern von Arcachon gestorben. Zwei Monate später wusste man, dass der Austernverzehr mit den Todesfällen nichts zu tun hatte. Die Regierung habe sich aber nie entschuldigt, so Durant. Er hofft, dass die neuen Regeln nun auch für ihn eine Rehabilitierung bedeuten.

Noch ist der chemische Test von den europäischen Behörden nicht offiziell anerkannt. Darum haben auch die Labormäuse noch keine Schonzeit, parallel bleiben sie immer noch „sicherheitshalber“ „Vorschmecker“ von Austern. RUDOLF BALMER