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Präsidentschaftskandidat in VenezuelaEin harter Brocken für Hugo Chávez

Henrique Capriles soll nach dem Willen der Opposition Chávez an der Macht ablösen. Capriles, besonnen und pragmatisch, will sich als Vertreter einer "neuen PolitiK" inszenieren.

Das Bad in der Menge wird Henrique Capriles als künftiger Präsidentschaftskandidat wohl häufiger suchen. Bild: dapd

PORTO ALEGRE taz | Venezuelas bürgerliche Opposition wittert Morgenluft: In erstmals öffentlich organisierten Vorwahlen setzte sich Henrique Capriles, der 39-jährige Gouverneur des Bundesstaates Miranda, am Wochenende mit 62 Prozent klar gegen seine vier Mitbewerber durch. Damit wurde er zum einzigen ernsthaften Gegenkandidaten für Staatschef Hugo Chávez bei der kommenden Präsidentschaftswahl im Oktober.

Fast jeder sechste Wahlberechtigte beteiligte sich an den Vorwahlen, gut 2,9 Millionen Menschen. Wegen des unerwartet hohen Andrangs wurde die Abstimmung in vielen Wahllokalen um eine Stunde verlängert. "Dies ist weder die Stunde der Linken noch der Rechten, es ist die Stunde Venezuelas", rief Capriles am Sonntagabend seinen jubelnden Anhängern zu.

"Die Venezolaner sind erschöpft von der Konfrontation", fügte er hinzu. Für seinen mächtigen Kontrahenten hatte er noch weitere Seitenhiebe übrig: "Ich will nicht die Welt führen, sondern Venezuela", rief Capriles, und: "Die Macht ist nur geliehen, sie gehört keinem".

Als Gründungsmitglied der rechtsliberalen Partei Primero Justicia wird der studierte Jurist Capriles das Oppositionsbündnis "Tisch der Demokratischen Einheit" MUD in den Wahlkampf führen. Das Ergebnis ist zugleich eine Bestätigung seiner Strategie, mögliche Wechselwähler mit einer gemäßigten Rhetorik und Programmatik zu umwerben.

Gemäßigt statt radikal

Mit ihrem Konfrontationskurs gegen Chávez, der von einem 48-Stunden-Putsch 2002 über einen Wahlboykott 2005 bis hin zur klaren Niederlage bei der letzten Präsidentschaftswahl Ende 2006 reichte, war die rechte Opposition chancenlos geblieben. Bei den Parlamentswahlen 2010 hatte die MUD jedoch fast soviele Stimmen erzielt wie die Chavistas.

Der pragmatisch und besonnen auftretende Capriles hat bereits eine beachtliche Politkarriere hinter sich: 1999 war er Venezuelas jüngster Parlamentarier. Von 2000 bis 2008 regierte er Baruta, einen wohlhabenden Vorort im Südosten von Caracas. Bei den letzten Gouverneurswahlen im wichtigen Bundesstaat Miranda besiegte er den Amtsinhaber und Chávez-Vertrauten Diosdado Cabello.

Bei den Vorwahlen kam ihm außerdem zugute, dass sein größter Rivale Pablo Pérez als Kandidat der abgewirtschafteten Altparteien galt. Capriles hingegen, der sich als Bewunderer von Brasiliens Expräsident Lula da Silva bezeichnet, möchte sich als Vertreter einer "neuen Politik" inszenieren.

Chávez' Sozialprogramme etwa will er fortsetzen, aber auch ausländische Investoren durch Garantien für das Privateigentum anlocken. Profitieren dürfte er zudem von vereinzelten Versorgungsengpässen bei Lebensmitteln, der hohen Inflation sowie der Korruption und Gewaltkriminalität, an der auch 13 Jahre Chávez wenig geändert haben.

Der sozialistische Präsident, dem die Krebsbehandlung des letzten Jahres immer noch anzusehen ist, hat sich noch nicht direkt zu seinem Herausforderer geäußert. Aber in typisch drastischer Manier erklärte er neulich: "Den rückschrittlichen Kandidaten, den Kandidaten der Yankees werden wir am 7. Oktober eine Tracht Prügel verabreichen".

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8 Kommentare

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  • EA
    Enzo Aduro

    Die Welt braucht gemäßigte politiker, keine Hampelmänner in Militäruniform.

  • R
    reblek

    "In erstmals öffentlich organisierten Vorwahlen... Bei den letzten Gouverneurswahlen... Bei den Vorwahlen..." Wenn ich mich nicht sehr irre, handelte es sich in jedem dieser Fälle um eine einzige Wahl. Warum also der Pural?

  • S
    Stefan

    Ein ehrliches Wort, Max. Jetzt verstehe ich auch andere Posts von dir. Demokratie - überwunden. Menschenwürde - überwunden. Recht auf Leben - überwunden. Es lebe der real existierende Sozialismus?

  • S
    Sarkotzi

    KAS, Seidel, Naumann - unabhängige Stiftungen? Gehts noch? Die finanzieren seit Jahren die rechte Oppposition in Lateinamerika, werden finanziell zu 90% vom deutschen Steuerzahler ausgehalten und sind nur mit Parteifunktionären aus dem etablierten Kartell besetzt. Großer Lacher!

  • M
    Muskatnuss

    Und auch in Venezuela sind unabhängige Stiftungen wie die KAS, Seidel und Naumann vertreten. Dazu kommen noch zahlreiche amerikanische Stiftungen dazu. Erst im letzten Jahr hat die KAS, die gesamte Opposition Venezuelas nach Berlin eingeladen.

    Unterstützende Arbeit leisten diese Organisationen vor allen Dingen in den Hochschulen und Universitäten, indem sie ihnen demokratische Werte beibringt.

    Ähnlichkeiten zu anderen südamerikanischen Staaten sowie einzelnen nordafrikanischen Ländern sind reiner Zufall.

  • F
    franky

    @max @pit Das konnte man ja mehrere Jahrzehnte in der ehemaligen DDR mit all den wirtschaftlichen Folgen unter Mißachtung der Bürger- und Menschenrechte besichtigen - und wer sich nur etwas in Venezuela auskennt wird von capriles, dessen Großmutter nur knapp den Nazis entkommen ist, wohl kaum von einem Faschisten reden können - was ich allerdings bei Hugo wohl eher passend fände, in der Art wie er sich als Führer aller Venezolaner inszeniert.

  • P
    Pit

    Mit Zuckerbrot wollen die Großgrundbesitzer wieder zurück an die Macht. Sollte das wirklich passieren, holen sie wieder die Peitsche raus.

    Mag ja sein, dass Hugo Fehler macht, aber die entmachteten Herrschaften haben das Land jahrzentelang ausgeplündert - auf einem Berg voller Leichen!

    Aber leider vergisst das Volk sehr schnell...

  • M
    Max

    Ich hoffe das die Opposition verboten wird. In Venezuela sind wir meiner Meinung nach soweit das die Demokratie überwunden wurde. Im Sozialismus braucht man keine anderen Parteien, insbesondere keine rechtsextremen Parteien.