Zivilgesellschaft in Indonesien: Mutig gegen Gewalt

Sie wollen den Islam "verteidigen", hüllen sich in Weiß und schrecken auch vor Mord nicht zurück. Doch jetzt formiert sich Widerstand gegen Islamisten in Indonesien.

Ein Mitglied der radikalislamische Front der Verteidiger des Islam (FPI) in Indonesien. Bild: reuters

JAKARTA taz | Hunderte Demonstranten haben kürzlich in Kalimantan mit einer Flughafenbesetzung gegen die radikalislamische Front der Verteidiger des Islam (FPI) protestiert. Die zumeist indigenen Dayak verhinderten mit der Besetzung des Flughafens von Palangkaraya, Hauptstadt Zentralkalimantans, dass FPI-Führer dort landen und ein Büro eröffnen konnten.

Die FPI terrorisiert von den Behörden unbehelligt seit Jahren Andersgläubige. Der Vizechef des Rats der Dayak, Lucas Tingkes, sagte, seine Organisation wolle ein Verbot der FPI. Denn diese störe die religiöse Harmonie Kalimantans.

Die Aktion inspirierte einige Tage später Gleichgesinnte in der Hauptstadt Jakarta zu Protesten gegen die FPI. Dabei war der Regisseur Hanung Bramantyo, gegen dessen Film "?" - einem Plädoyer für Pluralismus -, die FPI 2010 mobilisiert hatte. Dass die Zahl der Demonstranten in Jakarta mit mehreren hundert deutlich hinter den Erwartungen lag, könnte an Einschüchterungsversuchen gelegen haben.

Die FPI hatte erklärt, "ein paar Sympathisanten" zu schicken, die "die Lage erkunden". Die Polizei erklärte sich vorab für unzuständig, sollte etwas passieren.

Martialisches Auftreten

Die FPI, der Verbindungen zu den Sicherheitskräften nachgesagt werden, operiert seit 1998. Ihre meist männlichen und in Weiß gehüllten, martialisch auftretenden Anhänger gehen gegen alle vor, die sie als "unislamisch" brandmarken. Das für traditionelle religiöse Toleranz bekannte Indonesien erlebt seit 1998 eine stärkere Politisierung von Religion und religiös motivierter Gewalt. So wurden vor einem Jahr in Cikeusik (Westjava) drei Angehörige der Ahmadiyah-Gemeinde von einem islamistischen Mob gelyncht.

Im westjavanischen Bogor verweigert der Bürgermeister einer von Islamisten attackierten Gemeinde gegen den Beschluss des Obersten Gerichts die Baugenehmigung für eine Kirche. Ende 2011 mussten hunderte Schiiten in Ostjava vor Gewaltangriffen flüchten.

Jetzt wehren sich Vertreter der Zivilgesellschaft verstärkt dagegen, dass mit Religion Politik gemacht wird. Tunggal Pawestri von der "Bewegung für ein FPI-freies Indonesien" kündigte weitere Proteste an. Die Aktion in Kalimantan sende eine "klare Botschaft" gegen Intoleranz und gegen die von der FPI propagierte "Moral", sagt Ismail Hasani vom Setara Institut für Demokratie und Frieden.

Innenminister Gamawan Fauzi macht ein Gesetz aus der Zeit des Diktators Suharto dafür verantwortlich, dass der Staat gewalttätige Gruppen nicht verbieten könne. Bei der von ihm angeregten Änderung fürchten Menschenrechtler die Rückkehr zur Willkür. Die bestehende Rechtslage reiche, um gewalttätige Islamisten zu belangen, meint Andreas Harsono von Human Rights Watch.

Einmal zahlen
.

Fehler auf taz.de entdeckt?

Wir freuen uns über eine Mail an fehlerhinweis@taz.de!

Inhaltliches Feedback?

Gerne als Leser*innenkommentar unter dem Text auf taz.de oder über das Kontaktformular.

Bitte registrieren Sie sich und halten Sie sich an unsere Netiquette.

Haben Sie Probleme beim Kommentieren oder Registrieren?

Dann mailen Sie uns bitte an kommune@taz.de.