piwik no script img

die wahrheitGeldquelle Terrorzwerg

Pfiffiger Berliner Kleinunternehmer entdeckt einträgliche Marktlücke und nutzt Kinder für brandneuen Service.

In der Sparte Wartezimmerkind bietet das Unternehmen alle Arten und Größen von kleinen Teufeln an. Bild: reuters

Albert Schneck blinzelt uns listig über den Rand seiner goldenen Nickelbrille hinweg an, als wir ihn in der wie ausgestorben wirkenden Kindertagesstätte "Der fröhliche Hase" in Berlin-Friedrichshain besuchen. Die Lachfältchen in den Augenwinkeln des 38-Jährigen lassen ihn vergnügt erscheinen. Und Albert Schneck hat allen Grund dafür, fröhlich zu sein, denn er hat eine Marktlücke entdeckt, die für ihn zu einem einträglichen Geschäft geworden ist. Albert Schneck vermietet Kinder.

Alles fing damit an, dass der Langzeitarbeitslose Schneck zu seinem maßlosen Entsetzen vom Jobcenter plötzlich eine Stelle als Aufseher im "Fröhlichen Hasen" angeboten bekam. "Das konnte ich nicht ablehnen, weil ich für den Job keinerlei Begabung brauchte und die mir sonst die Bezüge gekürzt hätten."

Das war ein harter Schlag für Schneck, der nun die heißgeliebte Ruhe in den Kuschelkissen seines Sofas gegen das Hochfrequenzgeschrei und die schmierigen Klebehände der unerträglichen Terrorzwerge eintauschen musste. Seine Situation schien ausweglos - bis zu einem Ereignis, das sein Leben verändern sollte, wie er uns berichtet: Er saß im prallgefüllten Wartezimmer eines Arztes, den er dazu bringen wollte, ihn krankzuschreiben, als plötzlich eine Frau im Dragonerschritt den Laden betrat. Sie zerrte ein quengelndes Balg hinter sich her, stürmte ohne einen Blick auf die etwa 60 Wartenden zur Anmeldung und herrschte die Sprechstundenhilfe an: "Ich habe ein Kind dabei, also müssen sie mich sofort drannehmen, oder sind sie etwa ein Kinderhasser? Was ist das für eine kinderfeindliche Gesellschaft, in der es Kindern zugemutet wird, in einem prallgefüllten Wartezimmer zu warten. Kann denn nicht einmal jemand auch an die Kinder denken?"

An dem Punkt bot bereits ein älterer Herr, der als nächster an der Reihe sein sollte, der hysterischen Furie an, sie vorzulassen, doch die Frau bekam das nicht mit, weil sie gerade die Hände rang und lamentierte: "Man kommt sich in dieser Gesellschaft ja schon wie ein Aussätziger vor, nur weil man ein Kind in die Welt gesetzt hat. Ja, ich habe ein Kind - wo ist das Problem? In dieser kinderfeindlichen Gesellschaft wird man noch dafür bestraft, dass man ein Kind hat, lassen sie mich sofort vor zum Arzt, das Kind kann nicht so lange warten. Herrje, es ist doch noch ein Kind, es kann doch nichts dafür, dass es in eine Gesellschaft von Kinderhassern geboren wurde."

Woran das Kind denn leide, wollte nun zaghaft die Sprechstundenhilfe wissen. "O herrje, das war ja klar, dass diese Frage kommen musste. Muss in dieser Gesellschaft ein Kind erst krank werden, bevor es zu seinem Recht kommt? Das Kind ist kerngesund - ist das ein Verbrechen, für das es bestraft werden muss? Muss das Kind darunter leiden, dass die Mutter einen Schnupfen hat, ist es das, was sie wollen? Nicht das Kind ist krank, diese kinderfeindliche Gesellschaft ist krank. O herrje, ist das denn zu glauben, dass man auch noch dafür beleidigt wird, dass man es gewagt hat, einem Kind das Leben zu schenken?"

Unter endlosen Tiraden und mit der Zustimmung der erleichterten Wartenden wurden Mutter und Kind endlich zum Arzt geführt, und es kehrte wieder Ruhe ein.

Albert Schneck lacht: "Und da kam mir die goldene Idee! Ich inserierte in verschiedenen Anzeigenblättern und bot die mir anvertrauten kleinen Teufel zur Miete für Arztbesuche, für notwendige Gänge auf Ämter oder zu Behörden oder auch nur für Großeinkäufe in Billigsupermärkten an. Und, was glauben sie? Die Leute rennen mir die Bude ein. Leute, die keine eigenen Kinder wollen, aber in den genannten Situationen gerne einen Vorwand zum Vordrängeln hätten, sind mit meinem Service gut bedient." Schneck blinzelt wieder listig: "Ich verdiene damit gutes Geld und hab die Nervensägen wenigstens eine Weile vom Hals."

Links lesen, Rechts bekämpfen

Gerade jetzt, wo der Rechtsextremismus weiter erstarkt, braucht es Zusammenhalt und Solidarität. Auch und vor allem mit den Menschen, die sich vor Ort für eine starke Zivilgesellschaft einsetzen. Die taz kooperiert deshalb mit Polylux. Das Netzwerk engagiert sich seit 2018 gegen den Rechtsruck in Ostdeutschland und unterstützt Projekte, die sich für Demokratie und Toleranz einsetzen. Eine offene Gesellschaft braucht guten, frei zugänglichen Journalismus – und zivilgesellschaftliches Engagement. Finden Sie auch? Dann machen Sie mit und unterstützen Sie unsere Aktion. Noch bis zum 31. Oktober gehen 50 Prozent aller Einnahmen aus den Anmeldungen bei taz zahl ich an das Netzwerk gegen Rechts. In Zeiten wie diesen brauchen alle, die für eine offene Gesellschaft eintreten, unsere Unterstützung. Sind Sie dabei? Jetzt unterstützen

5 Kommentare

 / 
  • NM
    Nestor Machno

    Muhaha großartig. Fast noch besser sind die Kommentare. Danke.

  • R
    Rizo

    Spitzenmäßiger, saulustiger Artikel...weiter so!

    :-)

     

    Mal sehen, wann

    1. sonst noch jemand merkt, dass es sich hier um Satire handelt und

    2. das standardisierte Kinderfeindlichkeits-Geplärre losgeht.

  • A
    Anne

    Der Artikel ist Satire, oder? Falls nicht, ist gegen den Mann sofort Strafanzeige zu erstatten.

  • M
    Mikey

    was für ein quatsch.

  • B
    Behr

    Bitte sagt mir das dies ein viel zu früh kommender April Scherz ist.

    a) Wer kommt auf de Idee Kinder zu vermieten?

    b) Welche Eltern gehen dabei nicht auf die Barrikaden?

    c) Wo bleibt der Gesetzgeber? Das kann doch bitte nicht Legal sein!

    d) In was für einer Gesellschaft leben wir das Menschen ohne Kinder sich Kinder mieten?

     

    Ich bin entsetzt!