Pfusch beim Tiefwasserhafen: Es ächzen die Bohlen

Die Spundwand am Kai des Jade-Weser-Ports ist beschädigt: Es gibt 150 Spalten. Das könnte daran liegen, dass die Baufirma beim Rammen Geld sparen wollte.

Sie kann der Kai wohl tragen: die ersten vier Containerbrücken für den neuen Tiefwasserhafen. Bild: dpa

HAMBURG taz | Am Montag sollten zum ersten Mal Fotos von den Schäden an den Kais des zukünftigen Tiefwasserhafens Jade-Weser-Port gemacht werden. Bisher seien die Stellen, an denen die Spundwand aufgesprengt ist, nur ertastet worden, sagt der SPD-Landtagsabgeordnete Olaf Lies, der den Wahlkreis Wilhelmshaven betreut. „Die ersten Schlosssprengungen gab es vor einem halben Jahr und noch immer kennen wir nicht die Ursachen“, ärgert sich Lies.

„Schlosssprengung“ nennen es die Ingenieure, wenn die Verbindung zwischen zwei Bohlen einer Spundwand aufbricht. In Wilhelmshaven hat dieses Phänomen inzwischen epidemische Ausmaße angenommen. 147 Schlosssprengungen zählte die Jade-Weser-Port-Realisierungsgesellschaft (JWPR) bis zum vergangenen Freitag. 14 Tage vorher, beim Stand von 88 Sprengungen betonte JWPR-Geschäftsführer Axel Kluth noch öffentlich, das sein kein Grund vom Termin der geplanten Inbetriebnahme am 5. August abzurücken. Am Montag wollte er sich der taz gegenüber nicht äußern.

Der Jade-Weser-Port, der den Mega-Containerschiffen künftiger Generationen allzeit See-tiefes Wasser bieten soll, hat während seiner Planungs- und Bauzeit vielfach für Schlagzeilen gesorgt. Die Auftragsvergabe an ein Konsortium unter Führung des Papenburger Unternehmens Johann Bunte beschäftigte sogar einen Untersuchungsausschuss des niedersächsischen Landtages.

Den Zuschlag für den milliardenschweren Auftrag erhielt zunächst der Baukonzern Hochtief. Bunte wehrte sich dagegen und setzte sich vor Gericht durch, weil Hochtief ein unvollständiges Angebot abgegeben hatte. Parallel dazu gab es einen Streit darüber, wer Hochtief oder Bunte im Bieterverfahren Vorteile verschafft haben könnte. Die Landesregierung Niedersachsens und vor allem Bremens hätten lieber Hochtief als Partner gesehen.

Der Tiefwasserhafen wird von den Ländern Bremen und Niedersachsen gemeinsam gebaut. Insgesamt wird er etwa eine Milliarde Euro kosten. 600 Millionen davon bezahlen die beiden Länder.

Mehrkosten: Weil sich der Bau durch gerichtliche Auseinandersetzungen verzögert hat und in der Zwischenzeit die Stahlpreise gestiegen sind, fordert die Baufirma Bunte 65 Millionen Euro mehr. Der Schaden durch die aufgeplatzten Spundwände beläuft sich auf 40 bis 50 Millionen Euro. Wer ihn begleichen muss, ist offen.

Die Eröffnung des Hafens ist für den 5. August geplant. Bereits am 5. Mai will die Firma Eurogate mit dem Probebetrieb beginnen.

Am Kai mit 1,7 Kilometern Länge sollen zugleich vier große Containerschiffe liegen können. Anders als etwa im Hamburger Hafen müssen sie beim Einlaufen und Ausfahren nicht auf die Tide Rücksicht nehmen.

Bunte war zunächst mit einem unkonventionellen Vorschlag für den Bau der Kais angetreten, war dann aber auf das von den Ländern geforderte Standard-Modell mit einer Pfahlgründung umgeschwenkt. In dem Bunte-Konsortium sind Firmen vertreten, die sich mit einschlägigen Projekten einen Namen gemacht haben, etwa die Hamburger Firma Möbius, die das Hamburger Airbus-Werksgelände erweiterte. Trotzdem war von Seiten der Bremer Häfen die Frage aufgeworfen worden, ob Bunte mit so einem großen Projekt nicht überfordert sein könnte.

Angesichts der vielen Spalten in der Spundwand stellt sich diese Frage jetzt aufs Neue. Überrascht nahmen die Abgeordneten des niedersächsischen Landtages zur Kenntnis, dass Bunte die Bohlen nicht mit Hilfe von engen vertikalen Führungen (Mäklern) rammte – und das obwohl die Bohlen ganz präzise und verwindungsfrei in den Boden getrieben werden müssen. Andernfalls lassen sich die mehr als 25 Meter langen, tonnenschweren Bohlen nicht miteinander verhaken. „Das sind alles Dinge, über die wir jetzt, wo der Schaden da ist, etwas erfahren“, sagt Lies mit Blick auf die Mäkler.

Bunte-Sprecher Stephan Janssen räumt ein, dass Bunte nur ein „Rammgerüst“ verwendet hat, um die Pfähle zu setzen. „Das entspricht den Vorgaben des Bauvertrages und ist adäquat zu einer mäklergeführten Rammung zu betrachten“, versichert Janssen. Im übrigen seien die Spundwände mehrfach vermessen worden. „An der Qualität der Rammung gibt es keine Kritik mehr“, behauptet Janssen. Die festgestellten Abweichungen lägen unterhalb der Grenzwerte.

Für das Aufbrechen der Schlösser kämen außer Fehlern bei der Rammung verschiedene Ursachen in Frage, sagt der Sprecher: Der Untergrund könnte anders beschaffen sein als geplant; das Baumaterial könnte schadhaft sein; möglicherweise seien auch unterschiedliche Teile der Kais nicht miteinander verträglich.

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