Steuerabkommen mit der Schweiz: Stimmen sind wichtiger als Geld
Die Opposition hält Zugeständnisse der Schweiz weiter für unzureichend. Die SPD-Länder bleiben hart, Finanzminister Schäuble gibt sich optimistisch.
BERLIN taz | Überraschung in der Nacht zu Freitag: Nach offenbar langer Debatte haben sich die Länder-Ministerpräsidenten von SPD und Grünen darauf geeinigt, dass zwischen der Schweiz und Deutschland ausgehandelte Steuerabkommen weiterhin abzulehnen. Die Länder hätten erklärt, sie seien „im Augenblick nicht bereit, das Abkommen in der vorliegenden Form zu unterstützen“, sagte die Sprecherin des Bundesfinanzministeriums, Marianne Kothé.
Damit setzten sich die Ministerpräsidenten über jene Länderfinanzminister hinweg, die nach diversen Zugeständnissen zu einer Zustimmung bereit waren. Möglicherweise will die SPD-Führung verhindern, in den anstehenden Landtagswahlkämpfen in Nordrhein-Westfalen und Schleswig-Holstein als zu nachgiebig gegenüber Steuerflüchtlingen angegriffen zu werden.
Das Abkommen mit der Schweiz sieht vor, Schwarzgeld gegen eine einmalige Nachversteuerung und eine künftige Quellensteuer auf die Erträge zu legalisieren. Die Besitzer bleiben anonym und sind künftig vor Strafverfolgung geschützt. Nachdem SPD und Grüne angekündigt hatten, das Abkommen im Bundesrat scheitern zu lassen, hatte die Schweiz zuletzt höhere Steuersätze angeboten, und der Bund hatte den Ländern einen größeren Anteil an den erwarteten Steuereinnahmen in Aussicht gestellt.
Ins Gesetzgebungsverfahren eingebracht
Doch dies langte nicht, um die Länder umzustimmen. „Wir haben nach wie vor große Probleme mit diesem Abkommen“, sagte die nordrhein-westfälische Ministerpräsidentin Hannelore Kraft zu Reuters. Der Umgang mit Steuerhinterziehung sei eine „fundamentale Gerechtigkeitsfrage“.
Bundesfinanzminister Wolfgang Schäuble ist dennoch optimistisch, am Ende zu einer Einigung zu kommen. Das Abkommen werde nun unter Berücksichtigung der jüngsten Angebote der Schweiz wie geplant ins Gesetzgebungsverfahren eingebracht, sagte Schäubles Sprecherin Kothé. Man hoffe dass die Länder doch noch zustimmen, „wenn die eine oder andere Landtagswahl vorbei ist“. Ziel sei weiterhin, dass das Abkommen zum Januar 2013 in Kraft trete.
Das globalisierungskritische Netzwerk Attac begrüßte die Haltung der Länder und forderte ein endgültiges Aus für das Abkommen. Statt dieses nachzubessern solle die Bundesregierung „ab sofort die Bemühungen der EU-Kommission für einen automatischen Informationsaustausch aktiv unterstützen“, forderte Steuerexperte Detlev von Larcher.
taz lesen kann jede:r
Als Genossenschaft gehören wir unseren Leser:innen. Und unser Journalismus ist nicht nur 100 % konzernfrei, sondern auch kostenfrei zugänglich. Texte, die es nicht allen recht machen und Stimmen, die man woanders nicht hört – immer aus Überzeugung und hier auf taz.de ohne Paywall. Unsere Leser:innen müssen nichts bezahlen, wissen aber, dass guter, kritischer Journalismus nicht aus dem Nichts entsteht. Dafür sind wir sehr dankbar. Damit wir auch morgen noch unseren Journalismus machen können, brauchen wir mehr Unterstützung. Unser nächstes Ziel: 40.000 – und mit Ihrer Beteiligung können wir es schaffen. Setzen Sie ein Zeichen für die taz und für die Zukunft unseres Journalismus. Mit nur 5,- Euro sind Sie dabei! Jetzt unterstützen
meistkommentiert
Müntefering und die K-Frage bei der SPD
Pistorius statt Scholz!
Kampf gegen die Klimakrise
Eine Hoffnung, die nicht glitzert
Altersgrenze für Führerschein
Testosteron und PS
Angeblich zu „woke“ Videospiele
Gamer:innen gegen Gendergaga
Haldenwang über Wechsel in die Politik
„Ich habe mir nichts vorzuwerfen“
Zweite Woche der UN-Klimakonferenz
Habeck wirbt für den weltweiten Ausbau des Emissionshandels