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Ultimate Fighting in DeutschlandKeinen Bock auf Verbote

Ultimate Fighting wird hierzulande immer populärer, bleibt aber wegen seiner Brutalität umstritten. Ein deutscher Profi findet, die Sportart wird in Deutschland diffamiert.

UFC-Kampf 2009 in Köln: Kniestöße gegen den Kopf eines am Boden Liegenden sind verboten. Bild: dpa

Ist das überhaupt Sport? Oder bloß Voyeurismus befriedigende Brutalität? Dieser Frage muss sich Ultimate Fighting stellen, seit jemand auf die Idee kam, Kampfsportler verschiedenster Stile in einen Käfig aus Maschendraht zu stecken und gegeneinander antreten zu lassen. Die Ultimate Fighting Championship (UFC), der weltweit größte Dachverband für diese Mixed Martial Arts (MMA), argumentiert, von einer regellosen Prügelei könne nicht die Rede sein.

Und Dennis Siver, einen der wenigen deutschen Profis, nerven die Diskussionen über seinen Sport nur noch. Allerdings: Als Anfang der neunziger Jahre in den USA die ersten größeren Ultimate-Fighting-Turniere organisiert wurden, gab es tatsächlich meist nur eine einzige Regel: Es gibt keine Regeln.

Die öffentliche Diskussion, die damals in Amerika geführt wurde, glich der, die heute hierzulande tobt. Immer wieder wurden damals auch Kämpfe verboten, weshalb die 1993 gegründete UFC sich Schritt für Schritt ein Regelwerk gab, um die Risiken für die Kämpfer zu verringern. Gewichtsklassen wurden eingeführt, Kniestöße gegen den Kopf eines am Boden Liegenden verboten.

Kfz-Mechaniker-Meister und Vollprofi

Die erste UFC-Veranstaltung in Deutschland fand 2009 in Köln statt. Der Sportsender DSF sicherte sich damals die Übertragungsrechte, durfte aber schon im Folgejahr nicht mehr senden. Natürlich ist MMA nicht ungefährlich, stellenweise auch brutal, ein Sport, in dem regelmäßig Blut fließt. Doch auf die Frage, was ihn an seinem Sport begeistert, antwortet Dennis Siver, ehemaliger deutscher Kickboxmeister und der erste Deutsche, der einen Vertrag bei der UFC erhalten hat: „MMA ist für mich der härteste und vielseitigste Stil der Welt.“

In keinem anderen Sport seien so viel Kondition, Technik und Gelenkigkeit gefragt. „Es ist auch viel spannender als Boxen“, behauptet Siver. Der gelernte Kfz-Mechaniker-Meister ist seit zwei Jahren Vollprofi. „Man kann sich über Wasser halten“, sagt er. Denn anders als im restlichen Europa ist es in Deutschland schwer, Sponsoren zu finden. Siver kann die Bedenken verstehen, findet aber, seine Sportart werde diffamiert.

„Wenn wir im Ausland Interviews geben, werden wir nach unseren sportlichen Erfolgen gefragt. Hier geht es immer nur um diese Verbote. Da habe ich schon gleich keinen Bock mehr drauf.“ Siver meint, es werde mit zweierlei Maß gemessen. Das hat den 33-Jährigen nicht davon abgehalten von bislang 27 Kämpfen 19 zu gewinnen.

Kein Mangel an Nachwuchstalenten

Seinen nächsten Kampf bestreitet er am 14. April in Stockholm. Gegner wird der Brasilianer Diego Nunez sein, der mit einer Bilanz von 17 Siegen aus 19 Kämpfen als Favorit gilt. Aber Siver fühlt sich gut vorbereitet. Er glaubt trotz der Widrigkeiten an einen Siegeszug des UFC in Deutschland: „Alles, was aus Amerika kam, wurde früher oder später auch in Deutschland groß. Es ist nur eine Frage der Zeit.“ An Nachwuchstalenten mangele es zumindest nicht, glaubt Siver.

Allerdings fordert er, um die Attraktivität des Sports zu steigern, eine Herabsetzung des Mindestalters für die Kämpfer: „Von 18 auf vielleicht 16 Jahre – das wäre ein erster Schritt.“ Kaum vorstellbar, dass solch ein Schritt in Deutschland gegangen wird.

Aber wenn Siver recht hat und hierzulande tatsächlich nur nachvollzogen wird, was in den USA vorgemacht wird, dann dürfte MMA in Deutschland bald als ganz gewöhnliche Kampfsportart wie Boxen oder Kickboxen wahrgenommen werden. Auf der anderen Seite des Atlantiks jedenfalls hat sich die Aufregung über die Ultimate Fighter längst gelegt.

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9 Kommentare

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  • E
    Egal

    Man kann natürlich wie überall geteilter Meinung sein, aber wie sehr sich hier in das Thema hineingesteigert wird finde ich schon erstaunlich.

    Ich danke aber auch, dass man wenigstens etwas Objektivität bewahren sollte und die Thematik auch differenzierter betrachten muss.

     

    Zum einen ist festzuhalten, dass es sich durchaus um einen Sport handelt, welcher ein komplexes Regelwerk beinhaltet. Es geht darum Bewegungsaufgaben in einem gewissen Rahmen unter bestimmten Reglementierungen zu lösen. Das macht aber gerade den Sport aus (vgl. nur etwa die Definition zu Sport von Volkamer oder Göhner). Es ist also auf jeden Fall abzugrenzen von z.B. Gewalt auf der Straße. Diese rufen eine Selbstverteidigungssituation hervor, die keinerlei Regeln unterliegt. Anders als im Kampfsport, den jeder Sportler freiwillig macht, wobei er durch das Regelwerk beschützt wird und auch nicht fürchten muss dabei zu sterben.

    Darüber hinaus ist der Sport keine "wilde Prügelei", sondern verlangt von den Sportlern auch ein hohes Maß von technischem Verständnis ab.

    Dies wird vor allem sichtbar, wenn man die Sportarten, die das MMA umfasst, im einzelnen betrachtet. Darin enthalten sind unter anderem Judo, Brazilian Jiu Jitsu oder auch Ringen. Alles Sportarten in denen weder geschlagen noch getreten werden darf, also sehr technische Sportarten. Über diese Sportarten beschwert sich auch kaum jemand, weil sie offensichtlich nicht so brutal erscheinen.

    Das worüber sich alle also nur aufregen ist die Brutalität, die dem Sport innewohnt. Meines Erachtens ist dies auch verständlich, die einen mögen es eben und die anderen nicht. Genauso wie der eine lieber einen körperbetonten Sport wie Football mag und der andere lieber einen Sport wie Basketball indem Körperkontakt fast komplett verboten ist.

    Allerdings muss man (wie oben schon gesagt) klar zwischen Kampfsport und Kämpfen und Gewalt auf der Straße, die nichts mit Sport zu tun haben differenzieren.

    Kampfsport ist gerade keine vollendete vorsätzliche Körperverletzung, welche den Normen der Rechtsordnung (insbesondere § 223 StGB) zuwiderläuft. Genauso wenig, wie wenn sich ein Fußballspieler in einem regulären Zweikampf verletzt. Das Ziel des Kampfsports ist nicht die Verletzung des Gegners, ebenso wenig wie im Fußball. Das Ziel ist durch Punkte, KO oder Aufgabe zu Gewinnen (wie gesagt es ist ein Reglementierter Sport und keine Schlägerei, die nur das Ziel hat seinen Gegenüber zu Verletzten). Eine Verletzung ist genauso unerwünscht wie im Fußball.

    Auch kann nicht von einer Sittenwidrigkeit ausgegangen werden, weil es bei sportspezifischem, sozialüblichem Verhalten an einer Sorgfaltspflichtverletzung fehlt (vgl. nur § 228 StGB und den Kommentar in Schönke/Schröder).

     

    Meiner Meinung nach steht es jedem zu den Sport auszuüben den er möchte auch wenn ich selber diesen Sport nicht mag. Ein solches Maß an Toleranz ist denke ich von jedem zu erwarten und dieses erwartet man selbst auch von anderen.

     

    Allerdings muss ich noch eins sagen:

    Abgesehen davon das auch Frauen diesen Sport betreiben sollte man auf Beleidigungen, falls man eine ernsthafte Diskussion führen möchte, verzichten und lieber argumentativ überzeugen. Anderenfalls macht es sonst auf die anderen den Eindruck, als wäre man Intellektuell nicht dazu in der Lage (umgangssprachlich auch oft als "dumm" bezeichnet).

  • B
    Boyka

    Also mal ganz ehrlich...

    Niemand wird gezwungen in den Käfig zu gehen und zu kämpfen.

     

    Ich bin selbst aktiver Thai-Boxer

    (für die, die es nicht wissen: wir kämpfen mit Boxhandschuhen und Mundschutz und dürfen Boxen, Treten, die Knie und die Ellbogen einsetzen) und trainiere auch ein Wenig MMA.

     

    Ich habe niemals einen Sport erlebt, der soviel mit Respekt zu tun hat, wie das thailändische Boxen... Vor jedem Kampf wird ein traditioneller "Tanz" aufgeführt, bei dem wir uns bei den Göttern entschuldigen, dass wir so hart kämpfen müssen und ihn verletzen könnten... Nebenbei wird auch der Respekt gegenüber der eigenen Sportschule, dem Trainer und dem Gegner kundgetan.

     

    Ich denke mir auch, wer mit mir in den Ring geht, der weiß, auf was er sich einlässt. Und das wissen die MMA Kämpfer ebenso. Und darum geht es hier:

     

    Wenn ich ein Problem mit dem Sport habe, muss ich ihn nicht ausführen. Wenn ich es nicht sehen will, dann schalte ich um.

     

    Und ganz abgesehen davon, schwere Verletzungen sind im Fußball oder im Handball viel häufiger zu sehen, als im Kampfsport. Bei uns hat man mal schnell ein blaues Auge, oder eine kleine Platzwunde, was natürlich immer sehr blutig aussieht. Aber sowas, wie Knochenbrüche, Bänderrisse und andere lang andauernde Verletzungen kommen beim MMA eher selten vor.

     

    Letzten Endes geht es nicht darum, dem anderen Schmerzen zuzufügen, sondern darum herauszufinden, wer der bessere Kämpfer ist.

  • UZ
    und zu

    Ich wuensche allen Kommentarschreibern, die so vehement bestimmte Teile der menschlichen Natur unterdruecken wollen, viel Erfolg und Spass dabei. Aggressionen z.B. immer unterdruecken, ist am besten fuer die Gesellschaft, aber nicht in z.B. sportliche Bahnen wie UFC lenken, wo alles auf Freiwilligkeit beruht. Am besten mal bei der Katholischen Kirche anfragen, die hat auf aehnlichem Terrain damit langjaehrige Erfahrung (mit gemischtem Spass und Erfolg). Die letzten Naturvoelker muessen auch unbedingt umerzogen werden, da gibt es noch vieles "sittenwidriges" u. auch "aetzende Maenner" soll man da finden. Aber am schlimmsten sind die UFC-fighter, die in einer liberalen (Schauder!) europaeischen Geistestradition selbst (Graus!) bestimmen wollen, wie sie ihre Kraefte messen.

  • H
    hermännchen

    Sehr guter Ansatz: "sittenwidrig" - das Wort habe ich lange nicht mehr gehört. Ich kenne Stadtteile, in denen man dafür eins aufs Maul bekommt. Ein Begriff aus dem vorigen Jahrhundert, altmodisch wie "Gewaltverherrlichung". Noch nicht mal mehr Gewaltausübung wird doch noch konsequent bestraft!

    ...dann sollen die das doch machen...

    Es bleibt ja nicht bei den erwachsenen Menschen, die das aus freien Stücken machen: Dieser "Sport" wird nicht im stillen Kämmerlein zelebriert, es geht auch nicht nur ums Gewinnen: Man will zeigen und gesehen werden, wie man den Anderen "fertig" macht. So wie ein Pope sein Wasser über die Gemeinde sprengt, so spritzt ein Kämpfer seine Gewalt in die Augen und Hirne der Zuschauer. Wie das dann verarbeitet wird? Ob da wohl mal jemand seine Doktorarbeit drüber schreiben wird? Die Streetworker (auch ein aussterbender - weil ausbrennender - Beruf) wissen jedenfalls ein Lied davon zu singen.

    Egal, das Kind ist in den Brunnen gefallen: die Verrohung der Gesellschaft ist schon so weit fortgeschritten, dass jetzt nur noch übrig bleibt, aufzuzeigen - und zu warten, bis es von selbst wieder aufhört. Da müssen wir wohl durch.

    Wenn zum Beispiel im Nachmittagsprogramm (für jedes Kind sichtbar) ein lockeres Survivalfeature unkommntiert gezeigt wird, wo einem wohl gerade zufällig frisch verendeten Schaf mit dem Taschenmesser ein Auge herausgeschält, am natürlich vorkommenden offenen Feuer (Island!) geröstet und goutierlich vom hartgesottenen Surviver verspeist, dann ist es doch nur noch cool, anschließend barfuß durch einen reißenden Eiswasserbach zu waten!

    Wer - ganz unaufgeregt - selbst "Opfer" einer Gewalttat geworden ist, mit dem üblichen "Kollateralschaden" in Familie, Freundes- und Bekanntenkreis, wird dann gerne noch als Weichei verspottet.

    Wer aber nach den zwei Weltkriegen jemals wirklich einen dritten befürchtete, kann heute getrost ausgelacht werden: Ist dieser "Frieden" nicht schon Krieg genug?

  • MN
    Mein Name

    Die Turniere hatten von Anfang an, auch Anfang der Neunziger, schon Regeln, auch wenn sie in der Regel sehr einfach waren.

     

    Normalerweise lauten sie:

    no biting, no eye gouging, no fish hooking.

    Kurz nach den ersten Kämpfen wurde verboten, an den Haaren zu ziehen und die Genitalien anzugreifen.

  • C
    coon

    Danke für die unaufgeregte Berichterstattung über MMA.

     

    greetz

  • H
    Hans

    Für mich ist es schon unerträglich, daß diese Prügeleien als "Sport" bezeichnet werden. Das ist - ebenso wie Boxen - kein Sport, sondern vorsätzliche Körperverletzung. Sowohl die Durchführung als auch die öffentliche Darbietung solcher Prügeleien verstoßen gegen die guten Sitten und sollten verboten werden. In Anbetracht der zunehmenden Verrohung der Gesellschaft muß man solchen Entwicklumngen entgegen treten!

  • HS
    Hier schreibt ein Mann

    Die Idioten sterben nie aus. Männer - ätzend. Langweilig, atavistisch, einfach nur peinlich. Megapeinlich. Und die hier, Null Vorbild für die Jugend. In den Knast mit ihnen wegen Gewaltverherrlichung.

  • M
    Megestos

    Wenn sich erwachsene Menschen aus freien Stücken - und nicht etwa weil sie sonst überhaupt nicht über die Runden kommen könnten - sich dazu entschließen, sich gegenseitig zu schlagen, dann sollen die das doch machen!

     

    Es wäre etwas anderes, wenn man Kämpfe z.B. von Obdachlosen oder Drogensüchtigen organisieren würde und dabei deren schwache wirtschaftliche Lage zum eigenen Amüsement ausnutzt.

     

    Aber jeder Mix-Martial-Art-Mensch arbeitet Jahrelang darauf hin, bei größeren Wettkämpfen auftreten zu können. Das ist offensichtlich freiwillig und deswegen sollte der Gesetzgeber sich da raushalten. Ob man das jetzt sportlich oder ästhetisch gut findet, ist dabei völlig egal.