Halblegale Gentechnik in Polen: 3.000 Hektar Genpflanzen
Der Handel mit Genmais ist in Polen verboten, der Anbau nicht – das schafft Schlupflöcher. Nun ist auch ein deutsches Unternehmen in die Kritik geraten.
WARSCHAU taz | Der Lärm, den Greenpeace-Anhänger kürzlich vor dem Regierungssitz in Warschau machten, war ohrenbetäubend. „Stopp dem GMO-Anbau“ stand auf einem Transparent, davor eine Riesenpauke mit elf Metern Durchmesser, auf die Hunderte von Umweltschützern acht Stunden lang ihre Schlegel niederprasseln ließen. Doch weder Polens Premier Donald Tusk noch Landwirtschaftsminister Marek Sawicki gingen zu den Demonstranten hinaus, um mit ihnen über genetisch veränderte Organismen (GMO) zu reden.
„Der Handel mit GMO-Mais oder -Kartoffeln ist in Polen zwar offiziell verboten, doch es gibt kein Anbauverbot“, erklärt Jacek Winiarski von Greenpeace Polska. „Polnische Bauern kaufen daher das GMO-Saatgut im Ausland, beispielsweise in Tschechien oder Spanien, und säen es dann hier aus.“ Der Anbau werde von keiner offiziellen Stelle kontrolliert.
„Wir gehen davon aus, dass in Polen rund 3.000 Hektar GMO-Mais und -Kartoffeln angebaut werden.“ Obwohl die Mehrheit der polnischen Bevölkerung gegen genmanipulierte Lebensmittel sei, habe es die Regierung Polens bislang versäumt, ein wirksames Schutzgesetz oder ein völliges Verbot auf Gesetzeswege durchzusetzen.
Tage zuvor hatte die Parlamentsfraktion der rechtsnationalen Oppositionspartei Recht und Gerechtigkeit (PiS) die Firma KWS Polska angezeigt, eine Tochter der niedersächsischen KWS Saar AG. Es bestehe der Verdacht auf Anstiftung zum illegalen Ausbringen von gentechnisch verändertem Saatgut, informierte der Abgeordnete Jan Szyszko auf einer Pressekonferenz. Zum Beweis hielt er eine zwölfseitige KWS-Broschüre mit Tipps für Landwirte in die Höhe, die gentechnisch verändertes Saatgut ausbringen wollten.
Obwohl in der Broschüre keine Preise genannt werden, finden die Bauern Hinweise, wie groß der Abstand zwischen Genmaisfeldern und Feldern mit konventionell angebautem Mais sein sollte, worauf sie achten müssen, wenn sie ihre Tiere mit dem Mais mästen und wo in ihrer Nähe sie einen Ansprechpartner der Firma finden können.
Kritik gibt es auch vom Umweltinstitut München. Es wirft KWS vor, „illegalen Genmais in Polen“ anzubauen und mit „genmanipuliertem Maissaatgut auf den polnischen Markt zu drängen“. In einer Erwiderung weist das Unternehmen darauf hin, dass in Polen nur der Handel mit GMO-Mais verboten sei, nicht aber sein Anbau. Polens Umweltschützer fordern das vollständige Verbot von gentechnisch veränderten Lebensmitteln. Mehr als 40.000 Polen haben den Appell an die Regierung in Warschau bereits unterschrieben.
Leser*innenkommentare
Reihard Szibor
Gast
Das wundert mich dann aber doch. Greenpeace behauptet doch immer „keine Sau will Genfraß“ und die Bauern schon gar nicht. Sie hätten davon angeblich nur Nachteile und würden GVOs nur anbauen, wenn die Konzerne sie dazu zwingen. Und nun ertrotzen sich die Bauern ganz illegal Wahlfreiheit und entscheiden sich für GVOs! Hat da Greenpeace eventuell doch die Wirklichkeit verschlafen?
luetzgendorff
Gast
@gustav: ist das ein Gedicht? Ich frage wegen der vielen Zeilenumbrüche und damit ich weiß, welchen Maßstab ich an den Text anlegen muss ((Woche 1 nach der Grassschen Zeitenwende)
PS. Ist das eigentlich Zufall, dass als Captcha-Code hier Gras erscheint?
Thomas
Gast
@gustav: Guter Kommentar, dem eigentlich nichts mehr hinzuzufügen ist!
Leser
Gast
Man hätte die Pläne der polnischen Regierung erwähnen können Monsanto Genmais zu verbieten:
http://www.google.com/hostednews/afp/article/ALeqM5g-m_8O7nz5--oN2IIFX9zbirT46g (AFP)
gustav
Gast
Es ist sicherlich auch für Polen
schwer der Korruption als auch Gier
zu widerstehen und den Schutz der
Bevölkerung und Umwelt Vorrang vor
Freilandexperimenten zu gebieten.
Hier wird sich erweisen, ob
Polen schon ein Satellitenstaat ist
oder wirklich zur Demokratie
zurückgefunden hat.
Anstatt vorausschauend und clever zu sein
und später Profiteur neuerlicher
Gentech-Skandale zu sein, baut man
nun denselben Mist mit an!
Sollten hierbei Probleme auftreten, werden
die Polen nun mitbetroffen sein.
Selbst wenn es keine Katastrophen zukünftig
geben würde, hohe Ertragsflut von Gentech-Lebensmitteln würde die Preise zerstören
und das polnische Qualitätsiegel vernichten.
Es fehlt den Polen und auch den anderen der Mumm
die Gentechkonzerne, wegen Saatgutverunreinigung
auf Mrd. € Schadensersatz zu verklagen
und es fehlt den Staat der Mumm endlich
einmal sein Volk nicht für Lobbyinteressen
preiszugeben und den Schutz der Schöpfung
in dem ehemals urkatholischen Land wirklich
ehrenvoll zu verteidigen.
Unbedenkliche vollwertige, gesunde
und absolut natürliche Lebensmittel
werden immer teurer werden, weil
es genug verblödete Bauern gibt,
die kurzfristig Profit kassieren wollen,
und sich auf Experimente einlassen.
Die Inder mußten den Preis (hohe Selbstmordrate
aufgrund von Überschuldung zahlen),
die Amerikaner mußten
ihren Preis zahlen (Totgeburten und Unfruchtbarkeit
bei Rindern aufgrund von Gennahrung,
hohe Saatgutgebühren, extrem ruinöse Lizenzgebühren,
Knebelverträge) und nach vielen anderen ist Polen
nun an der Reihe.
Sind die Parlamente wirklich heute zu nichts mehr
zu gebrauchen, wenn es darum geht gegen
eine Finanzmacht die Sicherheitsinteressen
eines Landes zu verteidigen?
Die Polen sollten per Volksentscheid
endlich ihre Heimat und ihre heimische
Landwirtschaft schützen, auf die Parlamente
kann man ja offenbar nichts mehr geben.