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Kommentar Atomgespräche IranDie Kriegsgefahr bleibt

Andreas Zumach
Kommentar von Andreas Zumach

Längst liegen alle Elemente für eine schrittweise Lösung des Konflikts auf dem Tisch. Doch die Dynamik des US-Wahlkampfes lassen Vereinbarungen vor November nicht zu.

D ie positiven Istanbuler Gespräche über das iranische Atomprogramm mit der Einigung auf ein nächstes Treffen am 23. Mai bedeuten zunächst ein paar Wochen Zeitgewinn. Vor allem für den um seine Wiederwahl besorgten US-Präsidenten Barak Obama.

Unter Druck von immer unverblümteren Kriegsdrohungen der israelischen Regierung gegen Iran sowie von entsprechenden Forderungen ihrer republikanischen Widersacher hatte die Obama-Administration seit dem vergangenen Herbst gegenüber Teheran mit verschärften Sanktionen und neuen Forderungen erheblich draufgesattelt. Jetzt kann der US-Präsident darauf verweisen, dass diese harte Linie erfolgreich und ein Militärschlag gegen iranische Atomanlagen nicht erforderlich ist.

Damit ist aber noch nicht sicher, dass auch der israelische Premier die Kriegsoption endlich vom Tisch nimmt. Ihm diente die Eskalation des Streits über das Atomprogramm in den vergangenen Monaten nicht zuletzt zur Ablenkung vom israelisch-palästinensischen Konflikt.

Kristin Flory
ANDREAS ZUMACH

ist taz-Korrespondent bei den Vereinten Nationen in Genf.

Jetzt gehe es darum, den Streit über das Atomprogramm Irans „Schritt für Schritt beizulegen“, erklärte die EU-Außenbeauftragte Catherine Ashton. Schon längst liegen alle erforderlichen Elemente für eine schrittweise Lösung durch wechselhafte Konzessionen zunächst der iranischen Seite und dann der westlichen Staaten auf dem Tisch. Sie wurden in Istanbul sowie bei früheren Gesprächsrunden zum Teil bereits im Detail besprochen.

Doch die Dynamiken des US-Wahlkampfes wie der gegenseitigen Beziehungen zwischen den USA, Israel und Iran lassen eine entsprechende Vereinbarung vor einer eventuellen Wiederwahl Obamas Anfang November offenbar nicht zu. Bis dahin bleibt auch die Gefahr eines Krieges bestehen.

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Andreas Zumach
Autor
Journalist und Buchautor, Experte für internationale Beziehungen und Konflikte. Von 1988-2020 UNO- und Schweizkorrespondent der taz mit Sitz in Genf und freier Korrespondent für andere Printmedien, Rundfunk-und Fernsehanstalten in Deutschland, Schweiz,Österreich, USA und Großbritannien; zudem tätig als Vortragsreferent, Diskutant und Moderator zu zahlreichen Themen der internationalen Politik, insbesondere:UNO, Menschenrechte, Rüstung und Abrüstung, Kriege, Nahost, Ressourcenkonflikte (Energie, Wasser, Nahrung), Afghanistan... BÜCHER: Reform oder Blockade-welche Zukunft hat die UNO? (2021); Globales Chaos-Machtlose UNO-ist die Weltorganisation überflüssig geworden? (2015), Die kommenden Kriege (2005), Irak-Chronik eines gewollten Krieges (2003); Vereinte Nationen (1995) AUSZEICHNUNGEN: 2009: Göttinger Friedenspreis 2004:Kant-Weltbürgerpreis, Freiburg 1997:Goldpreis "Excellenz im Journalismus" des Verbandes der UNO-KorrespondentInnen in New York (UNCA) für DLF-Radiofeature "UNO: Reform oder Kollaps" geb. 1954 in Köln, nach zweijährigem Zivildienst in den USA 1975-1979 Studium der Sozialarbeit, Volkswirtschaft und Journalismus in Köln; 1979-81 Redakteur bei der 1978 parallel zur taz gegründeten Westberliner Zeitung "Die Neue"; 1981-87 Referent bei der Aktion Sühnezeichen/Friedensdienste, verantwortlich für die Organisation der Bonner Friedensdemonstrationen 1981 ff.; Sprecher des Bonner Koordinationsausschuss der bundesweiten Friedensbewegung.
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2 Kommentare

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  • W
    Wahrheit

    Schritt für Schritt zum Atommacht!

    Die Mullahs wollten als einer Atommacht mit der Welt Dialoge führen. Jetzt tun sie es und dominieren alles. Dies war schon längst die Wille der Führung im Iran, und gewinnt sie es nun geschenkt. Hierfür gibt es keine politische Lösung. Jeder ernsthafte und verantwortliche Politiker soll es endlich wissen, dass gerade für die Vermeidung eines Kriegs das System im Iran geändert werden soll. Es ist jetzt leicht zu begreifen, dass die Mullahs nie auf Atomare Rüstung verzichten werden. Es geht um Existenzfrage für die Mullahs. Aber iranische Bevölkerung will nicht mehr die Mullahs haben.

  • MA
    Meryem Azimi

    Ich bin mir nicht so sicher, ob tatsächlich Obama der Getriebene in dieser Angelegenheit ist. Schließlich sind nicht nur die israelischen Drohungen eine Bedrohung für den Frieden in der Region, sondern auch die offensichtlichen Hegemoniebestrebungen der USA, die mit Iran auch ihre Rechnung offen haben. Man schaue sich mal die US-Militärpräsenz rund um Iran an. M.E. ist der ganze "Atomstreit" ein Vorwand - die Probleme könnten längst beigelegt sein, wenn man erstens das verbriefte Recht der Iraner auf ein ziviles Atomprogramm anerkennen würde und zweitens nicht die bereits ausgehandelten Kompromisse um Uranaustausch blockiert hätte. Und das haben die USA getan, als die Türkei und Brasilien eine Vereinbarung mit Iran ausgehandelt hatten. Genau wie die IAEA ganz offensichtlich auf US-Anweisungen handelt. Alle offenen Fragen waren 2008 geklärt - dann zauberten die USA einen "laptop" aus dem Hut: http://irananders.de/analysen/news-analysen/article/irans-nukleare-ambitionen-und-ihre-unklarheiten.html. Also wer hier der Kriegstreiber ist, bleibt die Frage. Die Iraner jedenfalls nicht, die haben weder Atomwaffen, noch wollen sie ein anderes Land angreifen.