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Liberalisierung der Kfz-ZulassungDickes B soll mobil werden

Hessens Verkehrsminister will die Kfz-Zulassung liberalisieren. Bei einem Umzug soll das Kennzeichen mitziehen. Polizisten sind nicht begeistert.

Soll beim Umzug nach Kleinmachnow dran bleiben können: Das Berliner Kennzeichen. Bild: dpa

BERLIN taz | „OHV – ohne Hirn und Verstand“, MOL – meistens ohne Lappen“, „TF – Trottelfahrer“. Mit solchen und ähnlichen Betitelungen bedenkt manch gestresster Berliner Autofahrer Fahrzeugführer aus dem Umland der Hauptstadt, wenn diese ihm zu langsam auf den Berliner Straßen unterwegs sind.

Und manch Fahrer aus den Landkreisen Oberhavel (OHV), Märkisch-Oderland (MOL) oder Teltow-Fläming (TF) flucht über „blöde Buletten“ – mit dem „B“ auf dem Nummernschild –, wenn Berliner Fahrzeugführer über Brandenburger Landstraßen schleichen, weil sie die Einfahrt zu einem Biohofladen oder Freibad am See suchen. Solche regionalen Animositäten gibt es überall in der Republik – aber bald könnte die Lokalisierung der Adressaten schwerer fallen.

Denn der hessische Verkehrsminister Dieter Posch (FDP) möchte bundesweit die Pflicht für Fahrzeughalter abschaffen, bei einem Umzug in einen anderen Kreis ein neues Kfz-Kennzeichen zu erwerben. Dafür wird Posch auf der heute in Kassel beginnenden Verkehrsministerkonferenz der Länder werben.

Verbindung zur Heimat

In Hessen gilt diese Regelung seit 2009. Wer etwa von Kassel nach Darmstadt oder von Gießen nach Frankfurt/Main umzieht, kann sein altes Kennzeichen behalten. „Autofahrer können so ihre Verbindung zu ihrer Heimat ausdrücken“, sagte Poschs Sprecher, Wolfgang Harms, der taz. Und sie sparten Geld für neue Nummernschilder.

Die neue Adresse des Fahrzeughalters muss aber weiterhin der Kfz-Zulassungsstelle gemeldet werden. Das ist notwendig, damit die Autoversicherer die jeweiligen Regionalklassen wählen können – und damit die Polizei Unfallflüchtigen auf die Spur kommen kann.

Die Deutsche Polizeigewerkschaft lehnt Poschs Vorschlag ab. Würde er umgesetzt, würde der polizeiliche Ermittlungsaufwand noch größer, so Gewerkschaftschef Rainer Wendt. Zum Beispiel bei einem schweren Verkehrsunfall mit Fahrerflucht. „Stellen Sie sich vor, wir kennen das Kennzeichen des Verursachers, können ihn aber nicht schnell genug ermitteln. Wenn wir ihn dann zwei Tage später haben, ist er nüchtern, und wir können ihm eine Trunkenheitsfahrt nicht nachweisen.“

Harms weist das zurück. Die Halterdaten seien zentral hinterlegt. Wenn diese nicht aktuell seien, weil die Fahrzeughalter sich nicht umgemeldet hätten, liege das nicht an der Nummernschildmitnahme. „In Hessen hatten wir nicht eine Beschwerde der Polizei.“

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9 Kommentare

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  • M
    martin

    solch eine regelung gilt auch schon schleswig-holstein seit einiger zeit.

  • O
    oberp

    @ Stephan Mirwalt:

    Verachtung gegenüber Radfahrern? Sie können einem wohl nur noch leid tun...

  • V
    vroompöttpött

    Endlich eine gute Idee, um den Ummeldewahnsinn zu beenden.

     

    Gerade wenn man, wie ich, mehrere Umzüge hat ist jedes Auto ein Ärgernis, der unnötig Verwaltungsaufwand verursacht und auch etwas Geld kostet.

     

    Es fehlt nur noch eine Kennzeichenpflicht für Stephan Mirwalt.

     

    Ich fahre auch nur mit dem Panzer und empfinde Stephan Mirwalt gegenüber nichts als Verachtung.

  • H
    hmpf22

    Ich wohne in Hamburg, mir würden Gebrauchtwagenkäufer ein cooles doppel-H-Kennzeichen abkaufen... Für ein OHV-Kennzeichen muss der Verkäufer wahrscheinlich noch draufzahlen!

  • FK
    Fred Kirchheimer

    Man sollte eigentlich meinen, daß die Zeit der handgeschriebenen Karteikarten schon weit vor dem Ende des letzten Jahrhunderts abgelaufen sein sollte.

     

    Bei der Verarbeitung der Daten mit der EDV ist dem System eigentlich egal, welche Ziffernfolge einem Kfz zugeordnet ist.

     

    Die lebenslange Nummer gibt es doch schon immer in GB.

    Aber wahrschweinlich ist das als Ziel einer Exkursion für Funktionäre der Zulasungsstellen nicht attraktiv genug.

     

    Außerdem bedeuten Änderungen immer zuerst einen Mehraufwand. Und warum sollte man den im Öffenbtlichen Dienst leisten, wo man doch vormittaghs damit beschäftigt ist, auf die Mittagsglocke zu wartejn und nachmittags schon mal eher geht um nicht in den Abendverkehr zu kommen.

     

    Solange die staatlichen Stellen den Service am Bürger als Übel sehen, werden sie sich gegen jede Änderung mit Händen und Füßen wehren.

  • SM
    Stephan Mirwalt

    Endlich eine gute Idee, um den Ummeldewahnsinn zu beenden.

     

    Gerade wenn man, wie ich, mehrere Autos hat ist jeder Umzug ein Ärgernis, der unnötig Verwaltungsaufwand verursacht und auch etwas Geld kostet.

     

    Es fehlt nur noch eine Kennzeichenpflicht für Fahrräder.

     

    Ich fahre auch nur mit dem Auto und empfinde Fahrradfahrern gegenüber nichts als Verachtung.

  • B
    brikan

    Und dann ist es sehr diskriminierend mit einem alten Golf zu fahren alle das gleiche Auto

  • B
    brikan

    schön ,daß es immer nur ums Auto geht des Deutschen liebsten Spielzeug damit steht und fällt alles.Aber toll wenn es nur solche Sorgen sind.

     

     

    ich liebe diesen CAPTCHA Code

    lesbar und kurz

  • O
    OWL

    Gute Idee!

    Mir scheint es auch sehr diskriminierend mit einem Lipper Kennzeichen (LIP = "Landwirt in Panik" oder "Less Intelligent People") durch die Gegend fahren zu müssen.