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Mit 22 im Kieler LandtagJetzt wird's ernst

Der Pirat Sven Krumbeck wird mit 22 Jahren der jüngste Abgeordnete im neuen Kieler Landtag. Vorher geht er mit der Oma angemessene Kleidung kaufen.

Bald als jüngster Abgeordneter im Kieler Landtag: Der Pirat Sven Krumbeck. Bild: dpa

HAMBURG taz | Sein erstes Piratentreffen besuchte Sven Krumbeck im Jahr 2007. Damals war er 17 Jahre alt, leidenschaftlicher Computerspieler und viel unterwegs im Internet. Auf einer Szeneplattform fand er Beiträge der Piraten über Freiheit im Netz, über Internetsperren, über die Frage, ob der Bürger gläsern werden solle oder der Staat. „Es waren genau meine Themen“, sagt Krumbeck.

Krumbeck ging zum Piratenstammtisch in Kiel und stellte sich vor mit dem Hinweis, dass ihn Politik bisher nicht interessiert habe und man ihm erstmal den Unterschied zwischen Erst- und Zweitstimme erklären müsse. Ausgelacht hat ihn niemand. „Die haben gesagt: Wir erklären dir das.“

Mittlerweile ist Krumbeck 22 Jahre alt, hat den Piraten-Landesverband Schleswig-Holstein mitgegründet und weiß sehr genau, dass es 8,2 Prozent der Zweitstimmen waren, die die Piraten bei der Landtagswahl in Schleswig-Holstein geholt haben. Die Piraten stellen damit im neuen Landtag sechs Abgeordnete und Krumbeck wird als jüngster in den Landtag einziehen.

Welche Ziele er verfolgen wird? „Bildung und Jugend sind meine Steckenpferde“, sagt Krumbeck. Er wolle Chancengleichheit, mehr Medienkompetenz in der Lehrerausbildung und eine Schulpolitik, die sich nicht ständig ändert. Wie steht er zum längeren gemeinsamen Lernen, wie es Grüne, SPD und SSW wollen? „Wir haben in der Partei noch keinen Beschluss dazu. Ich finde, das längere gemeinsame Lernen ist ein guter Weg.“

Selbst hat Krumbeck die Realschule abgeschlossen und eine Ausbildung zum Mediengestalter gemacht. Seine Stelle bei einer Werbeagentur in Kiel ist kürzlich ausgelaufen. Wenn es Anfang Juni im Landtag weitergeht, will Krumbeck seinen Job sehr ernst nehmen und das durch angemessene Kleidung zum Ausdruck bringen. „Ich werde vorher nochmal mit meiner Oma zum Einkaufen gehen“, sagt er. „Wahrscheinlich wird es ein Anzug.“ 

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9 Kommentare

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  • H
    Hansel

    @Helga

     

    Soweit mir bekannt, erhält ein Angeordnetet im Kieler Parlament ca. EUR 9.000 brutto, wovon EUR 1.500 in eine Altersvorsorge-Rücklage eingestellt werden müssen - diese ist privat zu organisieren und hat nicht, aber auch gar nichts mit einer - tatsächlich ohne jeden Grund von der Allgemeinheit bezahlten - Beamten-Pension zu tun. Darüber hinaus sollte man nicht unterschätzen, was für ein Einsatz notwendig ist, um ein Landtagsmandat zu erzielen. Dass das Gehalt sehr hoch ist, und auch tatsächlich höher als das der allermeisten Banker (bei denen ja auch nicht alle nur Großverdiener sind, man hört halt in den Nachrichten nur was von den Boni-Millionären, die Tarifangestellten werden ja nicht erwähnt) ist klar und wird auch nicht bezweifelt. Dennoch sollte man hier richtige Zahlen verwenden.

     

    Die Linkspartei mag eine dümmliche Partei voller nostalgischer, frustrierter Verlierer und DDR-Diktatur-Liebhaber sein - "rechtsradikal" ist die Partei jedoch meines Wissens nicht.

  • T
    thom

    ...ach Helga, liest man da etwa Neid in deinem Kommentar?

    Noch kannst auch du dich bei den Piraten melden und mit etwas Glück und viel Engagement nen Posten abgreifen.

    Übrigens wurde die Allgemeinheit zum Einzug des Herrn Krumbeck ins Parlament befragt. Er wurde gewählt und zwar von 8.2% derer die letzten Sonntag in SH zur Wahl gegangen sind.

    Es ist gut das sich Politik 'verjüngt'. Das die älteren Akteure nichts taugen haben sie die letzten Jahre zu genüge unter Beweis gestellt. Herrn Krumbeck wünsche ich bei seiner spannenden Aufgabe viel Erfolg.

  • F
    Freund9

    @helga leider kann ich ihnen nicht ganz folgen ist Geld verdienen jetzt gut oder böse ? sollte ein 22jähriger für die gleiche Arbeit weniger verdienen ? Verdienen sie ihrer Meinung nach gar zu wenig ?

  • KR
    Karl Ranseier

    @Helga

     

    Laut Focus (1) verdient ein Landtagsabgeordneter 8200 Euro, inkl. den Bezügen für die Altersvorsorge.

    Laut www.hintergrund.de (2) sind es 7000 Euro, zuzüglich 1500 Euro zweckgebunden für die Altersvorsorge, also insgesamt 8500 Euro.

     

    Das sind in etwa 2/3 der von Ihnen behaupteten Summe. Wo haben Sie die denn her?

     

    Und die Piraten sind die Partei, die sich für die Abschaffung der angesprochenen diversen Zulagen ausspricht.

     

    Und warum sollte kein 22Jähriger in ein Landesparlament und für seine Arbeit dort angemessen entlohnt werden? Wir haben eh schon viel zu viele alte Politiker.

     

    Lieben Gruß

    Karl R.

     

     

    1) http://www.focus.de/politik/deutschland/diaeten/schleswig-holstein_aid_28457.html

     

    2) http://www.hintergrund.de/201205042049/kurzmeldungen/aktuell/piratenpartei-kieler-landesparlament-soll-finanziell-abspecken.html

  • J
    jjpreston

    @Helga

    Wenn man rumprollt, dann bitte mit richtigen Zahlen.

    Die steuerpflichtige Aufwandsentschädigung beträgt 6.990,46 € in SH (§ 6 (1) SH AbgG). Wird er zum Fraktionsvorsitzenden bestimmt oder Vizepräsident des Parlamentes, erhält er zusätzlich 72% dieses Betrages als Zuschlag, als parlamentarischer Geschäftsführer seiner Fraktion 45% Zuschlag (§ 6 (2) SH AbgG). Beides zusammen ist nicht kombinierbar (§ 6 (4) SH AbgG).

    Aufwendungen werden wie folgt erstattet:

    - bis zu 900 € monatlich für die Beschäftigung von Mitarbeitern (nur mit Nachweis, gilt nicht bei Verwandten oder Verheirateten, § 9 SH AbgG)

    - Reisekostenerstattung für die Ausübung des Mandats im Wahlkreis und die Teilnahme an Landtagssitzungen (§ 10 SH AbgG), zusammengesetzt aus Fahrt- (30 Cent pro Kilometer bei Kraftfahrzeugbenutzung oder Kosten der 1. Klasse in öffentlichen Verkehrsmitteln exklusive Taxi, mit Nachweis - § 13 SH AbgG) und Übernachtungskostenerstattung (nur bei zwingenden Gründen (§ 12 SH AbgG)

    - Entschädigung zur Finanzierung der Altersvorsorge (Voraussetzung: Ohne Kapitalwahlrecht) auf Antrag in Höhe von 1.500 Euro (§ 17 SH AbgG)

    Kann man alles nachlesen - wenn man will.

     

    12.500 € sind es übrigens nicht mal bei Bundestagsabgeordneten.

  • B
    bee

    Liebe Helga, wissen Sie da Genaueres? Bisher war ich davon ausgegangen, dass alle Mitglieder des Schleswig-Holsteinischen Landtages ihre Bezüge aus öffentlichen Mitteln erhalten, also auch dann, wenn sie den Grünen angehören. Dass nur Abgeordnete der Piratenpartei vom Steuerzahler alimentiert, während die Gehälter der FDP nachts von lila Einhörnern abgeworden würfen, entzog sich bislang meiner Kenntnis. Man weiß ja so wenig.

     

    Ich zum Beispiel war auch immer noch der Meinung, es seien 6.990,46 € (kleiner Tipp, Helga: immer mal gucken, ob die Zahlen frisch sind oder noch nach Deutscher Mark riechen), und das auch noch brutto und inklusive diverser Zulagen, also müsste man davon ja die Altersvorsorge auch noch abrechnen. Das machen die von der SPD übrigens genau so, die kriegen nämlich auch nicht weniger.

     

    Und den Pensionsanspruch von 2,5% der Entschädigung pro Jahr kann man auch nicht endlos steigern, bei 67,5% ist Schluss. Das kennen die beim SSW. Und bei den Linken. Und alle zusammen müssen sie mit der Auszahlung ihrer Pensionsansprüche bis 67 warten. Echt jetzt, Helga: da bekommt ein 22-jähriger Pirat nach einer Legislaturperiode Landtag 873,81 € Pension. 40 Jahre später. Wie einer von der CDU.

     

    Helga, sind Sie noch da? Oooch.

  • H
    halue

    @helga: banker verdienen mehr als so ein kleiner abgeordneter. ich finde diesen schritt sehr mutig.

    und das die linken rechtsradikal sind, das bezweifle ich ja doch etwas.

    beste grüße, halü

  • K
    Klaus

    Helga hat wohl ihre Rundstücken im Oberstübchen nicht richtig sortiert. Der junge Abgeordnete der Piraten muss genauso Steuern zahlen und muss von seiner Diät auch Wahlkreismitarbeiter_innen bezahlen. Vllt. bleibt da was von 2000 bis 2500 € übrig. Ist immer noch gut, aber längst nicht steinreich und weit weniger als 99% der Banker. Rentenansprüche als Abgeordneter erwirbt er übrigens nach 2 Legislaturperioden. Muss also erst mal wieder gewählt werden, um ausgesorgt zu haben.

  • H
    Helga

    Mit 22 im Kieler Landtag - und jetzt ein Brutto-Gehalt von ca. 12.500 EUR zzgl. diverser Zulagen. Das wurde in dem Artikel offenbar vergessen, der Typ hat jetzt lebenslang ausgesorgt - und zahlen darf das die Allgegemeinheit. Super, die freut sich bestimmt, die Allgemeinheit! Aber die darf ja mit ihrer Parteienfinanzierung auch rechtsradikale Parteien wie die Linkspartei oder NPD finanzieren. Nett von dieser Allgemeinheit - aber die wird ja auch nicht gefragt. Tja, wenn wir den nicht hätten, was wäre dann? Aber hören wir lieber auf, hier vom Paradies, von Freiheit und Gerechtigkeit zu träumen - die Realität sind steinreiche 22jährige, die mehr verdienen als 99,9 % der Banker.