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Landtagswahl in Nordrhein-WestfalenDas entscheidende Prozent

Die Piraten neu im Landtag, die FDP wieder. Kommt die Linke rein, wird es eng für Rot-Grün in NRW. Und die CDU könnte trotz miesem Wahlergebnis mitregieren.

Ob der Wahlsonntag so lustig wird, wie Hannelore Kraft (l, SPD) und Sylvia Löhrmann (Grüne) sich das denken? Bild: dpa

DÜSSELDORF taz | Nicht einmal zwei Prozent der abgegebenen Stimmen: Sie werden für den Ausgang der nordrhein-westfälischen Landtagswahl entscheidend sein.

Zwar liegt die rot-grüne Koalition von SPD-Ministerpräsidentin Hannelore Kraft und ihrer grünen Stellvertreterin Sylvia Löhrmann in allen Umfragen vorn. Und Krafts CDU-Herausforderer Norbert Röttgen droht die Deklassierung. Doch am Ende könnte die Union trotz eines miesen Wahlergebnisses auf der Regierungsbank landen.

Der Bundesumweltminister, der sich in Berlin bereits zum Nachfolger von Bundeskanzlerin Angela Merkel aufbauen wollte, muss fürchten, nicht einmal 30 Prozent zu holen. Röttgens Karriere droht damit der Knick: Schon heute spekulieren führende Christdemokraten, ob Röttgen nach einer krachenden Niederlage als Landesvorsitzender zu halten sei – in der Hauptstadt wäre seine Hausmacht als Chef des größten Landesverbands dann dahin.

NRW-Wahl

Die Ausgangslage: Seit 2010 regierte in Nordrhein-Westfalen eine rot-grüne Minderheitsregierung. Bei der vorgezogenen Neuwahl am Sonntag wird es knapp für eine rot-grüne Mehrheit reichen, wenn nur zwei der drei Kleinparteien FDP, Linke und Piraten über die Fünfprozenthürde kommen.

Die Prognosen stammen von den Instituten infratest dimap, yougov und der Forschungsgruppe Wahlen. In Klammern ist das Wahlergebnis von 2009 angegeben.

SPD: 37 bis 38,5 Prozent (34,5)

CDU: 30 bis 31 Prozent (34,6)

Grüne: 11 bis 12 Prozent (12,1)

FDP: 5 bis 6 Prozent (6,7)

Linke: 3,5 bis 4 Prozent (5,6)

Piraten: 7,5 bis 9 Prozent (1,6) (ga)

Retten könnte Röttgen ausgerechnet die Linkspartei. Die dümpelt in den Prognosen zwar mit miesen 3,5 bis 4 Punkten dahin. Doch das renommiertere Infratest-Institut sah die Linke zuletzt im Aufwind. Bei einer Nichtwählerquote von 40 Prozent entscheiden damit im bevölkerungsreichsten Bundesland nicht einmal 80.000 Wähler darüber, ob künftig fünf oder sechs Parteien im Düsseldorfer Landtag sitzen. Das entspricht der Einwohnerzahl einer „Metropole“ wie Castrop-Rauxel.

Vor allem den Grünen stehen vor einem Problem. In einem Sechs-Parteien-Parlament wäre eine gemeinsame absolute Mehrheit mit der SPD nicht zu erreichen. Zwar schließt Regierungschefin Kraft auch eine erneute Minderheitsregierung offiziell nicht aus – doch das nimmt der Genossin in Düsseldorf niemand ab: Mit unsicheren Politikmodellen fremdelt die SPD, die NRW jahrzehntelang allein regiert hat, nach wie vor.

„Entweder es gibt Rot-Grün oder Frau Kraft wird mit jemanden von der CDU regieren“, warnt Grünen-Spitzenkandidatin Sylvia Löhrmann. Andere Grüne jammern schon über die „Ungerechtigkeit“ der WählerInnen: „Wir lagen doch monatelang über 15 Prozent.“

Der Rest Würde für Röttgen

Röttgen könnte ein Wiedereinzug der Linkspartei vor dem Schlimmsten bewahre. Zwar geht der Aufschwung der FDP, die mit ihrem Frontmann Christian Lindner wieder sicher im Landtag gesehen wird, vor allem auf Kosten der CDU. Trotzdem bliebe der SPD nur die große Koalition – „keine inhaltliche Grundlage“ gebe es „für eine Ampel mit der FDP“, machte Löhrmann klar.

Röttgen dagegen könnte seinen Rückzug aus der Landespolitik mit einem Rest Würde inszenieren. Der Herausforderer würde sich formell feiern, weil er seine Christdemokraten wieder in die Regierung gebracht hat – so sieht das NRW-Ausstiegsszenario des Rheinländers aus. Bereits 2010 hatte die SPD mit einem rot-schwarzen Bündnis geliebäugelt. Gemeinsame Gespräche scheiterten jedoch, weil der damalige CDU-Vorsitzende Jürgen Rüttgers darauf beharrte, Ministerpräsident zu bleiben.

Diesmal ist die Ausgangslage anders. CDU-Herausforderer Röttgen kann sich nicht einmal sicher sein, es selbst überhaupt in den Landtag zu schaffen. In Bonn-Beuel tritt er gegen den geerdeten Sozialdemokraten Bernhard von Grünberg an – und der hat seinen Wahlkreis 2010 furios gewonnen.

Zwar steht Röttgen auf Platz eins der CDU-Landesliste. Doch in der konservativen Provinz, im Sauer- und im Münsterland dürfte die Union so viele Mandate holen, dass die Liste nicht zieht. Um im Landtag mitreden zu können, müsste Röttgen einen direkt gewählten Parteifreund zum Rückzug zwingen – die Blamage wäre perfekt.

Unterschiede zwischen SPD und CDU schrumpfen

Gleichzeitig sind die inhaltlichen Differenzen zwischen Roten und Schwarzen auf Landesebene so gering wie nie. Während die SPD plötzlich ihren Sparwillen bekundet, ist die CDU ist von Forderungen wie der Wiedereinführung der Studiengebühren sowie der Abschaffung der Beitragsfreiheit für das letzte Kita-Jahr abgerückt. Die Bildung eignet sich ohnehin nach dem „Schulkonsens“ nicht mehr für Grabenkämpfe. Auch in der Arbeitsmarkt- und Sozialpolitik sind die Unterschiede trotz aller Wahlkampfrhetorik klein. Und in der in der Industriepolitik stand die SPD der CDU immer näher als den Grünen.

Hannelore Kraft dagegen dürfte nicht einmal das seit Monaten kursierende Gerücht schaden, ihre Staatskanzlei und das SPD-geführte Familienministerium habe Autoren des extrem CDU-kritischen „Wir in NRW“-Blogs nach ihrer Wahl mit lukrativen Aufträgen versorgt. Im Wahlkampf 2010 war der damalige CDU-Regierungschef in die „Rent a Rüttgers“-Affäre verstrickt. Es ging um käufliche Gespräche mit Jürgen Rüttgers. Die anonymen Blogger befeuerten die Debatte immer wieder mit CDU-internen Informationen.

Einer von ihnen sei der Ex-Focus-Mann Karl-Heinz-Steinkühler gewesen, deutet der Stern jetzt an. Er habe nach der Wahl Aufträge in sechsstelliger Summe einkassiert. Steinkühler will seine Bloggerei „weder bestätigen noch dementieren“. Doch ein Zusammenhang lässt sich nicht beweisen. Krafts Sprecher Thomas Breustedt kann die Affäre deshalb einfach weglächen: „Das ist dünne Suppe.“

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11 Kommentare

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  • BA
    Bürger aus Ohlsdorf

    @tom: "Wann kapiert der Wähler endlich das man die FDP wirklich nicht mehr braucht?"

     

    Wann kapieren Sie endlich, dass die Frage, ob eine Partei "gebraucht" wird von den Wählern und nicht von Ihnen beantwortet wird. Und etwa 3,5 mal so viele Menschen in NRW meinten, dass eher die FDP als die Linke gebraucht wird.

  • M
    Marcus

    Es ist keine Ungerechtigkeit der Wähler wenn es für Rot/Grün nicht reicht sondern Gerechtigkeit. Viel zu durchsichtig war es die Minderheitsregierung absichtlich dann platzen zu lassen als die Umfragen gut waren. Um ein solches "aussuchen" eines geeigneten Wahltermins durch die Regirung zu verhindern gibt es die festgelegten Legeslaturperioden. Mann könnte sogar so weit gehen solche Wahlen als nicht fair zu bezeichnen. Fals diese Manöver also doch noch nach hinten losgeht häten die Regierung gekriegt was sie verdient(ohne bezug auf die Poletik gemeint).

  • HK
    henner Kröper

    Röttgen könnte ein Wiedereinzug der Linkspartei vor dem Schlimmsten bewahre.

    Also linke Wähler, wählt SPD, damit CDU regiert. Da wählt man denn doch besser die Linke.

  • HP
    Held P.

    Wenn es für Rot-Grün nicht reicht müssen sie halt mit den Piraten zusammen. Na und.Auf keinen Fall mit der CDU und schon gar nicht mit den Mövenpickern. Schöner Gruß aus Österreich.

  • JR
    Jürbert Röttgers

    Immer schön auf die Linke hauen, all's d'rauf! Immer schön den Mythos von der FDP im Aufwind weiterstricken, dann glaubens bald auch alle und dann ist natürlich Die Linke schuld wenn rotgrün nichts wird. Das es, wenn die FDP oder die Piraten nicht reinkommen auch zu rotgrün reicht - egal. Hauptsache die linken sind schuld...

  • DQ
    Der Querulant

    "Unterschiede zwischen SPD und CDU schrumpfen"

     

    Ach was, auch schon aufgefallen?

     

    Sollte es zu einer großen Koalition kommen, sollten CDU und SPD damit rechnen, bei der nächsten Wahl unter 20% zu landen. Denn das wäre eine Katastrophe für NRW. Schließlich träumen beide Parteien ja immer noch von ihren Zeiten als Volksparteien, werden sich gegenseitig nicht weh tun wollen und müssen somit das so zu erwartende politische Desaster auch gemeinsam verantworten. Und das wird dann auch endlich Folgen haben.

  • A
    Arne

    Na, der Artikel enthält ja mal wieder extrem viel Fakten, was Nordrhein-Westfalen blühen würde, käme die böse Linkspartei ins Parlament und der Wählerwille würde im Parlament tatsächlich demokratisch repräsentiert werden trotz aller gegenteiligen Versuche, dies mit einer 5%-Hürde zu unterbinden.

    Kraft könnte auch diese Legislaturperiode schon eine große Koalition haben anstatt einer Minderheitsregierung. Das kann sie aber ihrer Basis nicht verkaufen und wird dies auch nach den Neuwahlen nicht machen können.

    Politisch würde das btw sowieso nicht all zu viel heißen. Es gäbe mit rotschwarz statt mit rotgrün vielleicht kein bayrisches Rauchverbot und keine bayrische Sonntagshuldigung (die verkaufsoffenen Sonntage könnten evtl. beibehalten werden). kein Wählen ab 16, keine Frauenquote für Managerinnern und andere "Ackerfrauen", mit Sicherheit auch kein Bafüg für Millionärskinder und wohl auch mit Sicherheit kein generelles Tempolimit auf den Autobahnen. Leider sähe es auch für das Sozialticket und die Abschaffung der Praxisgebühr schlechter aus, aber das hätten SPD und Grüne, wenn sie dies wirklich gewollt hätten, auch im alten Landtag mit der Linken schon lange durchsetzen können.

  • J
    jonny

    Mann, ej, das ist doch ein altes Thema. Im Internet sind Tausende von Auftrags-Bloggern unterwegs, die für Kohle irgendwelche Scheißkommentare posten. Besonders gegen die LINKEN: Gossip, Verleumdungen, üble Nachrede, kampagnenmäßig, die ganze Palette. . Du merkst es oft an den Sprachregelungen, die der Auftraggeber vorgibt und ein guter Admin merkt das sofort. Ich will euch mals was sagen, das Internet steckt voll mit fake. All die unwahre Scheisse, die Politiker von ihren Taschenträgern ins face oder twitter schreiben lassen , ist doch alles efundener fake. Da werden Alltagsgeschichten fantasiert, um zu zeigen he, ich bin ein Mensch genau wie du.Alles klar. Das Netz eignet sich nicht für die Politik, es steckt voll mit Desinformation und nicht-verifiziertem Kram.

  • UM
    Ulli Müller

    Dann muss die SPD mal zeigen wie weit ihr Wille zu Demokratie und sozialer Politik ist.

    Sollte das soziale, demokratische Gewissen (Die Linke) den Ladtag erreichen,

    dann sind alle gefordert! SPDGRÜNEPIRATENLINKE.

    Oder will man schon die große Koalition für Bonn testen,

    dann kommt die gute alte SPD dann endlich bei unter 15 % an.

  • E
    E.A.

    Was für eine miese billige Stimmungsmache gegen die Linken! Wenn die Piraten und die FDP ausm Landtag fliegen, kann doch auch Rot-Grün regieren... einfach nur extrem billig und eines demokratischen Mediums UNWÜRDIG!

  • T
    tom

    Wann kapiert der Wähler endlich das man die FDP wirklich nicht mehr braucht?