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Das Lumix-Festival in HannoverLicht und Schatten - hier und dort

Lumix zeigt ab heute internationale Reportage-Serien und Multimedia-Shows von 78 jungen Fotojournalisten. Doch trotz des Festivalerfolgs knirscht es hinter den Kulissen.

Kids of Sodom: Elektroschrottsammler in Ghana Bild: Kai Löffelbein

HANNOVER taz | „Die Kamera ist wie ein Pass in andere Realitäten. Ich kann damit von der High Society bis hin zu gesellschaftlichen Aussteigern, wie für meine Reportage hier, alles kennenlernen. Das ist das Spannende am Beruf Fotojournalist.“

Was Student Jonas Wresch hier beschreibt, würden so oder so ähnlich wohl alle ausstellenden Fotojournalisten und die Studierenden in Hannover über ihre Arbeit sagen. Davon können sich die Besucher auch direkt überzeugen, denn die jungen Nachwuchsfotografen führen persönlich durch ihre Ausstellungen und stehen Rede und Antwort.

Wresch, der gut als offener und diskreter WG-Mitbewohner durchgeht, hat für seine Fotos schon öfter kleine Lebensgemeinschaften begleitet. Für die gezeigte Sozialreportage wohnte er bei Menschen, für die das Leben auf einem Campingplatz bei Gifhorn die beste unter den schlechten Alternativen ist, wenn man wenig Geld hat. „Ich wollte da nicht so boulevardmäßig rangehen. Deswegen habe ich mich für ein ruhiges Format entschieden, um so den Menschen ein bisschen mehr Distanz zu geben.“

Das Lumix-Festival

Das Festival findet statt vom 13. bis 17. Juni 2012, täglich von 10 bis 20 Uhr.

Ein Ticket kostet 7 Euro, ermäßigt 5 Euro.

Es gibt neun Ausstellungsorte an der Expo Plaza.

Eingesandt wurden mehr als 1.300 Bewerbungen aus 77 Ländern.

Insgesamt gibt es 3.500 Quadratmeter Ausstellungsfläche, 1.000 Meter Ausstellungswände und spezielle Führungen.

2010 kamen 20.000 Besucher, fast doppelt so viele wie beim ersten Mal 2008.

Am Samstag werden ab 20 Uhr der Freelens-Award, der Lumix Multimedia Award und der Lammerhuber Photography Award verliehen und anschließend gefeiert.

Mehr Infos: www.fotofestival-hannover.de

Der 24-Jährige, der seit 2009 in Hannover studiert, hat unter anderem fotografiert, wie sich ein kleiner Junge in Gummistiefeln und Jacke auf der gepolsterten Sitzbank seines Zuhause, einem Wohnwagen, seelenruhig ausruht.

Fünf Tage lang sind rund 1.400 Fotos an neun Standorten rund um die Expo Plaza zu sehen. Die Multimedia-Beiträge werden im neu für die Fakultät Medien, Information und Design hergerichteten, runden „Planet MID“ gezeigt, dem ehemaligen Bertelsmann Pavillon. Die Veranstaltung will sowohl Treffpunkt der Branche sein, als auch offen für alle Foto-Interessierten.

„Wir möchten auf ganz breiter Ebene an Fotografie heranführen. Wir bieten Simultanübersetzungen Englisch-Deutsch für Führungen und Vorträge an. Junge Besucher sind besonders willkommen. Sie sind die Leser von morgen“, sagt Rolf Nobel, der das Festival gemeinsam mit Freelens, der Vereinigung der Fotojournalisten, 2008 aus der Taufe gehoben hat.

Internationale Studenten-Delegationen werden von unter anderem der Missouri School of Journalism anreisen. Damit fördere das Lumix Festival auch den fehlenden Austausch in der Ausbildung, sagt Nobel. Auch zögen die Portfolio-Sichtungen mit Profis junge Fotojournalisten und Talent-Scouts von überall her an. Den Studiengang Fotojournalismus und Dokumentarfotografie hat der gestandene Fotojournalist seit Antritt seiner Professur im Jahr 2000 konsequent spezialisiert.

Heute kann Nobel sich die potenziell Besten unter den Studienbewerbern aussuchen. So wie es Noch-Student Kai Löffelbein inzwischen ist. Für die ausgestellte Reportage „Kids of Sodom“ über Kinder, die auf Müllhalden in Ghana Elektroschrott sammeln, erhielt er im Mai den Henri-Nannen-Preis und 2011, als erster Deutscher, den Preis „Unicef-Foto des Jahres“. Löffelbeins Beitrag steht für den anderen thematischen Pol im Fotojournalismus, die internationalen Krisengebiete.

Wie für Wresch kam aber auch für ihn nur Hannover in Frage. „Hannover ist die Schule für Fotojournalismus in Deutschland, wenn nicht sogar europaweit. Ich hatte Politik studiert, als Fotograf in Berlin gearbeitet. Dann wollte ich mich perfektionieren“, sagt der 31-Jährige. „Viele Studenten hier haben schon Ausbildungen hinter sich und sind etwas älter als in anderen Studiengängen. Aber ich finde, ein guter Journalist kann ruhig ein bisschen Lebenserfahrung mitbringen und sollte seine Sicht der Welt ein stückweit geschärft haben.“

Löffelbein weiß aber auch, dass er einen langen Atem braucht, um sich am Markt zu behaupten. Schon aus diesem Grund nimmt Nobel seinen Studierenden von Anfang an jegliche Illusion und erwartet größten Einsatz.

Das gilt auch für das zweijährig stattfindende Festival. „Ohne die Organisations- und Arbeitsleistung eines Großteils der Studenten wäre diese umfangreiche Veranstaltung mit ihrem 250.000-Euro-Etat schlicht unmöglich.“

Bedenken bezüglich des Hauptsponsors und Namensgebers, dem Elektronikunternehmen Panasonic, hat Nobel nicht. Die inhaltliche Gestaltung liege ganz beim Studiengang. „Panasonic fehlte mit seiner recht jungen Fotosparte die eigene Fotokultur. Die liefern wir ihm mit dem Lumix Festival.“ Außerdem bekäme das Festival nur aufgrund der renommierten Auszeichnungen für die Studierenden, und damit für die Ausbildung, die nötigen Drittmittel zusammen.

Im Kontrast zu Engagement und Erfolg von Festival und Studiengang verlangt das Präsidium der Hochschule Hannover in diesem Jahr erstmals eine EU-konforme Abrechnung, wie für eine gewerbliche Veranstaltung. „Damit unsere Kalkulation aufgeht, müssten wir die niedrigen Eintrittspreise, um möglichst viele Menschen zu erreichen, quasi mit dann zweckentfremdeten Sponsorenmitteln ausgleichen.“ Von der Hochschule erhalte man kein Geld, nutze aber natürlich Räume und teilweise das Personal. „Die Zusammenarbeit mit der Hochschule hat uns diesmal alle viel Nerven gekostet.“

Laut Nobel stehen so rund 50.000 Euro im Raum, um die der Etat unplanmäßig belastet würde. Das Festival gehört für ihn zwar nach Hannover, aber nicht mehr zwingend unter die Ägide der Hochschule. Zudem liegen Nobel schon Angebote von anderen Orten in Deutschland für die Ausrichtung vor. Hier käme es auf die Bedingungen an.

Das ist aber nicht der einzige Konflikt zwischen Studiengang und Hochschule. Zu Semesterbeginn begannen wegen des doppelten Abiturjahrgangs und des Hochschulpaktes 2020 fast doppelt so viele Studienanfänger. Bei der doppelten Zahl soll es auch in diesem Jahr bleiben, obwohl es an den dafür notwendigen Räumen und Kapazitäten mangelt.

Im März erst hatten die Studierenden öffentlich gegen die schlechten Studienbedingungen aufgrund der Auflagen von Wissenschaftsministerin Johanna Wanka (CDU) und Hochschulpräsidentin Rosemarie Kerkow-Weil demonstriert.

Wenn die Beteiligten heute das 3. Lumix Festival feierlich eröffnen, werden die Seiten den Schulterschluss zu Gunsten von Veranstaltung und Hochschule wahren. Und dann gilt: Nach dem Spiel ist vor dem Spiel.

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