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Filmreihe auf ArteViele Rebellen und ein Exzentriker

Legenden, Außenseiter und tragische Helden: Am Sonntag startet auf Arte der „Summer Of Rebels“. Neben richtig guten Beiträgen sind auch ziemlich biedere dabei.

Rebellenhände beschmieren Tisch und Wände: Im Programm von Arte den ganzen Sommer lang. Bild: bigway/photocase.com

Was genau ist eigentlich ein Rebell? Und ist das was Gutes oder was Schlechtes? Vielleicht sind bald zumindest diejenigen ein bisschen schlauer, die regelmäßig den Kultursender Arte einschalten, denn der ruft den „Summer of Rebels“ aus und zeigt vom 8. Juli bis 2. September an neun Sonntagabenden (und ab 14. Juli unter dem Label „Kick-Off“ auch schon am späten Samstagabend) Dokumentationen, Spielfilme und Konzerte zum Thema.

Es ist das sechste Mal, dass Arte im Sommer ein Schwerpunktthema setzt. Los geht es an diesem Sonntag um 20.15 Uhr mit dem Spielfilmklassiker „Jenseits von Eden“ aus dem Jahr 1955. „Wir beschäftigen uns mit Künstlern, die gegen den Strom schwimmen und gern provozieren“, sagt Arte-Programmdirektor Christoph Hauser. „Dabei beschäftigen wir uns mit Ikonen wie James Dean genauso wie mit aktuellen Stars.“

Insgesamt gibt es immerhin 13 Neuproduktionen zu sehen, und trotzdem wirkt das Gesamtprogramm ein bisschen angestaubt. Zu poptheoretisch abgenudelt sind viele der ausgewählten Künstler. Marlon Brando, The Doors, Pink Floyd, Johny Cash, Jimi Hendrix – höchstens beinharte, ultranostalgische Alt-68er mit einer Vorliebe für schweren Rotwein können sich vielleicht an diesem Kanon erfreuen und die gute alte Zeit verherrlichen.

Manches ist richtig ärgerlich

Das heißt nicht, dass die Beiträge mit den genannten und weiteren bekannten Künstlern alle schlecht sind, aber ein bisschen weniger konservativ hätte die Auswahl gern sein dürfen. An manchen Abenden wird es sogar richtig ärgerlich: Da gibt es zum Beispiel ein Udo-Lindenberg-Konzert von 2012, eine Doku über U2 und einen Mitschnitt vom Scorpions-Auftritt in Wacken. Biederer geht es kaum. Was immer Rebellentum sein mag – das ist es nicht.

Anmoderiert werden die Beiträge vom exzentrischen Schauspieler und Sänger Ben Becker. „Zuerst habe ich mich schon gefragt, ob mir das so recht ist, in die Schublade des Vorzeigerebellen gesteckt zu werden“, sagt er. „Aber dann habe ich mir gesagt: warum eigentlich nicht? Diesen Ruf habe ich mir schließlich hart erarbeitet.“ Die Begriffsdefinition ist für ihn relativ klar: „Für mich ist ein Rebell jemand, der die Welt, in die man ihn reingepflanzt hat, infrage stellen muss. Er hat keine Wahl, für ihn ist das ein tiefes inneres Anliegen.“

Beim Sender ist seine Meinung aber wohl nicht so gefragt gewesen. „In Planung und Konzeption des Programmschwerpunkts war ich weniger eingebunden“, sagt Becker. „Ich fungiere jetzt als Ansager wie früher die Tante im ZDF, stehe vor einem Ford Mustang und gucke cool in die Kamera.“

Satte Widerständler

Tante Becker darf neben den genannten Ausfällen auch zahlreiche gelungene und spannende Produktionen ankündigen: Die Dokumentation „Rebel Yell“ (11. und 18. August) beschäftigt sich mit Protestformen im Internet und auf der Straße (Hausbesetzer, Occupy), der Zweiteiler „Forever Young“ (19. August) betrachtet den Wandel jugendlicher Subkulturen von den 50er Jahren bis heute, die sehenswerte vierteilige Reihe „Too Young to Die“ (14., 21. und 28. Juli, 4. August) erzählt von Stars wie dem Komiker John Belushi und dem Schauspieler Heath Ledger, die viel zu früh aus dem Leben schieden. Dazu gibt es einige gute Filme, zum Beispiel die Erstausstrahlung von Anton Corbijns Ian-Curtis-Denkmal „Control“ (12. August).

Wer sucht, der findet im „Summer of Rebels“-Programm einige Perlen zu dem Thema, das nach Meinung von Moderator Ben Becker in Deutschland eigentlich keines mehr ist: „Mein Eindruck ist, dass echte Rebellion heute vor allem in Ländern stattfindet, in denen die Menschen nichts zu essen haben und deswegen gegen die Gesellschaftsordnung aufbegehren. Wir in der westlichen Welt sind zu satt für Rebellion.“

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6 Kommentare

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  • F
    Franz

    MichaelK: War das jetzt Selbstironie oder unbedacht?

  • AJ
    Andreas J

    Warum werden nicht Filme wie Harold and Maude oder Clockwork orange gezeigt? Es gibt jede menge gute Filme die zum Thema passen. Ben Becker ist einfach nur ein sich maßlos selbstüberschätzener und selbstverliebter Spinner. Ich hätte von Arte mehr erwartet.

  • K
    Klaus

    Rebellentum findet sich häufig in Gesellschaften und Gemeinschaften mit pyramidenförmiger Alters- oder Organisationsstruktur, in der eine junge Masse um seinen Platz in der Gemeinschaft ringt. Sie will wahrgenommen werden und Positionen erringen, die von den älteren oder stärkeren besetzt sind und strukturell nicht für alle zur Verfügung stehen. Und dies muss keine politische Dimension haben. Da geht es um einen Platz in der Hackordnung einer Fussballmannschaft oder einer Dorfgemeinschaft inklusiv der Ausbruch aus dieser um in der "großen Welt" sich zu zeigen und ein eigenes Revier zu erobern. Manchen reicht es, wenn das die nächste Disko ist, bei manchen muss es dann, die ganz große Nummer sein. Es sind dabei nicht unbedingt die Starken, die zu Rebellen werden, sondern oftmals gerade die Schwachen, die ihrer eigenen Schaffenskraft nicht vertrauen, den Platz den sie sich für sich erwünschen oder die Lebensumstände, die sie sich erhoffen mit eigener Kraft zu erreichen. Da wird dann schon mal ein Haus besetzt um den Weg zum Ziel ab zu kürzen und um nicht in die eigenen Hände spucken zu müssen. Die Starken unter den Rebellen, wollen oftmals etwas ganz neues kreieren, eine eigene Szene, ein eigenes "Reich" etwas noch nichtda gewesenes. Diesen Typus findet man häufig in der Kunst im Film und in der Architektur, wo das neue dann auch gleich sichtbar wird, aber auch im Unternehmertum, wo neue Ideen in die Wirklichkeit umgesetzt werden. Wenn Rebellen, dann noch zu vermeidlichen Helden werden, ist das dann die ganz große Nummer, die dann schon mal in Hollywood zur Verfilmung landet.

  • YB
    ya basta!

    Extrem bieder, wenn diese Beschreibung der Sache gerecht wird, von arte ist man eigentlich mehr gewohnt als "Die Revoluzzer von der CDU", biedere 50er Jahre Idole, pseudoaufrührerisch-bourgeoiser Prägung.

     

    Ein bisschen weniger Occupy und James Dean, dafür mehr La rage du people (HALLO, arte, gab's da ne direkte Einflussnahme aus Paris?!) und Subcommandante Marcos wäre sicher nicht verkehrt gewesen - wir brauchen nicht noch ein 3sat!

  • R
    rebäll

    Der Becker Ben, nebenberuflich Unterstützer der kriminellen Bande der Hehls Angels. Da sind Udo Lindenberg und U2 wenigstens ehrlich, wenn auch eben so wenig rebellisch.

  • M
    MichaelK.

    Lahme Kritik, kein Stück konstruktiv. Wenn Ihnen die Sendung nicht gefällt, schauen Sie halt was anderes. Geht mir genau so mit diesem Artikel.