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Konkurrent für Deutsche BahnVom Michel zum Dom für 20 Euro

Der „Hamburg-Köln-Express“ ist die zweite Alternative zur Deutschen Bahn auf Fernstrecken. Die erste Fahrt verspätet sich. Im Zug riecht es nach den 70er Jahren.

Hinter dem „Hamburg-Köln-Express“ stehen die US-Firma Railroad Development Corporation, die Berliner Firma locomore rail und der Investor Michael Schabas. Bild: dpa

BERLIN taz | Die Deutsche Bahn hat einen neuen Konkurrenten. Am Montag fuhr der „Hamburg-Köln-Express“, kurz HKX, erstmals die rund 450 Kilometer lange Strecke vom Hamburger Stadtteil Altona nach Köln. Der HKX soll zunächst wochentags einmal, am Wochenende bis zu vier Mal täglich verkehren.

Zumindest bei der Zuverlässigkeit scheint es wenig Unterschiede zur Deutschen Bahn zu geben: Mit sechs Minuten Verspätung erreichte der Zug den Kölner Hauptbahnhof. Bereits zuvor hatte es viele Pannen gegeben. Der Termin für die Jungfernfahrt, der ursprünglich im August 2010 lag, wurde mehrfach verschoben.

Nach einem Streit mit der Deutschen Bahn um die Bereitstellung des Schienennetzes klagte die HKX gegen ihrer Ansicht nach zu hohen Entgelte für die Nutzung der Bahnhöfe. Schließlich konnten die in Österreich gekauften Züge nicht rechtzeitig modernisiert werden. Deshalb fährt HKX derzeit mit Mietwaggons, die in den 70er Jahren bereits für den „Rheingold“-Express fahren sollten.

Deshalb ist ein Trip mit der Privatbahn derzeit noch eine Reise in die Vergangenheit. Beim Einsteigen riecht der Fahrgast eine Mischung aus Plüschsofa, Öl und Schweiß. Die Polster in den Abteilen sind zwar frisch bezogen, die Toiletten neu eingerichtet, aber sonst ist alles so wie damals. Es gibt Schwingtüren, Aschenbecher in den Armlehnen – und viele kleine Spiegel.

Joint Venture

Das Unternehmen „Hamburg-Köln-Express GmbH“ ist ein Joint Venture der amerikanischen „Railroad Development Corporation“ und der Berliner „locomore rail GmbH & Co“, außerdem ist ein kanadischer Investor mit im Boot. HKX stellt die Züge und Personal, den eigentlichen Betrieb übernimmt eine Tochter des französischen Mischkonzerns Veolia.

Der von ihr betriebene „Interconnex“ zwischen Leipzig und Warnemünde ist die bislang einzige alternative Fernverbindung zur Deutschen Bahn. Die Preise von HKX liegen unter denen der Konkurrenz. Während man für die Strecke Hamburg-Köln im IC der Bahn 83 Euro Normalpreis zahlen muss, geht es im HKX mit Eröffnungsangebot schon ab 20 Euro los.

Maximal soll das Ticket 60 Euro kosten. Wie sich die Preise gestalten, dürfte viele Fahrgäste allerdings verwirren. HKX spricht von einem „dynamischen Preissystem“, das sich nach „den Bedürfnissen des Markts und der Nachfrage“ richte. Ähnlich wie bei Billigfliegern – und bei der Bahn – kann ein günstiges Ticket durch frühe Buchung ergattert werden.

Keine Tarifvertraaäge abgeschlossen

Allerdings zeigte das Buchungssystem bereits am Starttag für die meisten Züge den Maximalpreis von 60 Euro an. HKX lockt zudem mit Service. So gibt es Sitzplatzreservierungen ohne Aufpreis und Getränke und Snacks am Platz.

Laut Eisenbahn- und Verkehrsgewerkschaft EVG sind für die HKX-Mitarbeiter keine Tarifverträge abgeschlossen worden. „Wir gehen ab sofort aktiv auf die Mitarbeiter zu, informieren sie über ihre Rechte und bieten Unterstützung bei der Gründung von Betriebsräten und der Vorbereitung von Tarifverhandlungen an“, sagte EVG-Sprecher Oliver Kaufhold der taz.

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7 Kommentare

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  • M
    Markus

    Es sei noch anzumerken das Getränke und Snacks nicht im Ticketpreis enthalten sind sondern extra kosten und dies zwischen 1,90 Euro und 5 Euro und orientiert sich somit an den üblichen Preisen der DB Gatronomie sowie den Preisen am Bahnhof.

  • M
    Markus

    Wer glaubt das der HKX auch noch in 6 Monaten zu den gleichen Preisen fährt, der sollte sich mal das Gesellschafterkonstrukt dieses Unternehmens ansehen und er wird feststellen das ein großer Fianzinvestor dahinter steckt der bereits 16 Mio. Euro investiert hat. Dieser möchte natürlich die Investition zurück haben plus Gewinn und da viele Medien schon seit Wochen kolportierten das es sich nur um Einführungs- und Kampfpreise handelt, darf man davon getrost ausgehen das HKX nach und nach die billigen Tickets zurückziehen wird und man sich dem DB-Nieveau immer mehr annähert. Denn diese Preis wird das Unternehmen nicht halten können. Die Aussage das Fahrräder nur begrenzt und nach Voranmeldung mitgenommen werden können stimmen so auch nicht, da ein 13 jähriger Junge, so heißt es mittlerweile im Forum der WAZ-Mediengruppe trotz Reservierung vom "Purser" (ja die DB wurde gezwungen solche Ausdrücke nicht mehr zuverwenden, der HKX aber darf das oder wie) abgewisen wurde, weil keine Stellplätze im Zug vorhanden waren. 10 Euro für nix musste er in bezahlen und das Fahrrad im Endeffekt zurücklassen.

    Im übrigen kochen alle Eisenbahnunternehmen mit dem gleichen Wasser wie die DB.

  • H
    hztr

    Da kann man Geld sparen, wenn die Bahn mal wieder von Köln nach Berlin über Hamburg fährt.

  • CS
    Christian Schmidt

    Also libe Miriam Hau, das ist aber nun echt kein guter Artikel:

     

    1) Die Angaben zum fahrplan stimmen nicht - der HKX verkehr nicht wochentags einmal und am Wochenende bis zu vier Mal, sondern Montags bis Mittwochs einmal und Freitags bis Sonntags bis zu DREI mal.

     

    2) Die Angaben zu Preisen ist hoechstverfaelschend - mann kann nicht in einem Satz den Normalpreis der DB mit dem "Eroeffnungsangebot" des HKX vergleichen. Korrekt waere die beiden Sparangebote (29 zu 20 Euro) oder die beiden Normalpreise (83 zu 60 Euro) zu vergleichen. Ihr Vergleich waere z.B. als Werbung wegen verzerrter Darstellung verboten.

     

    3) Sechs Minuten verspaetung bei 450 Kilomtern als 'Panne' darzustellen ist auch ziemlich gewagt.

  • J
    Jörn

    Längst hat die Bahn erkannt, wie sie unberührt von jeder Konkurrenz viel Geld verdienen kann. Die Bahn ist Monopolist bei der Infrastruktur. Von den Schienen über die Bahnhöfe bis zum Bahnstrom. Über Mengenrabatte und andere Vertragskonstrukte wird der eigene Bahnverkehr bevorzugt. Über windige Berechnungsmodelle werden die Kosten für den Bahnverkehr aufgeblasen. Damit erhöht jede privatisierte Nahverkehrsstrecke den Bahngewinn. Damit wird klar, warum sich die Bahn nicht stärker engagiert das Chaos bei der S-Bahn Berlin zu beseitigen. Gleichzeitig verlangt die Bahn zwar hohe Streckenbeiträge vernachlässigt aber die Instandhaltung der Strecken.

    Im Ergebnis schützt sich die Bahn etwas vor der Konkurrenz und fährt vor allem zu Lasten des Bahnverkehrs insgesamt einen Milliardengewinn ein. Die Schieneninfrastuktur darf nicht wie ein Privatunternehmen gemanaged werden und sollte von dem im Wettbewerb stehenden übrigen Konzern getrennt werden.

  • MW
    Mondscheintarif weekend plus comfort national2

    Ich bin mit der Bahn recht zufrieden, auch wenn sie unter der neoliberalen Politik sehr gelitten hat (Stichwort "Kaputtsparen für die Börse"), HKX wird für mich keine Alternative.

     

    Das hängt vor allem damit zusammen, dass nicht einmal das Unternehmen selbst die Fahrpreise nennen kann, sondern nur ungefähre Schätzungen macht und erklärt, die Preise würden dynamisch festgelegt, je nach Nachfrage. Wenn ich aber im Zweifelsfalle erst im Zug (auch hier kann man nämlich die Karte kaufen) erfahre, was die Reise eigentlich kosten soll, dann ist das die realsatirische Brechung des Gejammers um den Tarifdschungel bei der Bahn, die gemeint ist, wenn es heisst, Geschichte wiederhole sich als Farce.

     

    Da bleibe ich lieber bei der Bahn, die ihre Preise allenfalls einmal im Jahr an die Inflation anpasst, statt nicht nur die drei Züge täglich und je nach Wochentag zu unterschiedlichen Preisen anzubieten, sondern auch noch je nach Buchungszeitpunkt jeden einzelnen Sitzplatz des spezifischen Zuges. Dann ist der Preis der Reise nämlich im wahrsten Sinne des Wortes eine Wundertüte.

  • T
    Tschüss

    Genial. Die irrsinnig überteuerte und überfüllte Deutsche Bahn wird mich fortan nie wiedersehen, wenn ich (regelmäßig) nach Köln muss.