Sexismus bei Ü-Eiern: Ein Stück vom Lillifee-Zauberstab
Ferrero hat die Mädchen als Zielgruppe entdeckt – und packt sein Überraschungsei in eine rosa Hülle. Das ist geschäftstüchtig und gediegen gestrig zugleich.
Manchmal fällt einem gar nichts mehr ein. Außer ein wenig beredtes „Geht’s noch?“. Fassungslos guckt man zu, wie einer die Uhr auf 1965 zurückstellt und dabei noch alles rosa malt. Der Eine ist in diesem Fall der sympathische Süßwarenkonzern Ferrero, dem die Kinder gehören. Also die Kinder-Sachen, die Eier, die Bons, die Pinguine, die Hippos und die Schokolade.
Die Ferrero-Produktentwickler wurden offenbar so lange in der Spielwarenabteilung eines großen Kaufhauses eingesperrt, bis sie überall nur noch Prinzessin Lillifee sahen. Und Rosa. Diese Bewusstseinserweiterung kombinierten sie mit Altbewährtem und herausgekommen ist Spiel, Spaß und Sexismus: das neue Überraschungsei, „nur für Mädchen“. Das hat eine rosa Glitzerkappe, ist mit rosa Blumen verziert und hat den Werbespruch „Ei love rosa“, für den sich sicher so einige beständig auf die Schulter klopfen.
Endlich kann Ferrero sich mit breiter Brust an der Supermarktkasse neben die Eier der Disney-Prinzessinnen, der Hello-Kitty-Mäuse und denen von Barbie platzieren. Alles Rosa, nur für Mädchen. Daneben, in der uncoolen Ecke, stehen ab Mitte August dann die normalen Ü-Eier für die Jungs und die Nicht-Mädchen. Im neuen Sortiment mit Affen aus der Serie „Crazy Connection“ drin. Bei den Mädcheneiern sind es Feen aus dem „Winx Club“, schön grell und mit Zauberkräften. Große Ohren oder Flügel, da wird es einem mit der Genderneutralität aber auch nicht gerade leicht gemacht.
Neben den Feen soll es Blumen-Ringe und Armbänder mit Tiermotiven als Überraschung geben oder kleine Dinge zum Basteln und zum Rätselspaß, das haben Mädchen ja auch so gern. Sagt Ferrero in der Pressemitteilung. Originellerweise ist das Argument genau das, für die Mädchen „Vielfalt“ bieten zu wollen. „Die Girls lassen sich heutzutage nicht mehr in nur eine Schublade stecken. Pink und Ponyhof gehören genauso dazu wie Fußball und Frauenpower“, wird ein Experte zitiert. Warum konnte man in die normalen Eier nicht einfach ein paar pinkfarbene Plastikponys packen?
Aber Ferrero eiert eigentlich nur den anderen hinterher. All den schönen Sachen, die in der eigenen, rosaroten Kindheit noch neutral waren. Lego gibt es nun auch in Rosa und Lila, mit neuen, runderen Figuren, mit denen man besser Familie spielen kann oder Schönheitssalon oder Ponyhof. Und bei Playmobil gibt es das pinkfarbene Ferienhotel und das Prinzessinnenschloss dazu. Wahrscheinlich gibt es bald auch die Kinder-Schokolade in Rosa, in Konkurrenz zur lila Milka.
Traurig ist das. Schnell mal alle Klischees zementiert und ein Ei drumrumgepackt. Ja, manche Mädchen mögen Rosa, ja, Ferrero will auch ein Stück vom Lillifee-Zauberstab, ja, die Welt ist eben kein Ponyhof. Aber echte Mädchen kommen damit klar.
Geschrieben mit rosa Lack auf den Nägeln an einem Rechner mit Hello-Kitty-Bildschirmschoner. Dazu gab es Kaffee aus einer rosa Rosentasse.
taz lesen kann jede:r
Als Genossenschaft gehören wir unseren Leser:innen. Und unser Journalismus ist nicht nur 100 % konzernfrei, sondern auch kostenfrei zugänglich. Texte, die es nicht allen recht machen und Stimmen, die man woanders nicht hört – immer aus Überzeugung und hier auf taz.de ohne Paywall. Unsere Leser:innen müssen nichts bezahlen, wissen aber, dass guter, kritischer Journalismus nicht aus dem Nichts entsteht. Dafür sind wir sehr dankbar. Damit wir auch morgen noch unseren Journalismus machen können, brauchen wir mehr Unterstützung. Unser nächstes Ziel: 40.000 – und mit Ihrer Beteiligung können wir es schaffen. Setzen Sie ein Zeichen für die taz und für die Zukunft unseres Journalismus. Mit nur 5,- Euro sind Sie dabei! Jetzt unterstützen
meistkommentiert
Anschlag in Magdeburg
„Eine Schockstarre, die bis jetzt anhält“
Nach dem Anschlag in Magdeburg
Rechtsextreme instrumentalisieren Gedenken
Exklusiv: RAF-Verdächtiger Garweg
Meldung aus dem Untergrund
Wirbel um KI von Apple
BBC kritisiert „Apple Intelligence“
Russische Männer auf TikTok
Bloß nicht zum Vorbild nehmen
Bundestagswahl am 23. Februar
An der Wählerschaft vorbei