Ecuador will Wikileaks-Gründer aufnehmen: Asyl für Assange
Ecuador gewährt Julian Assange Asyl. Denn die Verfolgung des Wikileaks-Gründers habe einen politischen Charakter. Schweden und Großbritannien sind „not amused“.
BERLIN taz/dpa | Ecuador gewährt Julian Assange Asyl. Das hat auf einer Pressekonferenz um 7 Uhr (Ortszeit) in Quito der ecuardorianische Außenminister Ricardo Patino erklärt. Assange habe plausibel gemacht, dass er trotz eines strafrechtlichen Verfahrens gegen ihn Opfer politischer Verfolgung sei.
Der Fall Assange sei ausführlich und detailliert geprüft worden. Man sei zu dem Ergebnis gekommen, dass der Antrag auf politisches Asyl mit dem Charakter der Arbeit Assanges bei Wikileaks begründet werden kann. Die Veröffentlichungen der Plattform seien Ausdruck von Meinungsfreiheit gewesen, die seine Sicherheit und sein Leben bedrohten.
Es wurden im Laufe des Prozesses der Prüfung des Asylersuchens Garantien von den beteiligten Staaten erbeten. Sowohl Schweden als auch England verweigerten die Zusage, dass eine Auslieferung Assanges von Schweden in die USA nicht erfolgen würde. Ebenso erklärte die amerikanische Regierung, dass sie keine verbindliche Aussage bezüglich eines möglichen Auslieferungsersuchens machen würde.
Öffentliche Stellungnahmen von Vertretern sowohl der USA, Schwedens, Australiens, als auch Großbritanniens implizieren, dass Assange keine faire Behandlung in und von diesen Staaten erwarten könne. Im Laufe seiner Stellungnahme teilte Patino auch mit, dass Assange nicht nur Asyl, sondern auch einen diplomatischen Status erhalte.
Mit scharfen Worten wies der Minister die implizite Drohung britischer Behörden gegen die Londoner Botschaft zurück. Der Bruch internationalen Rechts gegenüber einer souveränen und demokratischen Nation sei nicht hinnehmbar. Die fundamentalen Prinzipien diplomatischer Beziehungen bedürfen des unbedingten Schutzes, auch durch die Behörden Großbritannien. Diese hatten bereits angekündigt, dass Assange im Falle des Asyls in Ecuador kein freies Geleit gewährt würde.
Patino führte des weiteren aus, dass Asyl ein fundamentales Menschenrecht sei. Er verglich den Fall Assange mit Aslybegehren von beispielsweise verfolgten Bürgern Kolumbiens. Ecuador habe den Südamerikanischen Staatenbund Unasur und die Organisation Amerikanischer Staaten (OAS) gebeten, die Außenminister ihrer Mitglieder einzuberufen, um eine gemeinsame Stellungnahme zur britischen Haltung zu vereinbaren. Die Unasur-Minister könnten bereits am Wochenende in Quito zusammenkommen. OAS-Generalsekretär José Miguel Insulza habe eine baldige Minister-Konferenz zugesagt, erklärte Ecuadors Außenminister.
Update 15.10 Uhr: Britischen Medienberichten zufolge hat das Londoner Außenministerium sein Bedauern über die Entscheidung mitgeteilt. Man wolle ungeachtet der neuen Situation die Auslieferung Assanges betreiben. Die internationale Verträge seien in diesem Falle bindend.
Update 15.40 Uhr: Der schwedische Außenminister Carl Bildt erklärte im Kurznachrichtendienst Twitter, sein Land weise „jede Anschuldigung entschieden“ zurück, Assange würden im schwedischen Rechtssystem nicht alle Rechte zu seiner Verteidigung eingeräumt. „Unser fundiertes Rechts- und Verfassungssystem garantiert jedem seine Rechte“, schrieb er. Alle gegenteiligen Behauptungen und Beschuldigungen seien falsch. (afp)
Update 16.50 Uhr: Wikileaks-Gründer Julian Assange hat die Entscheidung Ecuadors, ihm Asyl zu gewähren, als „wichtigen Sieg“ bezeichnet. Assange, der sich seit Juni in der Botschaft Ecuadors in London aufhält, sagte dem dortigen Personal am Donnerstag, es sei ein Sieg „für mich selbst und meine Leute“. Allerdings würden die „Dinge jetzt wahrscheinlich stressiger“. Großbritannien will Assange trotz der Entscheidung Ecuadors auf jeden Fall ausliefern. Wikileaks-Sprecher Kristinn Hrafnsson warnte Großbritannien davor, die ecuadorianische Botschaft in London zu stürmen. Eine solcher Schritt könnte zu weltweiten diplomatischen Komplikationen führen, sagte Hrafnsson der Nachrichtenagentur AFP per Telefon aus Island. (afp)
Leser*innenkommentare
ralf ansorge
Gast
goldammer,ich hape auch deinen text zu den pussy riots gelesen,möge uns die demokratie erhalten bleiben und leute wie du nie ernsthaft was zu sagen haben.die pussys hätten sich es selbst zuzuschreiben(sagt margot honecker auch zu den maueropfern),assange ist ein frauenheld,auf den ich angeblich neidisch bin.nun ja,dazu will ich nur sagen daß ich jedenfalls nie anschließend eine anzeige am hals hatte. auf solch erfolge verzichte ich gern.die frauen waren ja durchaus sympathisantinnen seines tuns,und er hat da wohl was verwechselt.jetzt stielt er sich aus der verantwortung und stilisiert sich als märtyrer.aber das will in die nerdköfe nicht rein.
Bernd Goldammer
Gast
@ ralf ansorge:
Assange ist kein Vergewaltiger. Er soll in Schweden lediglich zu Vorwürfen befragt werden.In die Betten der beiden Schwedinnen kam er übrigens auf deren herzliche Einladung. Das Schweden Teil der Verschwörung gegen Assange ist, wird doch schon jetzt offensichtlich.Denn die Frage was los war hätte man Assange ja auch im Ausland stellen können. Assange hat schwerste US- amerikanische Kriegsverbrechen aufgeklärt. Damit ist er schon jetzt ein Held der Neuzeit. Aber all das wissen Sie offenbar nicht.Sie neiden ihm seinen Erfolg bei Frauen. Doch dafür haben sie keinen Grund. Sie sehen ja, nicht alle sind echt!
Lia
Gast
Bravo, Ecuador!
Gibt es eine Aktion für Assange in Berlin?
Thomas
Gast
Assange und Dissident! .. ich lache mich kaputt.
Wahrheitssager
Gast
Ich freue mich sehr über diesen mutigen Schritt Ecuadors. Es ist peinlich für Australien, dass sie nicht so mutig waren, wie Ecuador.
Zu den europäischen Demokratien: es ist nicht neu, dass die europäische Staaten nur dann demokratisch, wenn es nur um sich selbe geht. Vergewaltigungsvorwurf ist eine Ausrede und dahinter steckt nur eins. Herrn Assange für seine Taten bestrafen. Angeblich demokratische Staaten, wie Schweden, England, Australien und viele europäische Staaten leisten ihre Dienste für die USA. Keiner von diesen Staaten traut sich zu sagen, wir wollen den Georg Bush oder Obama für ihre Verbrechen gegen die Menschlichkeit vorm Gericht sehen.
inflexible
Gast
Herr Asange ist ein egomanischer Selbstdarsteller. Die Briten sollten ihm die Aufmerksamkeit entziehen. Ecuador ist kein sicherer Hafen der Demokratie. Auch dort gibt es tote Journalisten. Wo kommen wir Europäer, wenn wir uns das Instrument des Europäischen Haftbefehls durch solche Aktionen nehmen lassen? Vor allem: Was ist mit den Missbrauchsvorwürfen gegen Herrn A.? Seine Anhänger spielen sie runter oder negieren sie völlig. Das ist eine Missachtung seiner Opfer.
Es gibt viele Menschen, die das Engagement Dritter eher verdient hätten, als Herr Asange. Als Projektionsbild pathologischen Selbsthasses gegen das Westliche ist diese zwielichtige Gestalt frappierend gut geeignet. Kommentare wie der von "Benz" zu Olympia sind beredt genug. Darf Herr A dann nach Schweden wg. der mittelalterlichen Staatsform der Monarchie nicht ausgeliefert werden? In welcher verqueren Welt leben Sie eigentlich?
Ich freue mich auf den Tag, an dem Herr A vor Gericht steht und nicht mehr feige wegläuft und sich in der Botschaft eines Entwicklungslandes verkriecht.
uhuznaa
Gast
Sollen doch die USA und Schweden Assange garantieren, dass sie seine Auslieferung nicht anstreben bzw. erlauben, dann hat sich das erledigt.
Das lassen die sich natürlich auch nicht abpressen. Hätten sie aber auch eher und freiwillig tun können, was sie nicht getan haben.
Tja. Von hier aus gesehen fände ich es toll, wenn er sich einfach nach Schweden ausliefern ließe, dann wüßte man endlich, was passiert. Von seiner Seite aus sieht das wahrscheinlich so aus, dass er das gar nicht wirklich wissen will.
betinna
Gast
Britanien und Schweden sind sowieso schon erkannt in Lateinamerika als "Partner" der U.S. (Auch Deutschland (KAS,FNS,HBS), Niederland und Daenemark!!!)
Alter Schwede
Gast
Haha, ... die Aussage des schwedischen Aussenministers ist süss: „Unser fundiertes Rechts- und Verfassungssystem garantiert jedem seine Rechte“ ...
Wie war das nochmal mit den CIA-Entführungen?
Zur Erinnerung zwei TAZ-Artikel:
Stockholm erlaubte CIA-Flüge
http://www.taz.de/Kein-Dementi/!33894/
Schweden nutzte CIA für Abschiebung
http://www.taz.de/Schweden-nutzte-CIA-fuer-Abschiebung/!19736/
Che
Gast
Yep. Mui bien. Es geht doch. Den schmierigen Amerikanern und devoten Schweden eins auszuwischen. Assange bekäme niemals ein faires Verfahren. Man bedenke, dass US-Politiker wie Sarah Palin gegen ihn die Todestrafe gefordert haben. Also wird Assange vor dem Lynch-Mob geschützt. Er wird sicher mit Diplomatenpass ausreisen. Alles Gute.
Otto Pardey
Gast
Julian Assange,hat den Mut, den politischen Regimen
einen Spiegel vorzuhalten und die skandalloesen
Hintergruende politischer Widerlichkeiten,
der Weltoeffentlichkeit zuvermitteln.
Hier geht es einzig und alleine darum,
ein Tribunal u.a. gegen Assange vorzubereiten.
Fest steht,das hier existenzielle Menschenrechte und
der Asylsatus willkuerlich ignoriert wird.
Derart Verhalten ist auch in ahnlich gelagerten Faellen,
der Deutschen Bundesregierung nachweislich vorzuwerfen.
ralf ansorge
Gast
assange ist alles andere als ein held,sondern nur ein aufgeblasener nerd und mutmaßlicher vergewaltiger.schweden ist ja wohl die verkörperung eines rechtsstaates,in dem allerdings das sexualstrafrecht etwas strenger gefaßt ist als anderswo.das sollte jemand wissen ,der meint er könne dort mal eben eins zwei frauen flachlegen,quasi rockstarmäßig.ein skandal ist es daß dies seinen fans egal ist,er ist ja an seinem pc so ein tapferer freiheitskämpfer,lächerlich.
wäre schön wenn die wirklich unterdrückten dieser welt,z.b.in tibet,rußland,kuba,iran usw.die gleiche aufmerksamkeit bekämen.
Slowener
Gast
Kennt jemand die Menschenrechtslage dort in Ecuador? http://www.zeit.de/politik/ausland/2012-08/ecuador-correa-usa
T.V.
Gast
Ein weiterer Akt im Stück "Assange gegen den Rest der Welt" und ein bedeutender, wenn nicht alles so selbstdarstellerisch mit seiner Person verbunden wäre.
Es ist schon ironisch, wenn sich nach solchen Äußerungen, bei den Geschehnissen um Wikileaks in der Vergangenheit, GB, die USA und Schweden immer noch Demokratien nennen. Wacht auf Leute!
Schwimmer
Gast
Richtige Entscheidung, Assange Asyl zu gewähren.
Leider sind in Ecuador die Meinungs- und Pressefreiheit sonst nicht immer gwährleistet.
Pascal
Gast
Realistich gesehen würden Staaten wie GB nie im Leben eine solche diplomatische Konfrontation riskieren, und implizit sogar den Bruch internationaler diplomatischer Normen und Abkommen androhen, wenn es sich wirklich nur um einen alltäglichen Kriminalfall in Schweden handeln würde.
Die gegen Assange erhobenen Vorwürfe sind schwerwiegend und sollten nicht einfach so abgetan werden (einige Kommentare dazu im Netz und sogar hier stinken nach schlichter Misogynie), aber das Verhalten der britischen Regierung hier ist für mich dann doch ein recht deutlicher Beweis dass es vor allem ein politischer Fall ist. Es geht hier eindeutig um Einschüchterung: Die Mächtigen der Welt wollen zeigen wie sie mit kleinen Leuten umgehen die es gewagt haben sie heraus zu fordern.
deviant
Gast
Politisches Asyl, durchgesetzt gegen die USA...das ich das noch erlebe.
Gut, dass Ecuador mehr Eier in der Hose hat als Groß-Britannien: Die werden noch Beifall klatschen, wenn ein Landsmann ermordet wird, der anprangerte, wie brutal amerikanische Soldaten Zivilisten abschlachten.
Und wahrscheinlich werden sie sich insgeheim freuen, dass die Amis die Drecksarbeit für sie erledigen, weil sie selbst ja niemanden mehr hinrichten dürfen.
Armer Bradley Manning - hätte er doch wenigstens einen Präsidenten, der es mit der Freiheit ernst meinte und einen Friedensnobelpreis nicht bloß als Wahlkampfhilfe umgehängt bekommen hätte.
Und wo ist eigentlich China in solchen Fällen? Denen könnte da doch DER antiamerikanische Propagandacoup gelingen, indem sie das amerikanische Imperium als das bloßstellen, das es ist. In der Politik gilt es schließlich als höchste diplomatische Kunst, den anderen so lange mit Scheisse zu bewerfen, bis man selbst relativ sauber erscheint - Fragen Sie mal Westerwelle nach Janukowitsch...
antares56
Gast
Toll!!!
chhweb
Gast
Freue mich sehr über diesen mutigen Schritt Ecuadors. Jemand muss sich einer Justiz widersetzen, die sich nur allzugern zum Komplizen der mordenden "Weltpolizisten" macht.
hunter
Gast
Felicitaciones. Bien hecho, Ecuador!
Jappie
Gast
*Im Laufe seiner Stellungnahme teilte Patino auch mit, dass Assange nicht nur Asyl, sondern auch einen diplomatischen Status erhalte.*
Stimmt das mit dem diplomatischen Status wirklich? Ich finde diesen, aus meiner Sicht, sehr, sehr interessant und würde eine ganz andere Sachlage ergeben, als *nur* das Asyl in der (ggf. aufgelösten) Botschaft. Allerdings steht dies nur in der TAZ - in keinem anderen Medium.
Benz
Gast
Es ist schlicht und einfach eine Schande, dass England die Olympiade bekam! Ein Staat, der
- den Dissidenten Assange verfolgt
- droht, ausländische Botschaften zu stürmen
- immer noch die mittelalterliche Staatsform der Monarchie hat
- in Irak und Afghanistan brutal Krieg führt
- jüngst in London jugendliche Regierungskritiker niederknüppeln liess
ist nicht Teil der zilisierten internationalen Gemeinschaft.