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Ecuador gewährt Assange AsylDas Botschaftsgelände ist sicher

Im ecuadorianischen Konsulat kann Assange nichts passieren, heißt es. Aber: Ein britisches Gesetz von 1987 sieht vor, dass London einer Botschaft den Schutz entziehen kann.

Ecuadors Botschaft in London. Bild: reuters

FREIBURG taz | Nach Angaben von Vertretern der Enthüllungs-Webseite Wikileaks und der ecuadorianischen Regierung hat Großbritannien gedroht, Julian Assange aus der Londoner Botschaft Ecuadors herauszuholen und dann an Schweden auszuliefern. Die Drohung sei schriftlich beim Außenminister in Quito und beim Botschafter in London eingegangen.

Großbritannien habe sich dabei auf den „Diplomatic and Consular Premises Act 1987“ berufen, ein wenig bekanntes Gesetz über den Status diplomatischer Liegenschaften. Danach kann die britische Regierung Gebäuden von ausländischen Botschaften oder Konsulaten den diplomatischen Schutz entziehen, wenn es im Interesse der öffentlichen und nationalen Sicherheit Großbritanniens ist.

Das Gesetz war eine Reaktion auf einen Vorfall in London im Jahr 1984: Damals wurde die Polizistin Yvonne Fletcher aus der libyschen Botschaft heraus erschossen. Fletcher hatte mit anderen Polizisten eine Gaddafi-kritische Demonstration geschützt. Daraufhin belagerte die Polizei Libyens Botschaft elf Tage lang. Im Gegenzug belagerten libysche Sicherheitskräfte in der Hauptstadt Tripolis die britische Botschaft. Am Ende brach London die Beziehungen zu Libyen ab und wies alle Diplomaten aus, ohne den Mörder zu identifizieren.

Der Fall Julian Assange ist damit wohl kaum zu vergleichen. Wikileaks weist zudem darauf hin, dass die Gewährung von Asyl im diplomatischen Verkehr nie als „unfreundlicher Akt“ betrachtet werden dürfe, so eine Resolution der Generalversammlung der Vereinten Nationen von 1967.

„Nach internationalem Recht erlaubt“

Tatsächlich enthält das britische Gesetz auch eine Klausel, wonach der diplomatische Schutz eines Gebäudes nur entzogen werden kann, wenn die Regierung glaubt, dass dies „nach internationalem Recht erlaubt“ ist.

Entscheidender Maßstab ist hier die Wiener Diplomatenkonvention von 1961. In deren Artikel 22 heißt es unmissverständlich: „Die Räumlichkeiten der Mission sind unverletzlich. Vertreter des Empfangsstaates dürfen sie nur mit Zustimmung des Missionschefs betreten.“

Tony Brenton, der ehemalige englische Botschafter in Russland, warnte die britische Regierung vor den Folgen, wenn sie den Status der ecuadorianischen Botschaft nicht respektiere. Dies würde das Leben britischer Diplomaten im Ausland massiv erschweren, sagte er der Zeitung The Telegraph.

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5 Kommentare

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  • H
    hallo?

    @best of

     

    1. Schauen Sie doch bitte einfach mal bei Interpol (interpol.int) die Liste der gesuchten Personen an. Sie werden ohne Problem feststellen, dass bspw. Canada jemanden wegen Diebstählen in der Fahndung hat. Da ist ein Sexualdelikt wirklich nichts was auffällt oder unter Ordnungswidrigkeit einzustufen wäre.

     

    2. Warum Schweden keine Vernehmung in der Botschaft in London durchführt? Weil sonst jeder Beschuldigte oder Zeuge anfängt die Regeln für seine Befragung selbst festlegen zu wollen und weil nun einmal ein Auslieferungsersuchen gestellt worden ist und diesem von GB auch stattgegeben worden und der Rechtsweg dagegen erschöpft ist. Sowas nennt sich rechtsstaatliches Verfahren. In dem ist eine lex Assange nun einmal leider nicht vorgesehen. Und deshalb gibt es auch keine Zusicherungen.

  • BO
    best of

    O.K., fassen wir zusammen:

     

    Der Vorwurf der Vergewaltigung wurde als unbegründet fallengelassen.

     

    Der neue Vorwurf lautet nun „sexuelle Nötigung und sexuelle Belästigung“ .

     

    Um einen internationalen Haftbefehl zu erschleichen, wird seitens der schwedischen Staatsanwaltschaft der Vorwurf der Vergewaltigung erneuert...

     

    Assange ging in Berufung. Das zweithöchste schwedische Gericht ließ den Haftbefehl bestehen, milderte jedoch

    den Anklagepunkt der Vergewaltigung auf „minder schwere Vergewaltigung“ ab (also wurde scheinbar keine Gewalt angewandt...).

     

    Trotzdem wurde eine „Red Notice“ bei Interpol beantragt.

     

    Bei der sogenannten „Red Notice“ handelt es sich um das schärfste Mittel,

    das Interpol zur Verfügung steht. Im Deutschen heißt dies „Internationaler Haftbefehl“.

     

    Logisch, denn bei SOLCHEN VOWÜRFEN kann es sich nur um einen extrem gefährlichen Schwerverbrecher und Terroristen handeln!

     

    Assanges Mißtrauen gegen die schwedische Justiz scheint berechtigt. Er kann nicht sicher sein, daß die „Vorwürfe“

    ein konstruierter Vorwand sind, um ihn nach Schweden zu lotsen, um ihn dann an die USA auszuliefern...

     

    Den Briten ist ebenso wenig zu trauen, also geht er in die Botschaft Ecuadors.

     

    Die schwedische Staatsanwaltschaft lehnte ein Angebot Ecuadors ab, ihn in der Londoner Botschaft zu verhören :

     

    Hallo...wo ist das Problem??? Denn das angeblich benötigte Verhör war der Anlass für den internationalen Haftbefehl...

     

    Wenn das Verhör also so immens wichtig wäre, warum soll es nicht in der Botschaft Ecuadors stattfinden???

     

    Wem fallen da schlüssige Gründe ein, dies abzulehnen?

     

    Immerhin ein weiterer Beweis, daß den Schweden nicht

    zu trauen ist...

     

    Bin mal gespannt, wann herauskommt, welche „Vergünstigungen“ Schweden für seine Teilnahme an dieser Schmieren-Komödie seitens der USA erhält...

     

    wieviel Geld den beiden Schwedinnen für diese „Vorwürfe“ geboten wurden...oder... wann sie eines plötzlichen Unfalltodes starben...

  • I
    inflexible

    Die Briten sollen die ecuadorianische Botschaft bitte in Ruhe lassen. Herr Asange hat weder diese Aufmerksamkeit noch einen daraus resultierenden Triumph vor Gericht verdient. Ich wünsche ihm, dass er sich einem schwedischen Gericht stellt und sich nicht feige im diplomatischen Rockzipfel eines Entwicklungslandes verkriecht, das selbst nicht unbedingt zu den TOP 10 der sicheren Orte für kritischen Journalismus zählt. Diesem Egomanen geht es längst nicht mehr um die Sache, sondern nur um sich selbst. Keine öffentliche Aufmerksamkeit ist die schlimmste Strafe für ihn. Sollen die Ecuadorianer ihn doch durchfüttern. Als Brite würde ich das aussitzen. Selbst als Projektionsfläche für Antiamerikanismus taugt die abgehalfterte Lichtgestalt Asange mittlerweile deutlich weniger als früher.

  • VD
    valeria damiroxa

    Britanien ist schon jeden Tag in den Medien in Lateinamerika (570 Millionen Einwohner) - weil man die NATO Briten aus den Malvinas/Falklands im Suedatlantik und aus ihren kriminellen Bankzentren in the Karibik "herausegeln" moechte.

  • FB
    Free Bradley Manning

    Jetzt ist hoffentlich jedem klar, der bisher an die Wahrheit der Vorwürfe und die nur zufällig so aussergewöhnliche Hartnäckigkeit Schwedens glaubte, um was es geht.

    Nebenbei sitzt Bradley Manning weiter in Haft.

    Seit 2 1/2 Jahren wird mit täglicher Folter versucht, ihn zum Belastungszeugen gegen Assange zu machen.

    Hierbei überschreiten die USA noch weiter ihre Negierung der Genfer Konventionen, es soll nicht ein weiteres Verbrechen verhindert werden , was die Ausrede für die genehmigte Folter sonst ist, sondern es soll Rache geübt und Schrecken verbreitet werden.

     

    Sollte England die diplomatischen in diesem Fall verletzen, werden weltweit die englischen Botschaften in Flammen aufgehen.