Geheimdienstler mit Kanten

John Brennan ist ein ernster Mann. Wenn er spricht, dann legt er die Stirn in Falten und verzieht ansonsten keine Miene. Auf Fragen antwortet er direkt, klar und ohne Umschweife. Alles an dem Mann mit dem kantigen Gesicht und dem akkuraten Kurzhaarschnitt strahlt Entschlossenheit aus. Insofern war Obamas oberster Terrorismus-Bekämpfer genau der Richtige, um der amerikanischen Öffentlichkeit in den Sonntagstalkshows die Politik der Administration zu verkaufen. Nachdem die US-Regierung in den ersten Tagen nach dem Attentat in Detroit schwach und desorganisiert ausgesehen hatte, musste jemand her, der Kompetenz und Härte ausstrahlt.

Es war das erste Mal, dass Brennan derart prominent in den USA in Erscheinung trat. Dabei wirkt Brennan schon seit vielen Jahren in verantwortlicher Funktion in der US-Regierung. Unter George Bush war Brennan zunächst stellvertretender CIA-Direktor und später, nach dem 11. September, Leiter des neu geschaffenen „Terrorbedrohungs-Integrationszentrums“. Vielen hat es nicht gut gefallen, dass sich Obama einen derartig hochrangigen Terrorbekämpfer aus der Bush-Regierung ins Boot geholt hat.

Dennoch wirft die Person Brennan und seine Rolle in der Obama-Administration Fragen über Obamas Antiterrorpolitik auf. Brennan ist symptomatisch für eine frappierende Kontinuität zwischen Bush und Obama. Die Schließung von Guantánamo, als deutlichster Schnitt mit Bush angekündigt, verzögert sich unbestimmt und für die Gerichtsverhandlung von Khalid Sheik Mohammed in New York gibt es auch noch keinen Termin. Die gute Nachricht daran ist, dass die beißende Kritik von Republikanern wie dem Ex-Vizepräsidenten Dick Cheney an Obamas Terrorpolitik ins Leere läuft. Die schlechte ist, dass die linken Kritiker von Obama in vielem Recht haben. So sagte der prominente Psychologe und Aktivist Stephen Soldz, der auch einen Protestbrief gegen Brennan verfasste, der New York Times: „Ich wache manchmal morgens auf und bin von Obama angewidert.“ Der Obama, den Soldz und viele andere auf der Linken gewählt haben, ist als Präsident für sie manchmal kaum mehr wiederzuerkennen.

SEBASTIAN MOLL