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Greenpeace gegen schwedische AKW27 Stunden auf dem Dach kampieren

Umweltaktivisten übernachten unbemerkt auf den Arealen der AKWs Ringhals und Forsmark. Die Vorkehrungen zur Sicherheit greifen nicht.

Jetzt auch mit Bed und no Breakfast: Das AKW Ringhals. Bild: dpa

STOCKHOLM taz | „Die Sicherheit hat präzise wie vorgesehen funktioniert“, erklärte Vattenfall, als einige Dutzend Greenpeace-AktivistInnen am Dienstagmorgen ganz ungehindert über die äußeren Sicherheitsabsperrungen der schwedischen AKWs Ringhals und Forsmark geklettert waren und sich anschließend zu Fuß oder mittels mitgebrachter Fahrräder frei auf dem Betriebsgelände bewegen konnten.

Denn, so der Betreiber des Atomkraftwerks, es sei ihnen nicht gelungen, in die innere Sicherheitszone einzudringen, und alle hätten schließlich von der Polizei festgenommen werden können.

Doch das war falsch. Was sich erwies, als Medien am Mittwochmorgen Telefonate von vier UmweltschützerInnen erhielten – bereits seit 27 Stunden. Gleichzeitig veröffentlichte Greenpeace auf seiner Website das Videoblog der von einer lausig kalten Nacht auf einem AKW-Dach etwas gezeichneten Energieexpertin Isadora Wronski.

Sie berichtete, man habe ungehindert auch einen zweiten Sicherheitszaun überwinden können und sei nun 75 Meter vom Reaktorgebäude entfernt. Kurze Zeit später kam die Nachricht, dass sich auch auf dem AKW-Gelände von Forsmark zwei Aktivisten 30 Stunden lang unentdeckt verstecken konnten. Auch sie wurden von Sicherheitskräften erst gefunden, nachdem sie von dort Interviews gegeben hatten.

Ob die Umweltministerin nicht meine, dass etwas gegen derartige Schutzlosigkeit von Reaktoren getan werden müsse, fragte Wronski in ihrem Blog vom AKW-Dach. Ministerin Lena Ek zeigte sich tatsächlich beeindruckt. Sie bestellte AKW-Betreiber und Strahlenschutzbehörde zum umgehenden Rapport.

Eine „nützliche Aktion“ sei das Vorgehen der Umweltschützer gewesen, kommentierte die Tageszeitung Expressen. Beweise sie doch, wie kurzfristiges Profitdenken den Betreibern des Kraftwerks offenbar wichtiger sei als die Sicherheit der Anlage: Man solle sich besser gar nicht erst vorstellen, wenn in den Greenpeace-Anzügen nicht friedliche Demonstranten, sondern bewaffnete Terroristen gesteckt hätten.

Bereits vor zwei Jahren waren Aktivisten der Umweltorganisation schon einmal ungehindert auf AKW-Gelände vorgedrungen.

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8 Kommentare

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  • HS
    Hari Seldon

    @@Hari Seldon:

     

    Nur zu Ihrer Info: Damals war ich ca. 1500 km näher zu Tschernobyl alsi Sie, und bei uns gab es keine Warnung oder Schutzmaßnahmen beim Nahrungsmittel. Und glauben Sie oder nicht, bin sehr gesund und kann sogar in 2 Stunden 45 Min immer noch ein Maratonlauf erledigen. Nur so viel zu Ihren Horrorvisionen. Ausserdem kann ein Meteorit auch die Erde treffen, und fast alle Lebewesen auslöschen (solche Katastrophen sind aus der Erdgeschicte schon bekannt), oder eine Gammastrahlung aus einem Supernova die Erde treffen, usw. Oder ca. 5000 Menschen werden auf den Strassen nur in Deutschland jährlich sterben (wieviel in Europe?, usw. Dazu kommt, dass Gurus wie Sie schon mindestens 10 Weltuntergang für 2012 vorausgesagt haben, aber sicherheitshalber haben die gleichen Gurus mindestens 10 weitere Weltuntergangtermine für 2013 schon eingeplant, usw. Trotzdem leben wir noch...

  • HS
    @Hari Seldon:

    "Die Dummheit scheint wirklich grenzenlos zu sein."

     

    Na, wenn Sie es ja selbst sagen...

     

     

    Aaalso: Der Aufenthalt in der Umgebung eines AKWs ist im Normalbetrieb , bei kurzfristigem Aufenthalt dort, nicht nennenswert schädlich.

    So wie eine Röntgenuntersuchung.

    Zum Beispiel auch deutlich weniger als der Aufenthalt in der direkten Nähe von Castor- Behältern.

     

     

    Das ändert nichts daran, daß jedes einzelne AKW in Europa das Potenzial hat, bei entsprechendem Unfall, die Krebs- Totgeburten und -Mißbildungsraten in Europa um mehrere hundert Prozent, über Jahrhunderte, zu steigern. Also mehrere hundert Millionen Menschen über Generationen zu schädigen.

     

    Unfälle durch unentdeckte Fehler, Schlamperei, Fehlentscheidungen aus wirtschaftlichen Gründen, wie sie schon mehrfach haarscharf noch verhindert wurden oder zu einem Ausgang gebracht wurden, bei dem nur etwas die Umgebung verseucht wurde.

     

    Entsprechend Landstriche von der Größe der alten Bundesrepublik in Zonen zu verwandeln, die verseuchter sind als die um Tschernobyl, inklusive der Nahrungsmittel, die von dort kommen.

     

    Dort war sogar durch den Verwendungszweck des Reaktors relativ wenig Plutonium vorhanden, außerdem verteilte sich durch den Brand das meiste in die Ferne.

    Hierdurch, zusammen mit dem systematischen Nichterheben von Statistiken der Folgen in der Umgebung, waren dort offiziell nur "verhälnismäßig" geringe Folgen zu spüren.

     

    In Bayern aber darf nach wie vor kein Wildschwein und verschiedene Pilze nicht gegessen werde, wegen der Verseuchung mit Cäsium aus Tschernobyl...

    In vielen anderen Gegenden müßte es auch so sein.

     

    (Die Leukämie- und Schilddrüsenkrebsrate ist dennoch signifikant erhöht bei Bewohnern im Umkreis von 30km um "normale" AKWs)

    Mittelfristig werden wegen der unlösbaren Endlagerfrage und der Überalterung der AKWs immer mehr kleine und große Mengen an Radionukleiden freigesetzt werden, die Mißbildungs- und Krebsraten werden in jedem Falle steigen.

  • PL
    peter lunau

    gut die greenpeacer haben mal wieder bewiesen ,dass atomkraftwerke nicht hinreichend gesichert sind.die

    schwedische ministerin hat sofort reagiert und eine schwedische zeitung hat dies wohlwollen zur kenntnis genommen.nicht realisiert wurde der menschenrechtswidrige charakter der atomenergienutzung.ebenso wenig wie die ökonomische

    absurdität der kostenverteilung.

  • HS
    Hari Seldon

    Nun, nach den Horrorvisionen, dass ein AKW mit Strahlung alles in der Umgebung vernichtet, mit dem Campen haben sich die Greenpace Clowns SELBER BEWIESEN, dass alles nur eine Lüge war Augenscheinlich leben noch die Camper, so die Strahlung wäre vielleicht nicht so stark... Die Dummheit scheint wirklich grenzenlos zu sein.

  • K
    @Klaus:

    schöne Sätze.

     

    In diesem Fall müssen wir vor allem darüber nachdenken, ob wir eine unbeherrschte Technologie mit katastrophalen Folgen für hunderttausende Jahre,

    die sich auch zur Zeit wirtschaftlich nicht rechnet ausser für diejenigen, die die Gewinne einstreichen und für die Folgen nicht geradestehen, weiterbetreiben wollen.

     

    Sorry, manchmal geht es auch ne Nummer kleiner, da reicht rechnen.

  • K
    Klaus

    "Wir müssen alle eine Frage beantworten, die lautet: 'Leben wir in einem feindseligen oder in einem wohlwollenden Universum?’" Albert Einstein

     

    Die Angst bestimmt leider allzu oft unser Denken. Und ich vermute sie ist die treibende Kraft, welche die eine Gruppe von Menschen auf eine Art und Weise handeln lässt, die die Entrüstung und den Hass einer anderen Gruppe auf sich zieht. Das gilt sowohl für uns wie auch für die sogenannten Terroristen. Und jetzt haben wir Angst vor der Angst, die durch unsere Angst asgelöst wurde.

  • SD
    Stefan Dold

    Kriegt eigentlich Vattenfall überhaupt irgendwas auf die Reihe?

  • KK
    Kein Kunde

    Ob da unsere Terrorbedrohung nur ein Hirngespinnst ist?

    Wenn es so einfach ist auf einem AKW zu campieren, dann sollte dies doch ebenso einfach sein für einen Terroristen mit Sprengstoff.

    Islamisten müssten sich ja nur als Rechtsradikale ausgeben, dann liefern unsere Geheimdienste doch bereitwillig Sprengstoff.

     

    Verstehe echt nicht warum nichts passiert.

     

    Ist doch ehrverletztend für islamistische Terroristen, dass sogar Greenpeace erfolgreicher ist.