piwik no script img

Amnesty-Bericht zu ChinaSelbstmorde nach Zwangsräumung

Die Anzahl rechtswidriger Räumungen in China ist deutlich gestiegen. 41 Menschen haben sich deswegen selbst verbrannt.

Hannover: Amnesty-Demo für Menschenrechte in China. Bild: dapd

LONDON dpa | Die Zahl von Zwangsräumungen in China hat nach einem Bericht von Amnesty International in den vergangenen Jahren drastisch zugenommen. Bewohner, die sich gegen die Räumungen wehrten, würden schikaniert, geschlagen, inhaftiert oder getötet, berichtete die Menschenrechtsorganisation am Donnerstag in London. 41 Menschen, denen der Verlust ihres Heimes drohte, hätten sich in den vergangenen Jahren aus Verzweiflung selbst verbrannt.

Grund für die Zwangsräumungen sind laut Amnesty die Gewinne, die neue Bauprojekte auf den betroffenen Grundstücken versprechen. So hätten viele regionale Regierungen große Summen bei staatlichen Banken geliehen und jetzt hohe Schulden. Diese versuchten sie zu begleichen, indem sie „unseriöse Geschäfte“ mit Bauunternehmern und Immobilien-Entwicklern machten. Zwar gebe es das Problem schon lange, in den vergangenen Jahren aber habe es dramatisch zugenommen. Betroffen seien sowohl Städte als auch ländliche Gegenden.

Chinas Regierung belohne örtliche Beamte außerdem weiterhin mit Beförderungen, wenn sie es schafften, das Wirtschaftswachstum anzukurbeln – egal, mit welchen Mitteln. Der einfachste Weg hin zu sichtbaren Resultaten sei dabei die Entwicklung von neuem Bauland etwa für Straßen, Fabriken oder Wohnhäuser.

„Die chinesische Regierung muss rechtswidrige Zwangsräumungen sofort stoppen und aufhören, Aktivisten, die sich gegen gewaltsame Räumungen einsetzen, zu verfolgen und zu inhaftieren“, forderte Verena Harpe, China-Expertin bei Amnesty. Niemand dürfe obdachlos werden, Gewalt gehöre bestraft.

Tödliche Räumungen

Die aus ihrem Zuhause vertriebenen Menschen lebten oft unter menschenunwürdigen Bedingungen: weit weg von Jobs, Schulen, ärztlicher Versorgung und öffentlichem Verkehrssystem. Der Amnesty-Bericht dokumentiert 40 Einzelfälle gewaltsamer Räumung ohne angemessene Entschädigung und Zugang zu Rechtsmitteln – neun davon endeten tödlich.

Die chinesische Regierung habe die Brisanz der Situation erkannt und im Vorjahr einige Neuregelungen eingeführt, die etwa Gewalt bei Räumungen verbieten, schreibt die Menschenrechtsorganisation weiter.Harpe erklärte: „Diese Bestimmungen sind aber längst nicht ausreichend und beziehen sich nur auf den städtischen Raum. China ist als Mitglied des UN-Sozialpakts dazu verpflichtet, einen umfassenden Schutz vor rechtswidrigen Zwangsräumungen zu gewährleisten.“

Links lesen, Rechts bekämpfen

Gerade jetzt, wo der Rechtsextremismus weiter erstarkt, braucht es Zusammenhalt und Solidarität. Auch und vor allem mit den Menschen, die sich vor Ort für eine starke Zivilgesellschaft einsetzen. Die taz kooperiert deshalb mit Polylux. Das Netzwerk engagiert sich seit 2018 gegen den Rechtsruck in Ostdeutschland und unterstützt Projekte, die sich für Demokratie und Toleranz einsetzen. Eine offene Gesellschaft braucht guten, frei zugänglichen Journalismus – und zivilgesellschaftliches Engagement. Finden Sie auch? Dann machen Sie mit und unterstützen Sie unsere Aktion. Noch bis zum 31. Oktober gehen 50 Prozent aller Einnahmen aus den Anmeldungen bei taz zahl ich an das Netzwerk gegen Rechts. In Zeiten wie diesen brauchen alle, die für eine offene Gesellschaft eintreten, unsere Unterstützung. Sind Sie dabei? Jetzt unterstützen

Mehr zum Thema

0 Kommentare

  • Noch keine Kommentare vorhanden.
    Starten Sie jetzt eine spannende Diskussion!