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Kommentar Rassistische KontrollenDie Hautfarbe macht verdächtig

Christian Jakob
Kommentar von Christian Jakob

Menschen sollten und dürfen nicht aufgrund ihrer Hautfarbe unterschiedlich behandelt werden. Die rassistischen Kontrolllregelungen gehören abgeschafft.

S ieht man es Menschen an, ob sie mit höherer Wahrscheinlichkeit eine Straftat begehen als andere? Die Antwort lautet: ja.

Das ist so lange der Fall, wie es rassistische Gesetze gibt, gegen die nur Ausländer verstoßen können. Im März entschied ein Koblenzer Gericht, dass es rechtens sei, wenn Polizisten Menschen kontrollieren, weil sie dunkelhäutig sind.

Das Urteil hat viel Empörung auslöst. Doch die Kritik setzt an der falschen Stelle an: Denn wer rassistische Gesetze erlässt, braucht eben rassistische Maßnahmen, um sie durchzusetzen.

CHRISTIAN JAKOB

ist Redakteur der taz.

Am Wochenende demonstrierten in Berlin fast 6.000 Menschen, darunter viele Geduldete und Asylbewerber. Es war die größte Flüchtlingsdemo in Deutschland überhaupt.

Entladen hatte sich ihr Frust darüber, systematisch als Menschen zweiter Klasse behandelt zu werden – etwa durch Arbeitsverbote und Residenzpflicht.

Und wer nicht arbeiten darf, der wird in informelle – und illegale – Beschäftigung gedrängt. So führen polizeiliche Kontrollen in diesem Bereich ganz regelmäßig zu höheren „Trefferquoten“ bei Nichtdeutschen.

Dies fließt in die Kriminalstatistik ein, schürt das Bild des „kriminellen Ausländers“ – und verstärkt Forderungen nach noch mehr Kontrollen.

Gleiches gilt für für die Residenzpflicht. Die wird als einer der Hauptgründe für die Kontrollen dunkelhäutiger Menschen genannt. Dem Topos des „kriminellen Ausländers“ wird legislativ der Boden bereitet, die Polizeipraxis sorgt für seine Verfestigung.

Die Kontrollpraxis als solche ist dabei ein Nebenkriegsschauplatz. Der Ausweg muss lauten: Wer hier ist, soll gleiche Rechte haben. Dann braucht es auch keine selektive Kontrollpraxis mehr, die sich am „ausländischen“ Äußeren festmacht.

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Christian Jakob
Reportage & Recherche
Seit 2006 bei der taz, zuerst bei der taz Nord in Bremen, seit 2014 im Ressort Reportage und Recherche. Im Ch. Links Verlag erschien von ihm im September 2023 "Endzeit. Die neue Angst vor dem Untergang und der Kampf um unsere Zukunft". 2022 und 2019 gab er den Atlas der Migration der Rosa-Luxemburg-Stiftung mit heraus. Zuvor schrieb er "Die Bleibenden", eine Geschichte der Flüchtlingsbewegung, "Diktatoren als Türsteher" (mit Simone Schlindwein) und "Angriff auf Europa" (mit M. Gürgen, P. Hecht. S. am Orde und N. Horaczek); alle erschienen im Ch. Links Verlag. Seit 2018 ist er Autor des Atlas der Zivilgesellschaft von Brot für die Welt. 2020/'21 war er als Stipendiat am Max Planck Institut für Völkerrecht in Heidelberg. Auf Bluesky: chrjkb.bsky.social
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8 Kommentare

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  • T
    tommy

    @T.V.: Ihr Beitrag ist ein gutes Beispiel dafür, was das Problem mit den "Antirassisten" und Einwanderungsbefürwortern ist: Man argumentiert nicht, sondern setzt einfach als gegeben voraus, dass die eigenen Wertmaßstäbe als Norm zu gelten haben - wer das anders sieht, ist natürlich ein "Rassist" (eine Bezeichnung, die natürlich bewusst Assoziationen zu großen Verbrechen wie Sklavenhandel, Holocaust etc. hervorrufen will), der aus der Debatte grundsätzlich auszugrenzen ist. Wie ich schon schrieb, eine im Grunde demokratiegefährdende Haltung.

  • T
    T.V.

    und wie zu erwarten war, sind die ersten 4 Kommentare gleich von Rassisten verfasst. Bildung und Denken hilft gegen Schubladen.

  • V
    vic

    "Anderssein" macht verdächtig, beim Bürger und bei der Staatsmacht.

    Früher war langes Haar und politische Einstellung genug- nicht wirklich neu dazugekommen sind Nationalität, Religion und - klar - Hautfarbe.

  • T
    Thy

    Das trifft den Nagel auf den Kopf!

  • T
    tommy

    "Der Ausweg muss lauten: Wer hier ist, soll gleiche Rechte haben."

     

    Unsinn, Asylbewerber, deren Verfahren nicht beendet ist, haben eben nicht dieselben Rechte wie nicht-Staatsbürger mit dauerhaftem Aufenthaltsrecht und nicht-Staatsbürger haben eben wiederum nicht dieselben Rechte wie Staatsbürger. Solche Unterscheidungen, die natürlich möglichst human gestaltet werden sollten, braucht jedes Gemeinwesen.

    Über Einzelpunkte wie Bedingungen im Asylbewerberheimen oder Polizeikontrollen kann man sicherlich diskutieren, aber die taz befürwortet regelmäßig einen irrsinnigen Universalismus, der bei konsequenter Umsetzung zu einer völligen Umgestaltung Europas durch Masseneinwanderungen führen würde (und genau das wollen taz-Linke letzten Endes). Im Grunde ist diese angebliche Menschenfreundlichkeit demokratiegefährdend.

  • H
    horst

    der kommentar ist unfug.

     

    ich behaupte jetzt mal, dass im südlichen baden-württemberg eine verstärkte kontrolle von weißen anzugträgern ebenfalls dazu führen würde, dass weiße anzugträger in der kriminalstatistik aufsteigen.

     

    merke: wo mehr kontrolle ist, wird auch mehr kriminalität entdeckt.

     

    dass es zwei, drei gesetze gibt, die gerade ausländer in die kriminalität treiben ist mir schon klar.

     

    dafür können sie aber z.b. auch weniger wirtschaftskriminalität begehen, sie können schwer gegen umweltgesetze verstoßen.

     

    sind umweltgesetze also rassistisch, weil sie weiße männer (unternehmer) treffen?

     

    sprecht euch gegen diese menschenverachtende schleierfahndung aus. dass das asylrecht scheiße ist wissen wir auch so!

  • H
    Horsti

    Männer werden vermutlich auch weit eher kontrolliert als Frauen. Darf ich mich dann konsequenterweise auch als diskrimiert fühlen?

  • D
    dillinger

    "Sieht man Menschen an, ob Sie mit höherer Wahrscheinlichkeit eine Straftat begehen als andere? Die Antwort lautet: Ja."

     

    Sehr gut und sehr richtig beobachtet, Herr Jakob.

     

    Ich sehe einem Menschen das Geschlecht an - Männer begehen nun einmal weitaus mehr Straftaten als Frauen.

     

    Ich sehe ihm sein Alter an - Junge werden viel häufiger delinquent als Alte.

     

    Bis zu einem gewissen Grad sehe ich ihm auch seine politische Gesinnung an - Skinheads schlagen häufiger andere Menschen zusammen als die Träger von Latzhosen es tun.

     

    Mit anderen Worten: Ja, am Aussehen eines Menschen kann ich bis zu einem gewissen Grad festmachen, ob und welche Straftaten er begehen wird.