Storno für Nacht-Shopping

Die geplante Freigabe der Ladenöffnungszeiten in NRW begeistert wenig: Einzelhandel rechnet nicht mit steigenden Umsätzen. Gewerkschaft befürchtet, dass nur große Unternehmen profitieren

VON GESA SCHÖLGENS

Der NRW-Einzelhandel reagiert zurückhaltend auf die geplante Freigabe der Ladenöffnungszeiten. Mit großem Aufschwung rechnet niemand. „Längere Öffnungszeiten sind kein Allheilmittel“, sagt Heinz Trompetter, Geschäftsführer des Einzelhandelsverbandes NRW. Auch der bis 20 Uhr verlängerte Ladenschluss habe den Umsatz nicht wesentlich gesteigert. „Der Markt für die 24-Stunden-Öffnung wird sowieso äußerst klein sein“, so Trompetter. Die Verbände erwartet hier vor allem Konkurrenz für Tankstellen, etwa durch Kioske.

„Für Geschäfte an der Peripherie ist das Vorhaben weniger interessant. Sie schöpfen die Öffnungszeiten schon jetzt nicht aus“, sagt Martin Scheier, Geschäftsführer der Landesarbeitsgemeinschaft der Mittel- und Großbetriebe. Profitieren würden vor allem Oberzentren. Die Läden müssten Öffnungszeiten finden, die bei den KundInnen ankommen. Der Handel könnte sich nun besser an seine Umgebung anpassen. „Eine Boutique in der Altstadt kann sich etwa an den umliegenden Bierlokalen orientieren“, so Trompetter. Den verkaufsoffenen Sonntag lehnten die meisten Einzelhändler ab. Sinnvoller seien Sondergenehmigungen, etwa zur WM.

Die Gewerkschaft verdi NRW protestiert gegen die Novelle: „Sie ist sozialpolitisch skandalös“, so ver.di-Einzelhandelsexperte Folkert Küppers. Jeder neunte Beschäftigte sei betroffen, davon seien 70 Prozent Frauen. Der Einzelhandel habe bereits miserable Arbeitszeiten. „Das wird sich noch verschärfen“, sagt Küppers. Zudem würden Personaldefizite meist nur durch geringfügig Beschäftigte abgedeckt. Verdi befürchtet auch, dass die großen Unternehmen die übrigen vom Markt drängen. „Für die großen Betriebe ist der Ladenschluss aber auch eine Personal- und Kostenfrage“, so Trompetter. Kompetente Beratung hänge von der Qualifizierung ab, man könne nicht nur Aushilfen einsetzen.

Konkrete Pläne zur Umsetzung der Gesetzesnovelle haben bisher nur wenige. Die Modekette H&M begrüßt, dass es jedem Geschäft selbst überlassen bleibt. Von Neueinstellungen geht Sprecher Mathias Geduhn nicht aus: „Wir müssen gucken, ob wir es mit den bisherigen Teams schaffen können, etwa durch neue Arbeitszeitmodelle“. Andere sind weniger begeistert: „Wir würden ohnehin nicht viel länger aufmachen“, so Alfred Richter, Besitzer von Richter‘s Möbelmarkt in Siegen. Nach der Arbeit hätten die meisten keine Lust mehr, Möbel zu kaufen.

Die schwarz-gelbe Landesregierung will bereits im kommenden Jahr ihre Gesetzesnovelle vorlegen. Die fehlende Begeisterung im Einzelhandel kümmert sie wenig. „Es geht ja auch darum, den Konsumenten mehr Freiheiten zu geben“, sagt Andreas Kersting, Sprecher im NRW-Wirtschaftsministerium. Der gelockerte Ladenschluss sei nur ein Angebot an die Einzelhändler, „wie sie es umsetzen und was es bringt, muss sich zeigen“.