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kurzkritik: Frieder Butzmann & Hermann BohlenVorstufe zum Hörspiel

Jetzt fällt mir doch gerade der Übergang zum Erwachsenwerden nicht ein, sagt Herr Butzmann. Herr Bohlen, der an einem Tisch neben ihm sitzt, denkt einen Moment nach und sagt: Pubertät. Richtig, sagt Herr Butzmann. Er presst den bekannten Refrain „Help me if you can, I‘m feeling down...“ durch ein Plastikrohr, das er über seinem Kopf schwingt. A cappella meist, sich ab und an selbst an Topfdeckel oder Salatschüssel continuo begleitend, führt der Berliner Musiker Frieder Butzmann mitten hinein in den Themenabend „Das Gute siegt“. Gemeinsam mit Hermann Bohlen, der ihm in Teil zwei den Platz am Tisch überlässt, wo dieser es sich hinter diversen Zuspielgeräten bequem macht, hat Butzmann sich eine Feier des Guten ausgedacht. Eine Art Vorstufe zum Hörspiel. Live dargeboten heißt das dann Performance.

Die beiden Akteure mühen sich nach Kräften. Und wenn das Gute an diesem Abend scheitert, liegt das weniger an ihnen, als am Raum, der einfach zu groß, zu leer und zu Theater ist. Schade, denn die in vollgepackten Kneipen wie in Hörspielstudios erprobte Kollaboration von Bohlen und Butzmann, aus der etwa das hinreißende Stück „Die Wauwautheorie“ hervorgegangen ist, weiß auch diesmal durch minimalistische musikalische und erzählende Effekte zu überzeugen. Bohlen präsentiert eine Reihe knapper und liebevoll spröder Geschichten, die just jene dramatischen Wendungen ausschließen, die normalerweise unsere Alltagswiedergabe aufpeppen. Er erzählt von dann doch netten Nachbarinnen, erfolgreich vermiedenen Verkehrsunfällen zuhauf, kurz: vom zu unrecht oftmals ignorierten Gefahrenpotenzial der Welt, in der wir leben. „Einmal fiel mir überhaupt nichts ein und ich dachte: Jetzt legst du dich hin und wachst dann auf und hast eine Idee. Genau so war‘s dann auch.“

Tim Schomacker

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