Nackt im Radio

„Electronic Nudism“ oder Mittagsschläfchen auf dem Sender. Profis diskutieren Ideen für ein Bremer Medienprojekt

Bremen taz ■ Friedrich Liechtenstein hat eine gewagte Idee. Er würde im Radio gerne ein Mittagsschläfchen übertragen. „Und dann würde ich nach 20 Minuten mit meinen Hörern wieder aufwachen, vielleicht mit dem Klirren von Kaffeetassen.“ Ganz so progressiv war der Berliner Schauspieler und Musiker bei seiner Radioshow dann doch nicht. Aber immerhin traute er sich, den HörerInnen der Reihe „Schwankungen“ im Bürgerrundfunk ein 30-Minuten-Hörspiel zuzumuten.

Damit zeigte Liechtenstein, wie Radio aussehen könnte, wenn Künstler es verantworten. Genau das war die Frage, die sich der Verein „kulturg.u.t.“ am zweiten Tag der „per:form intermedia“ im Rahmen des HörZu-Festivals gestellt hatte. Radioprofis diskutierten in der Schwankhalle Ideen und Konzepte für ein geplantes Medienprojekt.

Ob sich die Idee einer Radiosauna im Bürgerfunk umsetzen ließe, ist allerdings fraglich. Zwei Radiomacher aus Weimar machen genau das: Sie senden aus einer mobilen Sauna, mit einem Minisender und übers Internet. „Electronic nudism“ nennen sie das, laden per Flyer Interessierte zum gemeinsamen Schwitzen ein und senden, was passiert. „Die Sauna war schon immer ein Ort der Kommunikation“, erklärt Daniel Guischard.

Realistischer erscheint dagegen, experimentelle Hörspiele wie die von Antje Vowinckel ins Radioprojekt zu integrieren. In ihren Arbeiten ist die Musik weit mehr als nur Beiwerk, es sind Kollagen aus Musik und Text. Spannendes berichtet auch Knut Aufermann von resonance.fm in London. Er hatte dort als Programmchef alle künstlerischen Freiheiten. „Wenn wir wollten, behandelten wir nur ein einziges Thema – 24 Stunden lang.“

Eine schöne Idee, findet Otmar Willi Weber von „kulturg.u.t.“, er will im Radio „Menschen hören“. Dennoch sei es mutig, einem Künstler freie Hand zu lassen, sagt er. „Vielleicht macht er dann zwei Stunden gar nichts. Oder zwei Stunden Unsinn.“ Das ist nun nicht zu erwarten, wenn heute von 11 bis 13 Uhr Sabrina Zwach und Herbert Fritsch (Volksbühne Berlin) die dritte Radioshow auf 92,5 bestreiten. Friedrich Liechtenstein ist diesmal auch nicht dabei. Für ein Mittagsschläfchen wäre es ohnehin etwas früh. Achim Graf