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berliner szenen Unter Stammgästen

Das Salz der Erde

Zwiebelschnipsel, Rotkraut und Weißkohl leuchten im Neonlicht der Theke, daneben rotiert Fleisch, die Spielautomaten mit ihrem Gefiepse geben die Hintergrundmelodie ab. Obwohl der Boden frisch gewischt ist, kann ich mich hier nicht so recht wohl fühlen. Das könnte mit den Stammgästen zusammenhängen, denen, die immer hier sind, völlig egal, wann ich hereinschaue. Sie deprimieren mich. Sofort sehe ich einen, der hier im Dreieck Bierkippeschnauze seine Abende verbringt. Mit Daumen und Zeigefinger greift er die Packung F 6 an der flachen Seite, verpasst ihr mit einer Bewegung aus dem Handgelenk einen Dreh um neunzig Grad, setzt sie wieder ab und immer so weiter. Das macht er, bis er geht – das habe ich allerdings noch nie gesehen.

„Ein Schawarma, bitte, mit allem, scharf!“, sage ich zum Mann an der Theke und bemerke den anderen. Den kenne ich auch: Schon in den Fünfzigern, Rauschebart und fleckige Kappe aus Cord. Ohne den machen sie hier gar nicht mehr auf. Er tut eigentlich nichts, außer der Sache mit dem Salz. Deshalb muss ich ihn auch dauernd ansehen, während ich auf mein Essen warte. Regelmäßig nach ein paar Minuten nämlich greift er zum Salzfass und streut zwei, drei Mal ordentlich in sein Nullfünfbier. Ich weiß nicht, wieso er das macht, aber es fasziniert mich immer ungemein.

Auch jetzt starre ich wieder rüber, lauere regelrecht. Wippe mit dem Fuß. Als es von hinten „Scheiße!“ ruft, drehe ich mich aber doch um. Dem anderen ist seine Kippenpackung runtergefallen. Natürlich blicke ich zu spät zurück. Der Bärtige setzt den Streuer gerade wieder ab. Ich nehme mein Schawarma entgegen, und völlig unerklärlicherweise ärgere ich mich, als ich den Imbiss verlasse. HANNES BAJOHR

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