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Kolumne SpäterRotkäppchen-Sekt für Daniel Craig

Alleine ausgehen mit Mitte 50? Kein Problem mit dem richtigen Hilfsmittel. Tipps und Tricks für einen romantischen Abend alleine.

Die passende Begleitung für einsame Stunden: Daniel Craig aka James Bond und Rotkäppchen-Sekt Bild: dapd

A n jenem Donnerstagabend war ich froh, mein neues Utensil dabei zuhaben, denn damit lässt sich einfach netter alleine ausgehen. Wobei mir heute schon peinlich ist, was ich früher dachte, wenn ich Frauen über 50 alleine in Restaurants erblickte. Sahen sie nicht irgendwie deprimiert und einsam aus? Würde ich auch eines Tages so enden? Heute weiß ich: Das Mitleid, dass man als junges Huhn der Alleinausgehenden über 50 entgegenbrachte, ist völlig unangemessen.

„Du musst dir nur vorher überlegen, was Spaß bringt, dann ist alles paletti“, hatte Bine gesagt. Bine coacht mich, seitdem meine Kinder aus dem Haus sind und ich abends mehr Zeit habe.

Kino zum Beispiel funktioniert gut, vor allem die frühen Vorstellungen. Am Dienstag um 18 Uhr saß ich mit einem Piccolo-Sekt in einem Kino in Berlin-Nordneukölln. „Skyfall“, der neue Bond. Der britische Schauspieler Daniel Craig zeigte in den Strandszenen seine hart erarbeiteten Muskeln. Nur vier BesucherInnen fläzten sich in den Sesseln, darunter zwei Frauen um 50. Wir warfen uns verständnisvolle Blicke zu.

ist Redakteurin im Inlandsressort der taz.

Ich trank den Rotkäppchen-Sekt aus, als Lady M alias Judy Dench in den Armen von Bond stilvoll verstarb. Angesäuselt fuhr ich mit dem Radl durch die Kälte nach Hause, eine kuschelig warme Russenmütze aus Kunstfell auf dem Kopf, die ich kurz zuvor bei McGeiz für 5,95 Euro erstanden hatte. Ein netter Abend war das.

Cafés funktionieren auch. Denn im Kaffeehaus sitzt man gerne mal alleine beim Latte decaf, die Atmosphäre ist beschaulich, das liebt die Alleinausgeherin und pflegt eine kluge Unterhaltung mit sich selbst.

Gemeinsame Randständigkeit

Restaurants sind auch okay alleine, allerdings nicht nach 20 Uhr, wenn die Pärchen anrücken und so tun, als hätten sie sich irre viel zu sagen. Eine Ausnahme sind abgelegene fast leere Restaurants mit Schnellgaststättencharakter, vorzugsweise Inder und Libanesen, wo einen die Inhaber spätestens beim dritten Mal mit Handschlag begrüßen und man sich in der gemeinsamen Randständigkeit irgendwie zu Hause fühlt.

Neulich aber, und damit komme ich auf die Ausrüstungsfrage zurück, bin ich am Donnerstagabend um 21 Uhr alleine zum Italiener in die Bergmannstraße gegangen. Nach anderthalb Stunden Sport im Fitnessstudio lockte die Minestrone. Um mich herum wie erwartet Pärchen und Gruppen.

Doch die Alleinausgehende wählt ihre Kontakte à al carte. Was so ein Smartphone alles bewirken kann. Erst vor einer Woche habe ich mir das Teil besorgt. Den Kopfhörer im Ohr, surfe ich auf YouTube nach alten Songs. Amon Düül II! Da gibt es tatsächlich eine Aufnahme von „Archangels Thunderbird“ aus den 70ern. Großartig. Die Minestrone kommt.

Ich schicke eine SMS an Christoph, der geschäftlich in Hamburg weilt. Dann eine an Bine. Sie wohnt hoch oben im Wedding, oft zu weit für ein schnelles Treffen, da simsen sich die Alleinausgeherinnen lieber mal zwischendurch zu. Bine schickt mir einen Schnappschnuss von sich zurück, sie wartet gerade am Gesundbrunnen inmitten der Multikultiszenerie auf die S-Bahn, ein Falafel in der Hand.

Übermorgen fahre ich mit dem Spätbus im Dunkeln den Ku’damm runter. Auf dem Oberdeck, ganz vorne, wie früher. Wenn ich will, kann ich dazu „Riders On the Storm“ hören, Doors. Es gibt schon Optionen.

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Barbara Dribbusch
Redakteurin für Soziales
Redakteurin für Sozialpolitik und Gesellschaft im Inlandsressort der taz. Schwerpunkte: Arbeit, soziale Sicherung, Psychologie, Alter. Bücher: "Schattwald", Roman (Piper, August 2016). "Können Falten Freunde sein?" (Goldmann 2015, Taschenbuch).