Kulturpolitik in Hamburg: Wohin die Taxe sprudelt
Kultur- und Tourismussteuer fördert Elite-Sportarten und Nobel-Events statt Subkultur.
Der Tourismus-Standort Hamburg ist gesichert: Seit Januar müssen Privatreisende eine Zusatzabgabe auf Übernachtungen – die umstrittene Kultur- und Tourismustaxe – zahlen. Auch wenn Kulturbehörden-Sprecher Enno Isermann sagt, dass die Kultur vom Marketing profitiere, kann er nicht schönreden, dass die Kultursenatorin mit ihrem Plan, 75 Prozent der erwarteten zwölf Millionen in Kultur zu investieren, scheiterte.
Es werden nur rund 50 Prozent sein und auch die sind geschummelt. Denn von den 5,6 Millionen Euro, die in Kulturprojekte fließen sollen, werden 2,5 in den schon bestehenden Ausstellungsfonds für die Museen gehen – zugegebenermaßen 500.000 Euro mehr als vorher. Dieser Fonds war 2010 für zwei Jahre in den Kulturhaushalt eingestellt worden und wäre jetzt ausgelaufen.
Dass dies also kein großer Sieg für die Kunst ist, monieren Museumsdirektoren seit Monaten, und Isermann räumt ein: „Wenn die Taxe nicht gekommen wäre, hätten wir den Fonds eventuell aus dem Kulturhaushalt finanzieren müssen und das Geld hätte anderswo gefehlt.“ Eine schlichte Umverteilung also.
Kräftig sprudeln soll das Geld für die Hamburg Tourismus GmbH, deren Aufsichtsrat bei der Verteilung des Geldes schon im Vorfeld mitregierte. 3,8 Millionen sollen in Projekte fließen, die – mehr oder weniger direkt – Hamburg Tourismus stemmen soll. Vom Marketing in „ausländischen Quellmärkten“ ist da die Rede, vom Marketing für Großevents und für internationale Verkehrsanbindungen. Auch das für Geschäftsreisende zuständige Hamburg Convention Bureau – einer der Gesellschafter: Hamburg Tourismus – erhält etwas.
Kultur (Ausstellungsfonds, Festivals, Elbkulturfonds): 5,6 Millionen Euro
Tourismus (Marketing, zentrale, repräsentative Touristeninformation, Hamburg-Magazin, Programm für Kreuzfahrtpassagiere): 3,8 Millionen Euro
Sport (Triathlon, Marathon, Cyclassics, Ruderweltmeisterschaften, Galopp-Derby u.a.): eine Million Euro
Groß-Events (Art Director's Festival, Lead Awards, Deutscher Radiopreis): 420.000 Euro
Neue Medien (Chaos Communication Congress, Bitfilm Festival): 80.000 Euro
Auf überregional – möglichst international – strahlkräftige Groß-Events setzt die im Dezember 2012 beschlossene Senatsdrucksache und da hinein passen die zu fördernden Sport-Ereignisse: Die Cyclassics, die Ruder-Weltmeisterschaften und das Galopp-Derby sollen Geld bekommen – letztere definitiv keine Breitensportarten, die ohne Staatsgelder nicht existieren könnten. Und so wundert es wenig, dass auch das Art Director‘s Club Festival und die Lead Awards Geld bekommen sollen, weil sie – so das Senatspapier – „internationale Multiplikatoren“ anziehen und „in der Werbe- und Marketingszene hohes Renommée genießen“.
Das klingt nach Glamour, nicht nach nachhaltiger Förderung der kulturellen Basis und so sieht es auch Norbert Hackbusch, kulturpolitischer Sprecher der Linksfraktion: „Es ist ein Unding, dass von der Taxe vor allem Hamburg Tourismus profitiert, der Verein, in dem vor allem Hamburger Eitelkeiten möglichst kräftig nach außen getragen werden sollen.“ Das ganze wirke nicht wie ein Kulturförderungsprogramm, sondern „wie ein Sponsoring der Hamburger Tourismuswirtschaft“.
Leser*innenkommentare
hierkönnteihrewerbungstehen
Gast
is doch okay, dass kleinbürger, die zum verreisen hotels brauchen, ihre taxe in kleinbürgerlichem enterteinment angelegt sehen...
MIchel Chevalier
Gast
Warum bitteschön soll ein "Kulturtopf" das Art Directors Club Festival -- ein Branchentreff der Werbeindustrie -- mit € 140.000 finanzieren? Die gleiche Summe müssen sich in Hamburg 20 selbstorganisierte Kunsträume teilen. Und das nicht für eine Veranstaltung sondern für ihr ganzes Jahresprogramm.
Wirtschaftsförderung soll Wirtschaftsförderung genannt werden. Man kann alle Begriffe -- einschließlich dem der "Kultur" -- entleeren, wenn man will. Der Hamburger Senat soll jetzt bitte nicht tun, als ob er mit dieser Taxe Kultur fördert. Oder ist das eine dadaistische Performance?