Entführung in Algerien: Armee kesselt Geiselnehmer ein

Nach dem Kidnapping mehrerer Ausländer auf einem Erdgasfeld in Algerien belagert die Armee die Islamisten. Zu dem Angriff bekannte sich die „Maskierte Brigade“.

Menschen verschleppt: Gasförderanlage Ain Amenas in Algerien. Bild: dapd

ALGIER dapd | Die blutige Geiselnahme auf einem Erdgasfeld in Algerien entwickelt sich zum Nervenkrieg. Regierungstruppen blockierten am Donnerstagmorgen weiterhin den Fluchtweg der Extremisten und kesselten sie mit Soldaten und Hubschraubern ein.

Zuvor hatten die Islamisten nach eigenen Angaben 41 Ausländer auf dem Gelände im Süden des Landes in ihre Gewalt gebracht, mindestens zwei wurden getötet. US-Verteidigungsminister Leon Panetta sprach von einem „Terroranschlag“ und drohte mit Gegenmaßnahmen, ohne diese näher zu erläutern. Die algerische Regierung lehnt Verhandlungen mit den ringsum belagerten Geiselnehmern kategorisch ab.

Behördenangaben zufolge sind 30 algerische Geiseln entkommen. Die Nachrichtenagentur APS zitierte am Donnerstag aus einer Mitteilung der Präfektur von Illizi, in der von „dreißig algerischen Arbeitern“ die Rede ist, denen die Flucht von der Anlage bei In Amenas im Osten Algeriens gelungen sei.

Inzwischen haben die Regierungen Irlands, Norwegens, Großbritanniens, Japans und der USA bestätigt, dass Staatsbürger ihrer Länder gefangen genommen wurden. Der japanische Ministerpräsident Shinzo Abe geißelte den Überfall als „unverzeihlich“.

Zu dem Angriff bekannte sich laut einem Bericht der mauretanischen Nachrichtenagentur NIA die dem Terrornetzwerk Al-Kaida nahestehende „Maskierte Brigade“ des einäugigen Extremistenführers Moktar Belmoktar. Zuvor hatte Algerien der französischen Luftwaffe wegen ihres Kampfes gegen die Rebellen im benachbarten Mali Überflugrechte gewährt und sich damit den Zorn der Islamisten zugezogen.

Genaue Zahl der Geiseln unklar

„Die Vereinten Nationen haben grünes Licht für diese Intervention gegeben, und alle westlichen Länder werden den Preis dafür zahlen“, sagte ein Vertrauter Belmoktars der Nachrichtenagentur AP. „Jetzt tragen wir unseren Konflikt in die Welt hinaus.“

Der algerische Innenminister Daho Ould Kabila sprach lediglich von „ungefähr 20“ Geiseln, eine genaue Zahl ist schwer zu ermitteln. Durch die Regierungen ihrer Heimatländer definitiv bestätigt ist die Verwicklung von sieben amerikanischen und 13 norwegischen Geiseln. Nach Berichten der staatlichen Nachrichtenagentur wurden auch Hunderte algerische Arbeitskräfte gefangen genommen, später aber nach und nach unversehrt freigelassen.

Der Erdgaskomplex Ain Amenas, auf dem sich das Geiseldrama abspielt, liegt 1.300 Kilometer südlich der Hauptstadt Algiers tief in der Sahara-Wüste. Der britische Ölkonzern BP betreibt das Gasfeld zusammen mit dem norwegischen Energiekonzern Statoil und dem algerischen Staatsunternehmen Sonatrach. Die japanische Firma JGC Group ist als Dienstleister vor Ort.

Gefechte zwischen Armee und Extremisten

Nach algerischen Regierungsangaben hatten 20 schwer bewaffnete Angreifer in drei gepanzerten Fahrzeugen am Mittwoch zunächst einen Bus mit Mitarbeitern der Gasanlage attackiert, der auf dem Weg zum nahegelegenen Flughafen war. Unter den Opfern sind demnach ein Brite und ein Algerier, hinzu kommen sechs Verletzte, darunter ebenfalls zwei Briten und ein Norweger. Örtlichen Medienberichten zufolge soll es bereits erste Gefechte zwischen den Streitkräften und den Extremisten gegeben haben.

„Algerien wird nicht auf die Forderungen von Terroristen eingehen und lehnt jegliche Verhandlungen ab“, sagte Kabila und nährte damit Spekulationen über eine gewaltsame Geiselbefreiung. Meldungen wonach die Angreifer aus Mali oder Libyen stammen sollen, wies er zurück.

Algerien ist das größte Land auf dem afrikanischen Kontinent und gilt als Verbündeter der USA und Frankreichs im Kampf gegen den internationalen Terrorismus. Die Beziehungen zwischen Algiers und Paris sind allerdings latent belastet durch die jahrzehntelangen Spannungen mit der früheren Kolonialmacht und den blutigen Unabhängigkeitskrieg vor 50 Jahren.

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