Streit um die Versorgungsnetze: Das Volk und seine Energie
Verfassungsgericht prüft Volksentscheid über die Strom-, Gas- und Fernwärmenetze. Initiative ist von dessen Rechtmäßigkeit überzeugt .
Die Volksinitiative „Unser Hamburg – Unser Netz“ ist davon überzeugt, verfassungsgemäß zu handeln. „Das ist inhaltlich alles vollkommen in Ordnung“, sagt Manfred Braasch, Landesgeschäftsführer der Umweltorganisation BUND in Hamburg und Vertrauensmann der Initiative.
Der Vorwurf, der angestrebte Volksentscheid über den Rückkauf der Energienetze von den Konzernen Vattenfall und Eon Hanse sei verfassungswidrig „ist unzulässig und unbegründet“, erklärte Braasch am Montag auf einer Pressekonferenz, auf der das Bündnis seine Erwiderung auf eine Verfassungsklage der Hamburger CDU erläuterte.
Diese hatte Anfang Dezember vorigen Jahres beim Verfassungsgericht Klage eingereicht gegen den Volksentscheid, der für September nächsten Jahres geplant ist. Dieser könnte zu finanziellen Belastungen des Hamburger Haushalts in Höhe von mehr als zwei Milliarden Euro führen, so Fraktionschef Dietrich Wersich damals:
„Eine derartig gravierende finanzielle Entscheidung am Parlament vorbei würde die Handlungsfähigkeit von Bürgerschaft und Senat massiv beschädigen.“ Nach der Hamburger Verfassung dürfen Haushaltsfragen nicht Gegenstand eines Volksentscheids sein.
Das Bündnis "Unser Hamburg - Unser Netz" tritt für den vollständigen Rückkauf der privatisierten Energienetze ein.
Volksinitiative: Ende August 2010 legte das Bündnis 17.726 Unterschriften von Unterstützern vor.
Bürgerschaft: Das Parlament übernahm das Anliegen der Initiative am 16. Dezember 2010 nicht.
Volksbegehren: Am 23. Juni 2011 legte das Bündnis 116.197 Unterschriften eines erfolgreichen Volksbegehrens vor - fast doppelt so viel wie nötig.
Volksentscheid: Das Referendum soll nun am Tag der Bundestagswahl im September 2013 stattfinden.
Gegenstand dieses Referendums seien nicht von der Bürgerschaft beschlossene Haushaltspläne, die in der Tat nicht Gegenstand eines Referendums sein dürfen, so Rechtsanwalt Till Steffen, der das Bündnis in dem Verfahren vor dem höchsten Hamburger Gericht vertritt. „Finanzielle Auswirkungen auf den städtischen Haushalt dürfen Volksentscheide aber haben“, stellte Steffen klar, der auch grüner Bürgerschaftsabgeordneter und Ex-Justizsenator ist.
Zudem sei die CDU-Klage schon formal unzulässig, weil sie erst fast ein Jahr nach Ablauf der gesetzten Fristen eingereicht worden sei. Wer das Volk „an wirklich relevanten Entscheidungen beteiligen will, muss in Kauf nehmen, dass diese finanzielle Folgen haben können“, ergänzte Braasch.
Im vorigen Mai hatte die SPD-Mehrheit in der Bürgerschaft den Rückkauf von 25,1 Prozent der Versorgungsnetze für Strom, Gas und Fernwärme von den Konzernen Vattenfall und Eon für 543,5 Millionen Euro beschlossen.
Die Forderung der Initiative, die Netze vollständig in städtische Trägerschaft zu übernehmen, sei mit einem Kaufpreis von mehr als zwei Milliarden Euro zu teuer, findet die SPD. CDU und FDP halten auch den teilweisen Kauf für falsch, während Grüne und Linke den Volksentscheid unterstützen.
Es gebe „keinen Volksentscheid, der haushaltsneutral ist“, unterstützt die Fraktionschefin der Linken, Dora Heyenn, das Bündnis. Auch das Referendum zur Schulreform 2010 habe „in der Umsetzung Steuergelder gekostet“.
Eine „milliardenschwere Komplettverstaatlichung der Energienetze“ lehnt SPD-Fraktionschef Andreas Dressel indes ab: „Eine Elbphilharmonie reicht.“ Das sei „plumpe Panikmache“, entgegnet der grüne Fraktionschef Jens Kerstan. Weil es für den Netzbetrieb eine sichere Rendite gebe, lasse sich „der Rückkauf seriös finanzieren“.
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