Mit Teams in die Zukunft

Die IG Metall und der Itzehoer Pumpenhersteller Sterling SIHI vereinbaren einen bislang einzigartigen Tarifvertrag

Es schien die alte Leier: Da sich die Firma Sterling SIHI globaler Konkurrenz ausgesetzt sieht, sollen in ihrem Werk für Industriepumpen im schleswig-holsteinischen Itzehoe die Kosten gesenkt werden. Andernfalls müsse die Produktion von High-Tech-Vakuumpumpen nach China verlagert werden, damit man wettbewerbsfähig bleibe. Die Vorschläge der Firmenleitung: Die 40-Stundenwoche ohne Lohnausgleich sollte eingeführt und Leistungszulagen der 160 gewerblichen MitarbeiterInnen sollten gestrichen werden.

Für die IG Metall hätte die Umsetzung dieser Pläne bedeutet, gleich zwei heilige Kühe der Gewerkschaft zu schlachten: erstens die 35-Stundenwoche, zweitens den Entgeltrahmentarifvertrag, mit dessen Durchsetzung 2003 die Ungleichbehandlung von Arbeitern und Angestellten aufgehoben werden sollte.

Also versuchten die Gewerkschafter, der SIHI-Leitung die Strategie „besser statt billiger“ schmackhaft zu machen. „Es brauchte schon einige Zeit, um die Geschäftsführung für diese Idee zu interessieren“, so Gewerkschafts-Verhandlungsführer Uwe Zabel. Es kam zu Arbeitsniederlegungen, auch von Streik oder gar Betriebsbesetzung war offen die Rede.

Dabei war die Strategie auch für das SIHI-Management interessant: Wäre die Produktion der neu entwickelten Vakuumpumpe nach China abgewandert, würde es wenig Sinn machen, die Entwicklung in Itzehoe zu belassen. „Dann wäre auch das Know-how weg gewesen“, sagt Zabel.

In langen Verhandlungen entwickelten die beiden Parteien das Projekt „Fit-for-future“ (FIT), in dem die Belegschaft „aktiver und gleichberechtigter Träger der Neugestaltung“ werden soll. Paritätisch besetzte Projekt-, Verbesserungs- und Steuerungsteams sollen die Zukunft der Firma gestalten – überwacht von einem „Steering Commitee“ mit Mitglieder aus dem Management, dem Betriebsrat und der IG Metall. Als Gegenleistung für dieses Mitspracherecht „spendiert“ die Belegschaft dem Arbeitgeber die 35. Wochenstunde durch Lohnverzicht, SIHI wiederum garantiert dafür eine Standortsicherung in Itzehoe bis Ende 2008 und jährliche Investitionen in Höhe von 500.000 Euro.

„Einmalig“ nennt SIHI-Geschäftsführer Erich Mohrdieck den Tarifvertrag. „In dem Maße, wie sich Billiglohnländer weiterentwickeln, verschärft sich der Standortwettbewerb“, so Mohrdieck. Genau hier setze FIT an, „obwohl natürlich strategische Zukunftsgestaltung Managementaufgabe bleibt.“

Auch die Betriebsratsvorsitzende Carmen Lühr sieht im „Miteinander“ eine Chance, Jobs zu sichern und die Firma „zukunftsfähig zu machen. Jeder Kollege kann jetzt sagen, wo der Schuh drückt und sicher sein, dass dies nicht einfach untergeht.“ Kai von Appen