Trommelstöckelnd zur Bayern-Attacke

Über Stock und linke Beine: Wie der HSV und Werder Bremen widrigen Umständen trotzen und den Bayern auch nach Angriffen von außen und (k)einem Ersatzsturm die Tabellenspitze streitig machen

„Wir werden jetzt nicht größenwahnsinnig und sagen, wir jagen die Bayern.“ (HSV-Trainer Thomas Doll)

Vielleicht sollte ihm mal jemand erklären, dass dies längst der Fall ist. Ob der HSV oder Thomas Doll es nun wollen oder nicht: größenwahnsinnig werden. Denn eine anschaulichere Demonstration des leistungsfördernden Größenwahns als das 3:1 gegen Köln gibt es kaum.

1. Mit Stefan Wächter, Raphael Wicky und dem Kannibalen (Daniel van Buyten) sein Herkules – Khalid Boulahrouz – fielen drei Stammspieler aus. Speziell in diesen drei Positionen hat dies niemand bemerkt. Wicky wurde von Beinlich ersetzt, Wächter von Kirschstein und Boulahrouz von Guy Demel. Sie haben nicht nur keinen schlechten Job gemacht, sondern auch gezeigt, dass der HSV über mehr als eine durchschnittliche Bankbesetzung verfügt.

2. Nicht wahr Alexander Laas? Der Hamburger ersetzte den vorzeitig vom Feld humpelnden Rafael van der Vaart und fügte sich nahtlos in die eingespielte Mittelfeldraute des HSV ein.

3. Und selbst Einflüsse von außen stören den talentierten Knaben nicht. „So was gehört nicht ins Stadion. Aber Hauptsache wir haben gewonnen“, kommentierte er die Trommelstockattacke auf seine Stirn nach dem 2:0 durch Benny Lauth durch einen Kölner Fan.

4. Ach ja, Benny Lauth hat getroffen. Wenn er seine Form – mindestens eine von zwei hundertprozentigen Torchancen zu nutzen – konservieren kann, wird der HSV den Bayern noch gefährlicher. Denn dann können sie auch Tore schießen.

5. Trotz des Abspielverbots des alten HSV-Meisterlieds spielen die Spieler als ginge es um selbige. Obacht, Bayern. FOGAm lautesten wurde es gestern im Weserstadion erst drei Minuten nach dem Abpfiff. Die Menschen trabten langsam auf den Osterdeich hinaus, Stadionsprecher Arnd Zeigler las die Ergebnisse der anderen Plätze vor. Er holte einmal kurz Luft, bevor er verkündete, dass der FC Bayern in Stuttgart nur 0:0 gespielt hatte. Das verdoppelte die Bedeutung der drei Punkte, die Werder gerade gegen den MSV Duisburg erkämpft hatte.

Ja, denn Bremen kann auch kämpfen und nicht nur Fußball spielen. Vorher war 90 Minuten Zittern angesagt, denn einmal war es sehr kalt im Stadion, aber vor allem machten die Spieler den Fans Sorgen. Werder war zwar besser, schneller, drückte Duisburg zurück, spielte sie aus, aber Hunt und Valdez setzten den Ball in der ersten Halbzeit immer wieder knapp neben das Ziel oder an den Pfosten, Micoud traf einmal die Latte. Es war klar zu sehen: Hier stürmt die Reserve, denn Klose und Klasnic treffen einfach öfter. Nur einer der beiden hätte vermutlich eine Chance genutzt und das Spiel in der ersten Halbzeit entschieden.

Ihre Ersatzmänner brauchten länger und mussten sich zusammentun, um zu treffen: Hunt schlenzte den Ball in der 64. Minute von links an Torwart Koch vorbei gegen Latte und Pfosten, Valdez sprang am Schnellsten hinterher und schob ein zum 1:0. Von der gleichen Stelle wie Hunt mit dem gleichen Schuss traf Borowski acht Minuten später noch einmal ins Netz. Das Zittern war vorbei, aber Euphorie weit weg, als Schiedsrichter Wagner abpfiff. Aber obacht, Bayern. Findet auch Manager Klaus Allofs: „Sie haben Zukunft.“ Er meinte Hunt und Valdez. Die zwei Stürmer, von denen die Bayern hofften, dass sie weniger treffsicher seien. MFO