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Bürgerkrieg in SyrienRegime bietet Dialog an

Der syrische Informationsminister erklärt die Bereitschaft zu Gesprächen. Auf das Dialogangebot der Opposition geht er jedoch nicht ein.

Rebellen in einem Vorort von Damaskus. Bild: Reuters

BERLIN taz | Die syrische Regierung hat sich zu einem Dialog mit den Aufständischen „ohne Vorbedingungen“ bereit erklärt. Informationsminister Omran al-Sobhi erklärte am Freitagabend im staatlichen Fernsehen, die Tür sei geöffnet. Wenn aber „jemand zu mir sagt: ’Ich will über diese Fragen reden, sonst töte ich dich‘, ist das kein Dialog“, fügte al-Sobhi laut afp hinzu.

Dies ist nicht das erste Mal, dass die syrische Führung sich zu einem Dialog mit der Opposition bereit erklärt. Doch frühere Angebote blieben folgenlos. Die Opposition lehnte bislang jedweden Dialog mit dem Regime ab und bestand auf dessen Sturz.

Allerdings hatte Moas al-Khatib, der Chef des Oppositionsbündnisses Nationale Koalition, kürzlich überraschend seine Bereitschaft zu Gesprächen mit dem Regime erklärt. Diese Ankündigung erfolgte, kurz ehe er am Rande der Münchner Sicherheitskonferenz mit Vertretern Russlands und des Iran zusammenkam, zweier Staaten, die das Assad-Regime nach wie vor unterstützen. Khatib kündigte sogar seine Bereitschaft an, den stellvertretenden Präsidenten und langjährigen Außenminister Faruk al-Sharaa zu treffen.

Oppositionschef fordert Freilassung von Gefangenen

Doch zugleich stellte Khatib Bedingungen: Zuerst hieß es, das Regime müsse 116.000 Gefangene freilassen, kurz darauf forderte er, bis zum 10. Februar müssten alle weiblichen Häftlinge entlassen werden. Informationsminister Sobhi ging bei seinem Fernsehauftritt mit keinem Wort auf das Angebot und die Forderungen Khatibs ein.

Innerhalb der Nationalen Koalition ist der Vorstoß von Khatib umstritten. Wie Reuters berichtete, haben 30 Mitglieder der Koalition einen Brief an die Führung geschrieben, in dem sie eine Sondersitzung des 70-köpfigen Plenums verlangten, um über die Initiative von Khatib zu diskutieren. Während eine Reihe von Oppositionellen Gespräche mit dem Regime ablehnen, sehen andere die Möglichkeit, Assad bloßzustellen, da es ohnehin nicht zu einem wirklichen Dialog kommen werde. Wieder andere konzidieren, dass der Vorschlag von Khatib Teilen der syrischen Bevölkerung, vor allem jenen, die sich zwischen den Fronten fühlen, entgegenkommt.

Diese Debatte erfolgt zu einem Zeitpunkt, an dem die Kämpfe im Großraum Damaskus deutlich an Heftigkeit zunehmen. Gleichzeitig versuchen Aufständische in der Provinz Idlib im Nordwesten des Landes, die letzten Militärbasen der Regierung unter ihre Kontrolle zu bringen, um dann eine Offensive gegen Idlib zu beginnen.

Sollte dies erfolgreich sein, wäre Idlib die erste Provinz, die vollständig in der Hand der Aufständischen ist.

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2 Kommentare

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  • A
    Ant-iPod

    Das Regime bietet eben keinen Dialog an - das ist ja eines der Probleme:

    Immer wieder kehrende Bekundungen machen nunmal noch keinen Dialog - wenn nun die Opposition in Form von Al-Chatib eine konkrete Antwort auf die vermeintlichen Dialogangebote macht und seinerseits zu Gesprächen mit obersten Vertretern des Regimes bereit ist, dann geht das Regime darauf nicht ein.

     

    Al-Chatib hat mit Vertretern des Irans und Russlands im Rande der Münchner Sicherheitskonferenz gesprochen, die ebenfalls in Kontakt mit Assad und seinen Schergen sind. Es wäre ein leichtes, schlichtweg die Gespräche zu organisieren und endlich konstruktiv zu werden.

    Stattdessen versteigt man sich erneut zu TV-Reden und Ankündigungen. Davon haben die Syrer nun mehr als genug gesehen - sie wollen, dass endlich gehandelt wird und da viele nicht mehr daran glauben, handeln sie selbst.

     

    Es stimmt, wie @HARALD anführt, dass in Syrien diverse Gruppen mit teilweise uneinheitlichen Zielen agieren. Man sage mir mal, in welchem Land dies nicht der Fall ist...???

    Es stimmt aber nicht, bereits jetzt von einem Zerfall Syriens analog zum Irak zu sprechen. Gerade aus diesem Negativbeispiel haben die Syrer viel gelernt und sich letztlich auf Al-Chatib als Oppositionsführer geeinigt - der vielleicht die Kurden (noch) nicht vertritt, aber der einen Interessenausgleich mit den Kurden einem Waffengang klar vorzieht.

    Er ist nicht von allen Syrern gewählt und dennoch ungleich legitimierter als Assad es je gewesen ist, da sich viele Oppositionsgruppen in einem langwierigem Prozess gewaltfrei und demokratisch auf ihn als Anführer geeinigt haben und, trotz teilweiser offen ausgetragener Kritik, seine Führungsrolle anerkennen.

     

    Wenn die muslimischen Bruderstaaten schon nicht in Syrien ihren geschundenen Brüdern und Schwestern gegen einen ruchlosen Diktator unterstützen wollen, obwohl Saudi-Arabien und Ägypten mit ihren Luftwaffen problemlos dazu in der Lage wären;

    wenn die westlichen Demokratien schon nicht die Werte ihrer Verfassungen verteidigen und (sicher auch aus Eigeninteresse) die bürgerlichen Kräfte in Syrien unterstützen wollen - wodurch sie automatisch den Einfluss der radikalen Islamisten schmälerten - dann werden die Syrer wohl in einem langen und verlustreichen Bürgerkrieg die Sache bis zum Ende ausfechten.

     

    Baschar spielt auf Zeit... er glaubt, er kann sich dieses Ausweichen von Gesprächen erlauben und irgendwann werden sich die Leute ihm wieder bedingungslos unterwerfen, damit nur die Gewalt aufhört. Es ist ihm gelungen, bei den minderbemittelten Menschen im Westen das Gefühl zu erzeugen, in Syrien drohe religiöser Fanatismus, wenn er weg sei und das ausgerechnet er der Garant für Stabilität sei... was die vergangenen zwei Jahre ja eindrucksvoll beweisen....

     

    Er irrt sich, denn die Oppositionellen wissen, dass ein Aufgeben unweigerlich ihren Tot bedeutet - und wenn sie ohnehin sterben müssen, dann können sie auch kämpfen.

    Das werden sie tun - bis sie gesiegt haben.

     

    Bis dahin wird das Land noch weiter zerstört und viele Menschen werden sterben und wir reden... anstatt unsere Interessen zu verfolgen.

  • H
    Harald

    Gestern schreibt die Washington Post:

     

    Irans Strategie, so ein leitender arabischer Offizieller, hat zwei Richtungen. "Eine ist Assad bis zum Ende zu unterstützen, die andere ist die Bühne für den größtmöglichen Schaden vorzubereiten, falls er (Assad) zusammenbricht."

     

    Und weiter

     

    Die überwiegend aus der syrisch-sunnitischen Mehrheit stammenden Rebellen, sind untereinander weit Entfernt einig zu sein. Die Spaltungen verlaufen entlang religiöser, geographischer, politischer und wirtschaftlicher Linien. Die Macht der militanten Islamisten, darunter viele Ausländer mit Verbindungen zu Kaida, wächst ständig. ...

     

    Ein hochrangiger Obama Regierungsbeamter zitiert iranische Behauptungen, daß Teheran 50.000 Milizionäre in Syrien hält. "Es ist eine große Operation," sagte der Beamte. "Die unmittelbare Absicht scheint zu sein, das syrische Regime zu unterstützen. Aber es ist wichtig für den Iran eine Kraft in Syrien vorzuhalten, die zuverlässig ist und mit der gerechnet werden muß." ...

     

    Kurdischen Nationalisten haben ihre eigenen Milizen und kontrollieren große Teile des nordöstlichen Landes und Teile von Aleppo. Sie sind weit mehr an Autonomie interessiert als an einem Bündnis mit anderen Seiten des Konflikts. Die Minderheit der Christen ist weitgehend auf Seiten Assads, aus Angst vor einem islamistischen Sieg. Syriens 700.000 Drusen, Anhänger eines Ablegers des schiitischen Islam, nähern sich zunehmend den Rebellen an. ...

     

    Jeder interne Akteur Syriens hat externe Geldgeber. ...

     

    "Syrien als Nation ist, wie der Irak, grundsätzlich zerfallen, ähnlich aufgelöst wie im Libanon der 70er Jahre in seine ethnischen Gruppen", sagte Paul Salem, Direktor des Beiruter Middle East Center. "Es wird sehr schwer werden, Syrien als Nation wieder zusammen zu führen."

     

    "Wir suchen nach einer Art Zonen Aufteilung für ein Gebiet namens Syrien, mit unterschiedlichen Mächten," sagte Salem.

     

    Iran hat eine Geschichte vom Chaos zu profitieren , auch ohne vorgebliche Kontrolle der Regierungen, die gerade an der Macht ist. Hezbollah entstand aus dem libanesischen Bürgerkrieg der 1970er Jahre, als der Iran die Mißstände der dortigen schiitischen Bevölkerung nutzte, ein Muster dem (Iran) auch im Irak folgte, während des Chaos, das auf die US-Invasion folgte.

     

    http://www.washingtonpost.com/world/national-security/iran-hezbollah-build-militia-networks-in-syria-in-event-that-assad-falls-officials-say/2013/02/10/257a41c8-720a-11e2-ac36-3d8d9dcaa2e2_story.html