Marion Seelig verstorben: Einmal Bürgerrechtlerin, immer Bürgerrechtlerin
Die einstige DDR-Oppositionelle Marion Seelig ist tot. Sie saß seit 1991 für die PDS im Abgeordnetenhaus.
Auf diesen Satz war sie besonders stolz: „Öffentliche Sicherheit bedeutet neben dem Schutz vor Kriminalität auch den Schutz des Einzelnen und der Öffentlichkeit vor unverhältnismäßigen staatlichen Eingriffen.“ Lange bevor die Piraten auf der politischen Bühne auftauchten, hat die PDS-Abgeordnete Marion Seelig diesen Bürgerrechtssatz 2001 in den Koalitionsvertrag mit der SPD hineingehandelt. Nicht nur in der DDR war die ehemalige Bürgerrechtlerin wachsam, sondern auch in der wiedervereinigten Bundesrepublik. Ein gutes Verhältnis zu Ehrhart Körting, dem Innensenator unter Rot-Rot, hatte sie trotzdem.
Marion Seelig wurde 1953 in Berlin geboren, ihr Vater verließ die Familie nach dem Mauerbau in Richtung Westberlin. Deswegen wurde sie später auch nicht zum Journalistikstudium zugelassen. Stattdessen arbeitete sie als freie Mitarbeiterin bei der Berliner Zeitung, schrieb Gedichte, Hörspiele und Erzählungen.
Ihr Weg in die Opposition begann Anfang der achtziger Jahre, als sie eine Petition der Gruppe „Frauen für den Frieden“ unterzeichnete und in der Zionskirche aktiv wurde. 1987 schloss sie sich der „Kirche von unten“ an. Linken-Fraktionschef Udo Wolf würdigt Marion Seelig deshalb als „aktive DDR-Oppositionelle“, die 1990 auf der offenen Liste den Weg in die PDS und 1991 dann ins Abgeordnetenhaus fand. „Als Innenpolitikerin war sie in erster Linie Bürgerrechtlerin“, schreibt Wolf. „Soziale Gerechtigkeit war für sie ohne Demokratie und bürgerliche Freiheitsrechte nicht denkbar.“
Entsprechend skeptisch war und blieb Marion Seelig gegenüber politischem Populismus – auch dem in ihrer eigenen Partei. Als sie im September 2011 auf dem Alexanderplatz Wahlkampf machte, äußerte sie sich kritisch gegenüber einem Grußwort der damaligen Bundesvorsitzenden Gesine Lötzsch und Klaus Ernst an Kubas Fidel Castro. „Geholfen hat uns das bestimmt nicht“, räumte sie ein. Dass solch linker Populismus im Berliner Landesverband und der Fraktion keine Chance hatte, war auch Seeligs Verdienst.
Den Wahlkampf konnte Marion Seelig noch bestreiten, danach erkrankte sie an Krebs. Am Dienstag ist sie, 60-jährig, ihrer Krankheit erlegen.
Leser*innenkommentare
Heinz Steinle
Gast
Man kann über die Grussadresse an Fidel Castro sicher diskutieren. Doch was daran populistisch sein soll, erschließt sich mehr nicht. Populismus bezeichnet einen Politikstil, der sich an große Teile der Bevölkerung anbiedert, um politische Interessen durchzusetzen. Mir ist nicht bekannt, dass man mit Grussadressen an den kubanischen Commandante große Teile der Bevölkerung gewinnen kann. Da hätte die Linke schon Heino zum Geburtstag gratulieren müssen.
So scheint mir der Eindruck vorherrschend, dass hier bewußt ein völlig unpassender Begriff gebraucht wird, der den Brief an Castro in ein negatives Licht rücken soll. Ein Argument, warum es falsch sein soll, einen Revolutionär, der in großen Teilen der Welt Respekt und Achtugn genißt, zum Geburtstag zu gratulieren,fehlt in dem Artikel völlig . Außer dem, es schadet beim Mitverwaltugen des kapitalistischen Staates, dass hätte Fidel Castro nie getan.
Heinz Steinle